Patrick Stewart

Serienkritik: Star Trek Picard Staffel 2

Patrick Stewart bricht zu seinem vermutlich vorletzten Abenteuer als Captain Jean-Luc Picard in „Star Trek Picard Staffel 2“ auf. Der 81-jährige Brite, dem man sein Alter inzwischen auch in der Rolle ansieht, wird für eine dritte Staffel wiederkehren, die sich bereits in Produktion befindet. Dann soll Schluss sein mit jenem Sternenflotten-Offizier, der die Wiederbelebung des Franchises in den 80er Jahren maßgeblich zu verantworten hat. Für viele, die das Original nicht mehr als TV-Serie erlebt haben, ist Picard „ihr Captain“. Stewart prägte dabei das Bild des mutigen, aber stets bedachten Mannes, der seine Entscheidungen nach festen Prinzipien seiner eigenen Moral trifft. Tut er das auch in der neuen Staffel? Das verrät die Kritik.

Star Trek Picard: Kritik zu Staffel 1.

Patrick Stewart
Eigentlich wollte Jean-Luc Picard endgültig in den Ruhestand gehen – doch daraus wird nichts.

Die Handlung

Es ist wieder Friede eingekehrt ins Jean-Luc Picards (Patrick Stewart) Leben, nachdem er den Androiden-Konflikt mithilfe vieler alter und neuer Freunde lösen konnte. Einigen von ihnen konnte er sogar in neue oder alte Jobs vermitteln. So ist Raffi (Michelle Hurd) wieder bei der Sternenflotte. Ebenso wie ein Ex-Schmuggler namens Rios (Santiago Cabrera), dem ein ganz besonderes Privileg zuteil wird. Als frisch gebackener Captain der Sternenflotte erhält er das Kommando über die „Stargazer“, den Neubau jenes Schiffes, auf dem Picard seinen ersten Posten als Captain antrat. Picard kann sich hingegen endlich seinem Privatleben widmen, erforscht seine Gefühle für seine langjährige Helferin, die Romulanerin Laris (Orla Brady). Doch lange währt die Ruhe nicht.

Denn als sich im All ein neues Phänomen zweigt, eine Art Dimensionsriss, ist die Stargazer als erstes Schiff vor Ort. Und die Signale, die aus dem Spalt empfangen werden, sind ein geballter Hilferuf – nach Jean-Luc Picard! Natürlich verweigert sich der Starfleet-Veteran dem Ruf nicht und betritt bald den Nachfolger seines alten Schiffes, um zu helfen. Bald wird klar, dass die Borg mit dem Riss zu tun haben, die allerdings normalerweise keine anderen Völker um Hilfe bitten. Und auch ein gewisser Q (John de Lancie) scheint mit der Sache zu tun zu haben, denn er taucht nach mehr als 20 Jahren erneut in Picards Leben auf. Um den Test der Menschheit weiterzuführen, hat er die Föderation in eine Diktatur verwandelt, in der nur menschliches Leben lebenswert ist …

Fan-Service vom Feinsten

Akiva Goldsman, der neue Show-Runner der Serie, hat mit einem Kollegen auch das Drehbuch für die erste Folge von Star Trek Picard Staffel 2 geschrieben – und ein klares Ziel ausgegeben. Die neuen Folgen sollen die erste Staffel in Sachen Fanservice offenbar noch übertreffen. Kamen dort Fanlieblinge wie der Borg Hugh oder das Ehepaar Riker und Troi sowie Data vor, so gilt für Staffel 2 ebenfalls das Rückhol-Prinzip. Neben John de Lancie als Q, eine der wunderbarsten wiederkehrenden Charaktere der alten Serie, ist mit Whoopi Goldberg auch Guinan dabei. Das sagte die Schauspielerin bereits vor zwei Jahren in ihrer eigenen Talkshow zu, als Patrick Stewart ihr vor laufenden Kameras die Offerte überbrachte.

Also alles Friede, Freude, Eierkuchen bei soviel Wiedersehens-Charme? Mitnichten. Denn auch die Borg sind in Form ihrer Königin (Annie Wirsching) mit dabei. Und die macht Picard bald klar, dass Q in seinem ewigen Test der Menschheit diesmal ein Horror-Szenario geschaffen hat, dem auch die Maschinenwesen klar unterlegen waren. Daher kommt es im Lauf der Staffel auch zu einer Verbeugung vor den erfolgreichen „Star Trek“ 4 und 8 – einer Zeitreise in die Vergangenheit. Ganz nebenbei holt Goldsman auch das „Dark Mirror“-Universum zurück. Das ist bei vielen Fans sehr beliebt und hat seine Ursprünge schon in der Original-Serie. Und Brent Spiners Rückkehr in die Serie in einer neuen Rolle ist auch bereits durchgesickert. Ist so viel Fan-Service nicht ein wenig zu viel des Guten?

Whoopi Goldberg
Ein Wiedersehen nach vielen Jahren. Guinan hat sich mittlerweile in San Francisco niedergelassen und betreibt dort eine Bar – das „Zehn vorne“.

Flott erzählte Story

Das ist wie immer Geschmackssache. Auffällig ist jedenfalls, dass man sich als Zuschauer schon sehr an Picards neue Crew gewöhnt hat. Denn die Wiedersehensfreude bei ihren jeweils ersten Auftritten in Staffel 2 ist unbestreitbar da. Und weil sie nicht mehr lange vorgestellt werden müssen, startet die Staffel auch flotter als der Vorgänger. Bereits am Ende der ersten Folge sind alle Weichen für die neuen Episoden gestellt, die durchaus mit einem bösen Cliffhanger enden könnten, denn Staffel 3 ist ja bereits in Produktion. Die Autoren wussten also, dass sie diesmal eine noch längere Geschichte erzählen können. So ist es durchaus denkbar, dass sich Qs Test diesmal über 20 Folgen zieht statt wie sonst nur über eine oder zwei.

Bei aller Freude über das Wiedersehen mit den Figuren aus Staffel 1 sind es aber die Momente mit den „Next Generation“- Charakteren, die das Fanherz richtig höher schlagen lassen. John de Lancies Figur hat damals für ein paar der spannendsten und auch witzigsten Folgen der neuen Enterprise-Ära gesorgt. Und auch Guinan war schon früher mit ihren Gastauftritten stets ein Highlight. Dementsprechend emotional dürften für langjährige Fans der Star Trek-Serien die neuen Szenen sein und ihnen ein Lächeln ins Gesicht treiben. Und doch haben die Altstars mit der eigentlichen Handlung der zweiten Staffel nur wenig zu tun. Die muss mit der Crew auskommen, die man aus der ersten Staffel kennt. Und die Schauspieler und Autoren beweisen in den ersten Folgen, dass sie auch völlig genügen, um eine spannende Story anzuschieben.

Gelungene Symbiose

John de Lancie
Als das mächtige Wesen Q wieder auftaucht, weiß Picard, dass es mit seiner Ruhe endgültig vorbei ist.

Denn dem Team um Goldsman gelingt es, den Fanservice und eine gute Story miteinander zu verbinden. Bereits am Ende der dritten Folge (so viele zeigte CBS vorab) ist der Zuschauer voll im Geschehen. Und hat Picard und seine Mitstreiter bereits an zwei Orten gesehen, an denen man sie nie vermutet hätte. Dass diese Ideen nicht alle frisch sind, sondern zum Teil schon sehr erfolgreich in früheren Filmen und Folgten verwendet wurden, stört dabei kaum. Denn die Schauspieler überzeugen allesamt, Stewarts Präsenz ist stark wie eh und je und auch tricktechnisch muss sich Picard Staffel 2 nicht hinter modernen Kino-Abenteuern verstecken. Manch einem Puristen mag das alles zu viel sein, launige und spannende Unterhaltung ist es aber in jedem Fall. Wem das genügt, der sollte die neuen Folgen nicht verpassen.

Fazit:

Picard Staffel 2 startet bereits mit einer vollgepackten Folge, in der sich neue Handlung und jede Menge Fanservice die Hand reichen. Kenner des Star Trek-Universums sammeln die Easter-Eggs ein, die die Autoren reichlich verteilt haben. Der Rest erfreut sich an einer flotten Handlung, die erneut den alten Captain ins Zentrum stellt, ohne die neue Figuren an seiner Seite zu vernachlässigen. Vor allem Michelle Hurd und Santiago Cabrera haben in den ersten Folgen viel zu tun. Der neue Showrunner Akiva Goldsman hält dabei die Fäden gut in der Hand und schafft eine gelungene Symbiose aus alten Charakteren und neuer Handlung. Wenn die Serie das Niveau der ersten drei Folgen hält, steht den Fans nach Staffel 3 wahrhaftig ein schmerzhafter Abschied bevor.

Star Trek Picard Staffel 2 startet am 4. März 2022 bei Amazon Prime.

Star Trek Picard Staffel 2
Denn Q wirft Picard und seine Crew in einen Alptraum aus Dimensionshorror und Zeitreise. Aus dem es kein Entkommen zu geben scheint.