Tales of the Walking Dead

Serienkritik: Tales of the Walking Dead

Das Walking Dead-Universum hat während seiner fast 13-jährigen Geschichte schon so einiges erlebt. Unfassbare Quoten-Hochs ebenso wie extrem schwache Spin-Offs, ausgestiegene Darsteller und einen ständigen Schlingerkurs zwischen dem Nacherzählen der Comic-Vorlage und dem Verändern wichtiger Plots. Nun ist die Hauptserie vorbei, auch das langjährige Spin-Off „Fear the Walking Dead“ verabschiedet sich und neue Mini-Serien stehen an. Eine davon ist „Tales of the Walking Dead“, die im August 2022 in den USA zu sehen war und jetzt zu Magenta TV nach Deutschland kommt. Wie gut ist die Anthologie-Serie im Walking Dead-Universum? Das klärt die Kritik.

Olivia Munn
Evie und Joe unternehmen eine gemeinsame Reise durch das Land der Untoten.

Die Handlung

Sechs Folgen erzählen jeweils eine andere Geschichte, die allerdings alle im gleichen Universum angesiedelt sind.

Evie/Joe

Der Prepper Joe (Terry Crews) verlässt seinen Bunker, nachdem sein geliebter Hund gestorben ist und macht sich auf den Weg zu Sara, einer anderen Prepperin, mit der er schon vor der Apokalypse in Kontakt stand. Auf dem Weg begegnet er der esoterisch angehauchten Evie (Olivia Munn), mit der ihn ein gemeinsames Ziel verbindet. So reisen die beiden für eine Weile zusammen durch das Land der Untoten …

Blair/Gina

Die fiese Maklerin Blair (Parker Posey) und ihre Angestellte Gina (Jillian Bell) geraten an einer Tankstelle in eine Zeitschleife und sind dazu verdammt, immer wieder gemeinsam zu sterben …

Dee

Ein bekanntes Gesicht taucht auf! Die Episode erzählt einen Teil der Vorgeschichte von Dee alias Alpha (Samantha Morton). Dee tut alles, um ihre Tochter Lydia am Leben zu halten, als es zwischen ihrer Gruppe und einer anderen Bande zum Kampf kommt …

Tales of the Walking Dead
Dee will ihre Tochter retten. Jahre später macht Dee als Alpha Karriere bei den Whisperers.

Amy/Dr. Everett

Der Wissenschaftler Chauncey Everett (Anthony Edwards) untersucht schon viele Jahre lang den Homo Mortus, wie er die Untoten nennt. Bei einer seiner Feldstudien beobachtet er den Überlebenskampf von Amy (Poppy Liu), die sich gegen eine Gruppe Untoter zur Wehr setzt. Everett greift ein, allerdings nicht aus den Gründen, die Amy vermutet …

Davon

Davon (Jesse T. Usher, „The Boys“) erwacht in einer Kleinstadt mit einer Kopfverletzung, Gedächtnisschwund und einer toten Frau neben ihm. Hat er sie getötet? Und ist er auch für das Verschwinden einiger Kinder verantwortlich? Um sein Leben zu retten, muss Davon seine eigenen Spuren verfolgen …

La Dona

Idalia (Daniella Pineda) und Eric (Danny Ramirez) retten sich auf der Flucht vor Untoten in ein mit Mauern umsäumtes Haus, in dem eine ältere Frau lebt. Die lädt beide zum Essen ein, macht aber klar, dass sie danach wieder verschwinden müssen. Doch Eric hält das Haus für einen guten Ort zum Überleben und weigert sich zu gehen …

Wilder Genre-Mix

So grotesk es sich im ersten Moment anhören mag, aber Tales of the Walking Dead erinnert von der Machart ein wenig an die Comedy-Crime-Serie „The Afterparty„. Denn hier wie dort werden die Geschichten in verschiedenen Genres erzählt. Während die Apple TV+-Serie allerdings dabei eine lange Story erzählt, sind die sechs Episoden von Tales of weitgehend autark, lediglich Dee bildet ein Prequel zur Hauptserie. Während aber bei The Afterparty jedes Genre ein Volltreffer ist, gibt es bei der Zombie-Anthologie doch Ausfälle zu beklagen – obwohl es ohnehin nur sechs Folgen sind. So hat Dee dem Publikum eigentlich nicht viel Neues über Alpha zu erzählen. Und auch La Dona, die das Zombiethema mit Hexen-Horror mischt, funktioniert so gut wie gar nicht. Das Wiedersehen mit Julie Carmen (Fright Night 2) ist immerhin nett.

Evie/Joe hingegen ist ein herzliches, mitunter sogar witziges Roadmovie-Setting, das weder mit seiner Story noch mit seinen Darstellern enttäuscht und zu den besseren Episoden gehört. Auch Blair/Gina ist in seiner Art niedlich, allerdings wirkt die Zeitschleifen-Thematik sehr aufgesetzt, diese Story hätte keinen Walking Dead-Hintergrund benötigt, um gut zu funktionieren. Die Folge um Dr. Everett und Amy dreht sich in erster Linie um moralische Fragen, beinhaltet reichlich Zombies und passt daher am besten zur Hauptserie, gut gespielt ist sie außerdem. Für viele mag es auch ein Wiedersehen nach längerer Zeit mit Anthony Edwards sein, der mit der Serie „Emergency Room“ in den 90ern zum Weltstar wurde. Die ordentliche Psycho-Thriller-Folge Davon rundet das vielfältige Angebot der Serie dann ab.

Parker Posey
Blair und Gina können sich nicht leiden, müssen aber zusammenarbeiten.

Wenig Verbindung zur Hauptserie

Aufgrund dieser speziellen Eigenheiten der Serie könnte sich Tales of the Walking Dead tatsächlich für ein Publikum eignen, das mit der Hauptserie aufgrund der Brutalität und des Horrors nicht so viel anfangen kann. Denn hier fließt zwar auch mal Blut, insgesamt kommen die Geschichten aber leichtfüßiger daher als in den langen Serien. Zwar ist die Qualität ebenso variabel wie die Themen. Aber drei bis vier der sechs Episoden sollten den meisten Fans der Serie ebenso gefallen wie Neulingen im Universum der wandelnden Toten. Getrickst ist das wie immer ordentlich. Die typischen Wald-Kulissen der Mutterserie müssen aber auch hier wieder in einigen Folgen herhalten . Und langjährige Fans dürften die mittlerweile wirklich oft genug gesehen haben.

Bislang ist unklar, ob es mit dieser Serie weitegeht, da sie schon einige Monate alt ist, stehen die Chancen wohl nicht gut. Auch die Tatsache, dass keiner der großen Streamingdienste die Serie für Deutschland lizensiert hat, so dass sich letztlich bei Magenta TV landete, spricht scheinbar gegen Tales of the Walking Dead. Allerdings ist das Grundkonzept mit der Möglichkeit, hier eigentlich alle möglichen Geschichten erzählen zu können, durchaus nicht ohne Reiz und in einigen der sechs Episoden blitzen diese Möglichkeiten gut auf. Auch wenn nun eine Comedy- oder Musical-Folge nicht wirklich notwendig wären, ist doch die denkbare Vielfalt dieser Anthologie-Serie im Prinzip eine coole Sache. Und Staffel eins ist definitiv gut genug, um eine weitere mit neuen Episoden zu rechtfertigen. Auch wenn es die wohl leider nicht geben wird.

Anthony Edwards
Dr. Everett erforscht das Verhalten der Untoten und lässt sich dabei nur ungern von Lebenden stören.

Fazit:

Nett ist ja bekanntlich der kleine Bruder von Scheiße, wie es im Volksmund heißt. Doch man täte Tales of the Walking Dead Unrecht, würde man das Prädikat nett, das auf die Serie gut zutrifft, so negativ auslegen. Denn ein paar der sechs Episoden können sich wirklich gut sehen lassen und machen im Rahmen der vorgegebenen Welt das Beste aus ihrer Prämisse. Die Zeitschleifenfolge etwa, oder auch die Episode mit dem moralischen Dilemma eines Wissenschaftlers. Daneben gibt es aber eher enttäuschende Experimente wie der Versuch, die Untoten mit anderem Horror zu kreuzen. Unter dem Strich sind die sechs Episoden als kleiner Zombie-Happen für zwischendurch und in verschiedenen Geschmacksrichtungen durchaus empfehlenswert.

Tales of the Walking Dead startet am 19. Februar 2023 bei Magenta TV.

Tales of the Walking Dead
Idalia und Eric finden eine scheinbar perfekte Bleibe für die Apokalypse. Doch der erste Eindruck täuscht.