Josha Stradowski in Das Rad der Zeit Staffel 2

Serienkritik: Das Rad der Zeit Staffel 2

Hinterher ist man immer schlauer, sagt man. Doch bei manchen Projekten ist bereits vor der ersten Klappe beim Dreh klar, dass es Probleme geben kann. Die neben „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ andere große Fantasyserie von Amazon Prime Video, „Das Rad der Zeit“, ist so eines. Denn das bereits im Original auf knapp 13000 Seiten in 14 Bänden erschienene Fantasy-Epos würde sich nicht so verfilmen lassen, wie es geschrieben wurde, das war klar. Und damit ebenfalls, dass man eine variable Menge Fans verärgern würde, je nachdem, wie knapp die Serie nun ausfiele. Das Ergebnis für die erste Staffel war durchwachsen mit einer leichten Tendenz ins Positive. Kann Das Rad der Zeit Staffel 2 das besser machen? Das verrät die Kritik.

Die Kritik zu Staffel 1 gibt es hier.

Das Rad der Zeit Staffel 2
Das Seevolk der Seanchan ist angekommen und will die alte Heimat unterwerfen.

Die Handlung

Die Gefährten sind verstreut. Rand (Josha Stradowski) hat seine Begegnung mit dem Dunklen König überlebt. Aber das weiß nur Moiraine (Rosamund Pike), die sein Überleben und seine Flucht mit ihrer Fähigkeit, Magie zu nutzen, bezahlt hat. Voller Verzweiflung über den Verlust ihrer Zauberkraft ist sie bei einer Freundin untergekommen. Und sie versucht, ihren Beschützer Lan (Daniel Henney) loszuwerden, da ihr Band ebenfalls zerschnitten wurde. Rand hingegen ist es gelungen, sich als Pfleger in einem Heim einzuschleichen, wo auch Männer behandelt werden, die durch ihre Magiefähigkeiten wahnsinnig wurden. Denn der dunkle König hat die männliche Magiequelle besudelt und für Menschen unbrauchbar gemacht.

Nynaeve (Zoe Robins) und Egwene (Madelein Madden) sind als Lehrlinge im Weißen Turm, der Heimat des Aes Sedai, angenommen worden. Sie gelten als die stärksten Zauberweberinnen seit Jahrhunderten, besonders Nynaeve, doch beide haben Schwierigkeiten, ihre Macht zu entfalten und zu beherrschen. Was beide nicht wissen: Nach seiner Abhängigkeit von einem dunklen Dolch ist ihr Freund Mat (Donal Finn) nicht etwa tausende Meilen entfernt, sondern wird von der roten Aes Sedai Liandrin (Kate Fleetwood) in den Kellern des Trums gefangen gehalten, um ihn zu überwachen. Und Perrin (Marcus Rutherford) zieht mit einigen Kriegern durch die Lande. Er verfolgt den Schattenfreund Padan Fain, der für den Tod von Perrins Frau verantwortlich ist …

Die Geschichte zerfasert

Wer einen Blick auf die Zusammenfassung der Handlung wirft, hat das größte Problem von Das Rad der Zeit Staffel 2 bereits vor Augen. Die Geschichte zerfasert in viele verschiedene Erzählstränge, die alle ihre Zeit brauchen – und alle nicht gerade zügig erzählt werden. So sind die gezeigten vier Folgen (von acht) der zweiten Staffel zwar durchgehend hübsch anzusehen, kommen aber in einigen der Storys nicht wirklich voran. Tatsächlich ließe sich bei den meisten die gesamte Handlung der ersten vier Episoden in zwei Sätzen zusammenfassen. Und das, ohne wesentliche Gesichtspunkte zu verschweigen. Und das, obwohl die Serie bereits jetzt den Romanen nicht mehr im Detail folgt, sondern viele Teile der ursprünglichen Story ignoriert, stark rafft oder verändert.

Das dürfte vor allem den Fans der Bücher sauer aufstoßen. Aber auch Zuschauer der ersten Staffel werden feststellen, dass sich das Erzähltempo der Handlung durch diese Aufteilung nicht verbessert hat. Zwar bietet jede Folge immer irgendwann einen optisch brillanten Actionteil, über den Rest der Zeit plätschern manche aber so dahin. Und bis auf die vierte Episode sind alle deutlich über 60 Minuten lang. Als Leser fragt man sich beim Ansehen zudem, auf wie viele Staffeln die Autoren der Serie wohl geplant haben. Denn der wilde Mix aus Teilen der Romane zwei und drei wirkt oftmals nicht schlüssig oder lässt einen roten Faden vermissen. Während der Kampf Rands gegen den Dunklen König und seine stärksten Diener spannend ausfällt, lassen andere Handlungsstrände eher kalt.

Das Rad der Zeit Staffel 2
Egwene, Nynaeve und Thronerbin Elayne müssen als Novizinnen einiges durchmachen.

Starke Pike reißt viel raus

In der Romanserie ist Moiraine eine wichtige Nebenfigur, in der TV-Adaption ist die Figur dank Rosamund Pike der uneingeschränkte Hauptcharakter. Das liegt daran, dass Moiraine als langlebige und erfahrene Aes Sedai viel weiß, aber auch daran, dass Pike die interessant geschriebene Rolle auch komplett ausfüllt. Die emotionale Mischung, Trauer über die verlorene Kraft, der Antrieb dennoch Rand und damit die Welt zu retten, die Wut auf ihren Beschützer, den sie gleichzeitig doch auch liebt – all das spiegelt sich in Pikes Mimik wieder. Daher sind die Szenen mit ihr, obwohl meist gar nicht viel passiert, schauspielerisch sicher die beeindruckendsten der zweiten Staffel.

Mutig und ansehnlich ist auch der Versuch von Das Rad der Zeit Staffel 2, den reinen High-Fantasy-Charakter ein wenig abzustreifen, um die Figuren etwas menschlicher wirken zu lassen. So darf Josha Stradowksi sogar ein paar (harmlose) Sexszenen spielen, um seinen Charakter ein wenig zu erden.  Der Niederländer ist seit der ersten Staffel deutlich besser in seine Rolle als Rand hineingewachsen und trifft den Kern der Buchbeschreibung recht gut. Allerdings ist sein Handlungsstrang in Staffel 2 nicht unbedingt der optisch beeindruckendste. In Sachen Optik bleibt die Serie aber auf dem Niveau der ersten Staffel. Manche Sets und Kreaturen sehen grandios aus, bei anderen schien das Geld gefehlt zu haben. Einen einheitlichen Look bekommt die Serie auch im zweiten Versuch nicht hin.

Perrin Aybara
Perrin Aybara erforscht seine Fähigkeiten als „Wolfsbruder“.

Immerhin wohltuend sind die Änderungen bei den eiblichen Charakteren. Während die Teenager in den Romanen oftmals schwer genervt haben, halten sich zickige Momente in der Serie deutlich mehr in Grenzen. Zwar sind Egwene, Nynaeve und Co. mit ihrer Sturheit auf für manchen Stoßseufzer gut, gegen die Romaneversionen sind sie aber deutlich abgemildert – und daher auch sehr viel besser zu ertragen. Was aber auch Das Rad der Zeit Staffel 2 noch fehlt, ist ein Kompass, der dem Zuschauer den ungefähren Weg weist, wer sich hinter den zahlreichen Machtblöcken verbirgt, die bereits auf dem Spielfeld stehen. Zwar ist diese Unklarheit nicht gänzlich ohne Reiz, auf Dauer aber doch unbefriedigend. Hier darf die bereits bestellte dritte Staffel gerne nachbessern.

Fazit:

Mit Das Rad der Zeit Staffel 2 betritt die Serie Neuland, denn von nun an – und für eine geraume Zeit, ja nachdem, wie lange die Serie läuft – wird die Handlung auf verschiedene Erzählstränge verteilt, die zu Beginn noch nicht alle überzeugen. Rosamund Pike führt noch deutlich als in den ersten Episoden einen guten Cast mit exzellentem Spiel an. Sie darf aber auch die spannendste Figur spielen. Und der dunkle Held Rand wird von Josha Stradowski diesmal bereits sehr viel überzeugender interpretiert als noch vor zwei Jahren. Dennoch fordern die vielen Handlungen ihren Tribut. Die Serie mäandert des Öfteren eine Weile vor sich hin und lässt dann auch Spannung vermissen. Ein optisches und spannendes Highlight pro Episode gibt es aber immer. Für Fantasy-Fans ist Das Rad der Zeit in jedem Fall einen Bick wert.

Das Rad der Zeit Staffel 2 startet am 1. September 2023 bei Amazon Prime Video.

Gesehen: Vier von acht Folgen.

Daniel Henney
Schwertmeister Lan spürt seine Aes Sedai Moiraine nicht mehr – ihre Verbindung wurde zerstört.