Star Trek Picard Staffel 3

Serienkritik: Star Trek Picard Staffel 3

Er steht im Kampf um den beliebtesten Star Trek-Captain aller Zeiten sicher nicht schlecht da. Patrick Stewart übernahm die Rolle von Jean-Luc Picard mit 47 Jahren, nun ist er 82 und verabschiedet sich (wohl) endgültig von seiner neben X-Men-Professor Xavier bekanntesten Rolle. Um nach 16 Jahren Pause nach Star Trek Nemesis erneut Picard zu spielen, lockten die Macher der Serie Stewart mit neuen, unerforschten Seiten des Charakters. Star Trek Picard sollte nach Stewarts Wunsch keine Verlängerung der „Next Generation“ werden. Doch die beiden ersten Staffeln fanden bei vielen Fans nur wenig Gnade und so sind in Star Trek Picard Staffel 3 alle Altstars wieder dabei. Ist das nun wieder echtes Enterprise-D-Feeling? Das klärt die Kritik.

Gates MacFadden
Dr. Beverly Crusher ist seit langen Jahren aus Jean Luc Picards Leben verschwunden. Nun taucht sie auf – mit einem Hilferuf.

Die Handlung

Eigentlich wollte Jean-Luc Picard (Patrick Stewart) nun endgültig seinen Lebensabend auf dem heimischen Weingut mit seiner späten Liebe Laris (Orly Brady) verbringen. Doch daraus wird nichts. Auf einem 30 Jahre alten Kommunikator erreicht ihn der Hilferuf seiner ehemaligen Ärztin und Freundin Beverly Crusher (Gates MacFadden). Die scheint in sehr ernsthaften Schwierigkeiten zu stecken. Daher ruft Picard bei seinem ehemaligen Ersten Offizier William Riker (Jonathan Frakes) an und bittet seinerseits um Unterstützung für die Rettung von Beverly. Natürlich ist Riker sofort zur Stelle. Und verspricht seinem alten Freund, ihm ein Schiff besorgen, um zu den Koordinaten zu gelangen, die Dr. Crusher geschickt hat.

Doch ganz so einfach, wie die alten Recken sich das vorgestellt haben, geht es dann doch nicht. denn die U.S.S. Titan, Rikers altes Schiff, wird nun von Captain Liam Shaw (Todd Stashwick) befehligt, der von merkwürdigen Übungsflügen gegen die Regeln der Sternenflotte gar nichts hält. Picard hat glück, dass Seven of Nine (Jeri Ryan) als Erste Offizierin Dienst auf der Titan tut und ihrem alten Freund helfen möchte – selbst wenn es für sie negative Konsequenzen hat …

Nostalgie pur

Zwar hat Paramount vorab nur sechs der zehn neuen Folgen zur Sichtung zur Verfügung gestellt. Aber auch nach denen lässt sich bereits sagen: Star Trek Picard Staffel 3 unterscheidet sich von beiden Vorgängern deutlich. Denn während in den vergangenen Staffeln hin und wieder Verweise auf Ereignisse in der Vergangenheit den Weg in die Handlung fanden, wie etwa Q oder Data, die Geschichte aber grundsätzlich etwas Neues erzählen wollte, weicht Staffel 3 von dieser Vorgabe ab. In der dritten Staffel gibt es so gut wie nichts, das keine Wurzeln in die Vergangenheit der Serien aufweist. Wer also schon vorher bemängelte, dass Picard zu viel von alten Themen wieder aufkocht, für den dürfte Picard Staffel 3 ein echter Alptraum werden.

Denn wo in früheren Staffeln der Fanservice mengenmäßig vielleicht die Salami auf der Pizza ausmachte, ist in Staffel 3 ein Truthahn zu sehen, dessen gesamte Füllung aus Fan-Service besteht. Daher ist es bereits schwierig, auch nur die ersten beiden Folgen zu beschreiben, ohne massiv zu spoilern. Denn die Autoren haben offenkundig den gesamten Back-Katalog von Star Trek nach interessanten Gegnern, beliebten Charakteren und coolen Planeten durchforstet – und sind sehr oft fündig geworden. Je mehr ein Fan von den bisherigen Serien gesehen hat, desto mehr wird er in Picard Staffel 3 wiedererkennen. Und in der einen oder anderen Szene sicher ein Tränchen verdrücken, weil die Wiedersehensfreude ihn oder sie übermannt.

Michelle Hurd
Rafi ist mittlerweile beim Geheimdienst. Mit den Befehlen ihrer Vorgesetzten ist sie aber nicht immer glücklich.

Die Band spielt wie früher

Weil es spoilerfrei wenig über die Story zu sagen gibt, lohnt ein Blick auf die Darsteller umso mehr. Und auch hier lässt sich feststellen: Die alte Chemie zwischen der Crew der Enterprise-D ist sofort wieder da. Bei Frakes und Stewart, die bereits in Staffel 1 gemeinsam vor der Kamera agierten, ist das keine Überraschung. Auch die Szenen mit Marina Sirtis funktionieren erwartungsgemäß gut. Aber auch die Auftritte von LeVar Burton, Michael Dorn und Gates MacFadden, die bereits etliche Jahre nicht mehr in ihre beliebten Rollen geschlüpft sind, passen vom ersten Moment an perfekt in die Serie und lassen dicke Schwaden Nostalgie über den Bildschirm wehen. Der mitunter staubtrockene Humor zwischen den Figuren ist ebenfalls sofort aktiv – als hätte es nie eine so lange Pause gegeben.

Umso schlimmer ist es, dass Picard Staffel 3 wohl den endgültigen Abschied bedeutet, denn die alten Haudegen beweisen in den ersten sechs Episoden, dass sie es immer noch mit jedem Gegner aufnehmen können und der besondere Charme der Enterprise-Crew nach wie vor vorhanden ist. Die Fans würden nach Sichtung der ersten Folgen garantiert sofort dafür plädieren, noch mindestens eine weitere Staffel zu bestellen. Aber was ist mit Zuschauern, die bislang keine großen Freunde von Star Trek waren, hier aber einen Blick riskieren möchten? Die bekommen ebenfalls eine spannende Story zu sehen, ihnen fehlen aber sämtliche Aha-Momente, die es eben nur für Kenner der Materie gibt.

Amanda Plummer
Wer ist die geheimnisvolle Gegnerin, die Beverly verfolgt? Und was will sie von ihr?

Optisch kann die finale Staffel der Serie ebenfalls überzeugen. Mit den aktuellen Folgen von Serien wie Discovery oder Strange New Worlds kann Picard problemlos mithalten. Viele Szenen der frühen Episoden, die in einem Nebel spielen, haben echtes Kinoniveau. Und sorgen ebenfalls für echtes Star Trek-Feeling. Das gelingt aber auch den Autoren, die mit vielen Themen den klassischen Kern der Idee von Gene Roddenberry sauber herausarbeiten. Und so mehr als deutlich in Erinnerung rufen, für was Star Trek steht. Dazu hat wohl kein Captain auf der Brücke eines Sternenflottenschiffes diese Werte so unerschütterlich vertreten wie Jean-Luc Picard. Diese Staffel ist deshalb genau das, was echte Trekkies sehen wollen – und mit Abstand die beste Staffel der Serie.

Fazit:

Langjährige Fans von Star Trek werden bei Picard Staffel 3 mehr als eine Träne im Knopfloch tragen. Denn der beliebte Captain verabschiedete sich auf höchstem Niveau. Und das gilt sowohl für die zahlreichen Gaststars in der Staffel, als auch für die durchdachte und mit Fan-Service-Momenten eng gespickte Story. Wer seit den 80er Jahren die Star Trek-Serien verfolgt, wird hier sehr viel wiedererkennen – und wiedersehen. Die Originalbesatzung bekam mit „Star Trek 6: Das unentdeckte Land“ einen der besten Filme der Reihe als Abschiedsvorstellung. Wie es nach sechs Episoden scheint, gelingt Picard das Gleiche als Serie. Wenn das die letzte Vorstellung der Next Generation sein sollte, dann gehen die Männer und Frauen um ihren Captain auf sehr hohem Niveau.

Star Trek: Picard Staffel 3 startet am 17. Februar 2023 bei Amazon Prime Video und Paramount+.

Gesehen: Sechs von zehn Folgen.

Picard Staffel 3
An Bord der Titan erwartet Picard eine alte Freundin – Seven of Nine.