Thor

Filmkritik: Thor – Tag der Entscheidung

Mit „Thor – Tag der Entscheidung“ startet der nordische Donnergott in sein drittes – und möglicherweise letztes – Einzelabenteuer. Diesmal geht es gleich um die Existenz von ganz Asgard, was im Originaltitel „Ragnarok“ (in der nordischen Mythologie das Ende der Welt) auch klarer wird. Trotz des düsteren Stoffes machten die bisherigen Trailer den Eindruck einer Komödie. Ist das tatsächlich so?

Regisseur Taika Waititi hat bislang mit „5 Zimmer, Küche, Sarg“ einen ausnehmend witzigen Vampirfilm gedreht, nun haben die Marvel-Mächtigen ihn als Regisseur des neuen Auftritts von Thor bestimmt. Und nicht wenige Fans waren besorgt, als Waitit schnell klar machte, dass er mit den Comics und den vorherigen Filmen nicht viel anfangen kann. Kann seine Version von Thor Kino- und Comicfans gleichermaßen ins Boot holen?

Thor
Die Größe seiner Gegner ist dem Hulk völlig egal, das bekommt auch Feuerdämon Surtur zu spüren.

Thor – Tag der Entscheidung: Die Handlung

Es geht gleich actionreich los: Thor (Chris Hemsworth) kämpft gegen Surtur,einen Feuerdämon, der laut Prophezeiung das Ende von Asgard einleiten wird. Siegreich kehrt er nach Hause zurück und setzt dort seinen Bruder Loki (Tom Hiddleston) ab, der als Odin (Anthony Hopkins) verkleidet monatelang regiert hatte. Wo der Göttervater steckt, weiß aber auch der Gott der List nicht. Also machen sich die Brüder auf die Suche nach Odin – und finden die mächtige Totengötting Hela (Cate Blanchett), die Anspruch auf den Thron Asgards erhebt und Thor und Loki in die unendlichen Weiten des Universums schleudert. Thor verschlägt es auf Zakaar, eine Gladiatorenwelt, auf der ein durchgeknallter Unsterblicher namens Grandmaster (Jeff Goldblum) die besten Kämpfer der Galaxis gegeneinander antreten lässt – mithilfe von Valkyrie (Tessa Thompson). Doch Thor trifft auch einen alten Freund und versucht alles, um zurück nach Hause zu gelangen und Hela zu besiegen …

Untergang als Komödie

Tatsächlich schert sich Waititi herzlich wenig um die Tragik der ursprünglichen Comicstory und serviert mit dem dritten Thor-Film eine lupenreine Actionkomödie. Dabei sind ihm deutlich sichtbar Vorgaben aus Comic und Marvel Cinematic Universe reichlich egal. Solange es einen Lacher bringt, verändert er sogar die bekannten Figuren bis zu Unkenntlichkeit. Lustig soll er sein, der Untergang von Asgard, koste es, was es wolle. Das zeigen schon die zahlreichen Cameos und Gastauftritte, die Waititi mit seinem Drehbuch-Autorenteam in die Story einbaute.

Die Schauspieler machen ihren Job durchgehend gut. Cate Blanchett sieht man den Spaß am Böse sein deutlich an, Tessa Thompson ist eine echte „Bad Ass“-Walküre und auch Karl Urban als leicht unterbelichteter Asgard-Krieger Skurge hat viele Lacher auf seiner Seite. Dass Chris Hemsworth seinen Thor als hemdsärmeligen Kraftprotz mit gelegentlichen Geistesblitzen spielen kann, wissen wir schon länger. Tom Hiddleston hingegen kann sich – auch aufgrund des Scripts – diesmal nicht ganz so in der Vordergrund spielen wie bei früheren Gelegenheiten. Ein göttlicher Loki ist er aber immer noch.

Gedanken als Kinofan

Wer mit dem Marvel-Universum, ob Film oder Comic, nicht so viel am Hut hat, kann sich auf einen guten,witzigen und unterhaltsamen Film freuen. Technisch sauber gemacht, lässt Waititi keine Gelegenheit aus, lustige Nebenfiguren einzuführen, seine Helden auch mal doof aussehen zu lassen und die ganzen 130 Minuten ohne große Pausen aufs Gas zu treten. Die lange Prügelei zwischen Thor und Hulk macht einfach Laune, der Kampf zum Asgard ein echter Overkill im letzten Filmdrittel. Mitunter fast ein wenig zu albern, aber immer mit hohem Unterhaltungswert, lässt Waitit seine Helden bemerkenswert neurotisch und schräg agieren und verpasst seinem Film dazu einen bonbonfarbigen, knalligen Comiclook. Auch wenn nicht jeder Gag sitzt, so wird sich das Gros der Zuschauer sicher gut amüsieren. Wenn sie nicht gerade Comicfans sind.

Thor
Die trinkfeste Valkyrie wird zum wichtigen Verbündeten für den Donnergott.

Gedanken als Comicfan

Oh mein Gott, was ist denn das? Es war ja durchaus schon nicht einfach, den High-Tech-Spidey mit Bordcomputer und 500 Netzdüseneinstellungen in „Spider-Man: Homecoming“ zu ertragen, der für Comicleser kaum wiederzuerkennen war. Aber das ist nichts im Vergleich zu dem, was sie dem Charakter Thor im neuen Film antun. Der Held wird komplett entkernt und hat am Ende von Thor – Tag der Entscheidung nur noch am Rande mit dem Thor aus 50 Jahren Comics zu tun.

Auch die Story, die dem Film zugrunde liegt, ist nur noch ganz vage zu erkennen und wird hier einfach zur beliebigen Bedrohung. Die epische Wucht, die die Geschichte vom prophezeiten Untergang Asgards einmal hatte, ist hier komplett verschwunden. Der Film mag an der Kasse sein Geld einspielen, Comiclesern versetzt er aber einen Schlag in die Magengegend. Und dem großen Ganzen, dem Marvel Cinematic Universe, hat Thor – Tag der Entscheidung auch einen Bärendienst erwiesen. Hier geht zugunsten einiger Lacher viel über Jahre gepflegte Kontinuität den Bach runter.

Fazit:

An diesem Film werden sich definitiv die Geister scheiden. Als netter Unterhaltungsfilm funktioniert er ganz gut, für Fans ist er eher eine Zumutung. Da können auch viele durchaus gelungene Gags nichts mehr reparieren. Einer der lustigsten Marvelfilme bisher, der seine Handlung aber auch sehr diesem Ziel unterordnet. Und sich für eine Komödie einen denkbar unglücklichen Stoff aus dem reichhaltigen Marvel-Fundus ausgesucht hat. Je weniger Sie über das Marvel-Universum wissen, desto besser wird Ihnen Thor – Tag der Entscheidung vermutlich gefallen. Das gilt auch andersherum.

Thor startet am Dienstag (!), den 31. Oktober 2017, in den deutschen Kinos.

Thor
Hela will um jeden Preis über Asgard herrschen. selbst wenn sie dafür alle Einwohner töten muss.