The Gentlemen

Filmkritik: The Gentlemen

Es gab eine Zeit, da wurde Guy Ritchie eher als Ehemann von Madonna wahrgenommen, denn als guter Autor und Regisseur. Doch das ist lange her, inzwischen gilt der Brite als Begründer eines eigenen Sub-Genre im Kino – dem der ultracoolen schwarzen Gangster-Komödie. Mit „Bube, Dame, König, GrAS“ und „Snatch – Schweine und Diamanten“ lieferte er zwei Filme ab, die oft kopiert aber so gut wie nie erreicht wurden. Nun kehrt Ritchie mit „The Gentlemen“ zu seinem Genre zurück – mit Erfolg?

Nach seinen coolen ersten Filmen ging Ritchie irgendwann den Hollywood-Weg – und überzeugte zunächst auch dort. Seine beiden „Sherlock Holmes“-Filme mit Robert Downey Jr., (ein dritter ist in Arbeit) begeisterten Kritik und Zuschauer. Doch dann musste auch er Rückschläge hinnehmen. Sein „Solo für UNCLE“ fand ebenso wenig ein Publikum wie „King Arthur – Legend of the Sword“. Mit „Aladdin“ kehrte er in die Erfolgsspur zurück. Nun lieferte er mit The Gentlemen einen Film ab, der aus seinen Anfangszeiten stammen könnte. Ist er auch so gut?

The Gentlemen
Der Amerikaner Mickey Pearson hat in England einen riesigen Drogenring aufgebaut, möchte sich aber zur Ruhe setzen.

The Gentlemen: Die Handlung

Mickey Pearson (Matthew McConaughey) kam vor Jahren aus den USA nach England und zog den mittlerweile größten Drogenring für Gras auf. Doch Mickey möchte mehr Zeit mit seiner Frau  Rosalind (Michelle Dockery) verbringen und Kinder haben, daher denkt er daran, sein Imperium zu verkaufen. Der US-Milliardär Berger (Jeremy Strong) hat Interesse, Pearsons Organistion für 400 Millionen Dollar zu übernehmen. Alles schient gut zu laufen, doch dann erhält Pearsons rechte Hand Raymond (Charlie Hunnam) Besuch vom schmierigen Privatdetektiv Fletcher (Hugh Grant).

Der erzählt Raymond eine ganz andere Version der Ereignisse. Zum einen erwähnt er den Verleger Big Dave (Eddie Marsan), der Pearson zum persönlichen Feindbild auserkoren hat. Dann ist da auch noch der aufstrebende Dry Eye (Henry Golding) aus der chinesischen Mafia in London, der ebenfalls auf Pearsons Drogen-Imperium schielt. Und über einen Überfall auf eine von Pearsons Drogenfarmen, mit der unfreiwillig auch Boxtrainer „Coach“ (Colin Farrell) zu tun hat, weiß Fletcher auch Bescheid. Hat Mickey gegen so viele Feinde eine Chance?

The Gentlemen: Aus einem Guss

Verblüffend. Wenn man sich The Gentleman ansieht, hat man nicht das Gefühl, dass Guy Ritchie den letzten Film dieser Art, „RocknRolla“, vor 12 Jahren gedreht hat. Denn sein neuer Film passt derart genau zu seinen frühen Werken, dass hier nie Zweifel aufkommen: Das Publikum sieht hier dem Erfinder dieser Filme bei einem neuen Glanzstück zu. The Gentleman verzichtet zwar auf Ritchies alte Weggefährten wie Jason Statham, Jason Flemyng oder Vinnie Jones, bleibt aber dem Geist dieser Werke verblüffend treu, nicht nur inhaltlich.

Auch die komplex verschachtelte Erzählweise, in der Fletchers Erklärungen an Raymond als Klammer für die eigentliche Story dienen, ist so typisch für Ritchie, dass er sie sogar in vermeintlichen Blockbustern wie King Arthur genutzt hat. Wenn es überhaupt einen Unterschied zu seinen Anfangsjahren gibt, dann liegen die in der Virtuosität, mit der Ritchie diesmal seine Charaktere aufeinanderprallen lässt. War beispielsweise Snatch immer dicht am Klamauk aufgestellt, so kann The Gentleman trotz viel Humor mit glaubwürdigerer Story überzeugen.

The Gentlemen
Deshalb will Pearson sein Imperium an den Milliardär Berger verkaufen – für 400 Millionen Dollar.

The Gentlemen: Grant ist groß!

Wenig verändert hat sich hingegen beim Casting. Schon die alten Ritchie-Filme waren großartig besetzt. Und daran hat sich in The Gentleman nichts geändert. Matthew McConaughey glänzt als cooler Gangsterboss mit Eiswasser in den Adern. Michelle Dockery, sonst in „Downton Abbey“ zuhause, legt eine tolle Performance als würdige Partnerin McConaugheys hin. Und auch Charlie Hunnam, Henry Golding und Colin Farrell erledigen ihre Aufgabe hier mehr als nur sehenswert. Den Vogel schießt aber ein anderer ab.

Seit Hugh Grant seinen Job als sensibler Liebhaber zugunsten des Fieslings abgegeben hat, glänzt der Brite ständig. Schon in „Paddington 2“ war Grant der Hingucker. Was er aber in The Gentleman abliefert, ist schlicht und ergreifend zum Niederknien gut. Die von Ritchie messerscharf geschriebenen Monologe knallt Grant mit einer Brillanz heraus, dass schon so früh im Kinojahr ein ernsthafter Aspirant als Preisträger für die beste männliche Nebenrolle auf der Matte steht. Nur wegen Grant als wundervoll ekliger Erpresser lohnt sich schon der Kinobesuch.

Das soll aber die Leistung seiner Kollegen nicht schmälern, denn The Gentlemen hat schlicht keine Schwächen. Während Ritchies frühere Drehbücher zugunsten eines brüllend komischen Einfalls schon einmal wilde Schlenker drehten, greift hier ein Zahnrädchen perfekt ins andere und lässt eine coole Gangsterkomödie mit derben Gewaltspitzen schnurren wie eine gut geölte Maschine. Keine Szene ist zuviel, kein Satz ist nur lustig, sondern hat auch einen tieferen Sinn für die Geschichte. Und wenn sich zum Schluss die großen Pointen entblättern, ist das einfach nur großes Kino.

Fazit:

Guy Ritchie hat in Sachen Gangsterkomödie nichts, aber auch gar nichts verlernt, ganz im Gegenteil. Auch wenn The Gentlemen keine hysterischen Szenen aufweist wie Snatch, so ist er doch der reifere und bessere Film, mit dem Ritchie beweist, wie deutlich er das von ihm erfundene Sub-Genre noch immer regiert. Wer bei Bube, Dame, König, GrAs, Snatch oder RocknRolla schon seinen Spaß hatte, sollte sich The Gentlemen auf gar keinen Fall entgehen lassen. Lässiger waren Gangster lange nicht im Kino zu sehen – und witziger auch nicht.

The Gentlemen startet am 27. Februar 2020 in den deutschen Kinos.

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Doch Pearsons rechte Hand Ray findet mithilfe von Boxtrainer Coach interessante Dinge heraus, die den Deal in neuem Licht zeigen.