Das Leiden der Jugend gemischt mit ganz besonderen Fähigkeiten oder Ereignissen – bei Netflix momentan ein besonders beliebtes Thema. Ob „Locke And Key“, „Umbrella Academy“ oder „Stranger Things“, Teenager sind zurzeit die großen Serienhelden. Mit „I Am Not Ok With This“ nimmt der Steaming-Dienst eine knackig-kurze Serie ins Programm, die auf einer Graphic Novel von Charles Forsman beruht, von dem auch „The End of the F..king World“ stammt. Wie gut ist das Ergebnis?
Der Körper verändert sich ebenso wie die Gefühlswelt. Teenager zu sein, ist oftmals schon dann kein Zuckerschlecken, wenn eigentlich alles normal läuft. Wie viel schlimmer muss es dann sein, wenn neben den erwartbaren Veränderungen auch noch völlig unerwartete hinzukommen? Das loten in der neuen Netflix-Serie I Am Not Ok With This die beiden „ES“-Stars Sophia Lillis und Wyatt Oleff aus. Können die Horror-erprobten jungen Darsteller auch in der Comicverfilmung mit starken Anleihen bei Stephen Kings Roman „Carrie“ überzeugen?

I Am Not Ok With This: Die Handlung
Die 17-jährige Sydney (Sophia Lillis) wird vom Schicksal gebeutelt. Vor wenigen Monaten hat sich ihr Vater im Keller umgebracht. Ihre Mutter arbeitet Doppelschichten als Kellnerin, um die Familie durchzubringen. Und fordert von Sydney, sich um ihren kleinen Bruder zu kümmern. Auf ihrer High-School ist Sydney eine Außenseiterin, mit der außer ihrer besten Freundin Dina (Sofia Bryant) niemand etwas zu tun haben will. Und die Avancen von Nachbarsjunge Stan (Wyatt Oleff) verwirren die junge Frau noch zusätzlich.
Während aber andere Teenager ihre Wut lediglich hinausschreien können, passieren anderer Dinge, wenn Sydney wütend oder verzweifelt ist. Dass in ihrem Schlafzimmer plötzlich die Wand einen Riss aufweist, erklärt sie sich noch mit dem Alter des Gebäudes. Doch bald fliegen Verkehrsschilder durch die Gegend – und wenig später rasiert Sydney in ihrer Wut einen halben Wald. Bekommt sie ihre neuen Kräfte in den Griff oder muss sie fürchten, durch ihre Wut irgendwann sogar Menschen zu verletzen?
I Am Not OK With This: Keine Superhelden-Serie
Auch wenn es sich so ähnlich anhört, hat die neue Netflix-Serie nur wenig mit Umbrella Academy zu tun. Und auch der Vergleich mit Stranger Things hinkt, da die Sci-Fi-Elemente hier doch sehr sparsam zum Einsatz kommen. Tatsächlich haben die meist im lakonischen Ton vorgetragenen Tagebuch-Einträge von Sydney aus dem Off mehr Ähnlichkeit mit Dramedys wie „Sex Education“. Auch wenn die spektakulären Momente durch Sydneys Fähigkeiten hervorgerufen werden, so ist ihr Seelenleben doch wichtiger als ihre Superkräfte.
Regisseur Jonathan Entwistle nutzt dazu eine recht knappe Erzählweise. Nur sieben Folgen, die meisten davon nur etwa 20 Minuten lang, da bewegt sich I Am Not Ok With This fast auf dem Niveau eines langen Films statt auf dem einer richtigen Serie. Dennoch haben die einzelnen Episoden ihre Berechtigung, da sie jeweils unterschiedliche Aspekte in Sydneys Leben beleuchten. Und die Geheimnisse um sie und ihre Vergangenheit nach und nach preisgeben. Spaß macht das beim Zusehen vor allem wegen der Schauspieler.

I Am Not Ok With This: Die Schauspieler überzeugen
Wer Sophia Lillis in ES gesehen hat, kennt das Talent der jungen Schauspielerin bereits. Und auch hier liefert Lillis wieder eine tolle Leistung ab und spielt die spröde und verschlossene Sydney mit einer unwiderstehlichen Mischung aus Zorn und Trauer. Und auch Wyatt Oleff zeigt in seiner Rolle als Stan, dass er im Horror-Zweiteiler eher unterordert war. Seine schräge Performance des verliebten Stan kann sich neben Sophia Lillis jederzeit behaupten und erntet mit Abstand die meisten Lacher in dieser sonst gar nicht so witzigen Dramedy.
Neben diesen beiden glänzen aber auch die anderen Darsteller, was zum Teil daran liegt, dass den typischen Klischees wie der hübschen Freundin und dem fiesen Quarterback zwar gefolgt wird, die Autoren aber dennoch glaubwürdige, lebendige und vor allen nachvollziehbare Charaktere daraus machten. Davon lebt die Serie weitaus mehr als von der nicht gerade üppigen Handlung. Und die holt sich viel Anregung aus Stephen Kings Debütroman Carrie von 1972 – und der Verfilmung von Brian De Palma zwei Jahre später.
Ganz so blutig und düster wird es bei I Am Not Ok With This zwar nicht, aber die Richtung ist doch gut erkennbar. Auch wenn die Serie im Finale nach der größten Verbeugung vor Carrie doch noch einen Twist in eine andere Richtung hinlegt – und mit einem gemeinen Cliffhanger endet. Wem die Abenteuer von Sydney gefallen, der sollte also hoffen, dass I Am Not Ok With This eine zweite Staffel bekommt. Sicher ist das angesichts der sparsamen Handlung und der schrägen Figuren allerdings noch keineswegs.
Fazit:
I Am Not Ok With This lebt weniger von der nicht sonderlich aufregenden Story, sondern hauptsächlich von seinen skurrilen Figuren und weist hier Parallelen zu Sex Education auf. So witzig wie die britische Dramedy sind die Erlebnisse der jungen Sydney aber nicht. Dafür können sich vor allem Sophia Lillis und Wyatt Oleff dem Vergleich mit Asa Butterfield und Emma Mackey stellen, beide legen eine tolle Performance hin. So ist die kantige und spröde Serie zwar sehenswert, macht es dem Zuschauer aber nicht ganz so einfach wie andere Produktionen.
I Am Not Ok With This startet am 26. Februar bei Netflix.
