Star Trek Picard

Serienkritik: Star Trek Picard

Eigentlich hatte Patrick Stewart vor langer Zeit mit seiner Rolle als Captain Jean-Luc Picard abgeschlossen. Nach dem wenig gelungenen letzten Kino-Abenteuer „Star Trek Nemesis“ sollte Schluss sein mit der rot-schwarzen Uniform und dem Flug in unendliche Weiten. Doch nun hat sich der mittlerweile 79-jährige Brite doch breitschlagen lassen, in „Star Trek Picard“ noch einmal in seine erste Paraderolle zu schlüpfen. Nicht nur die Trekkies in aller Welt werden es ihm danken. Eine etwas andere Kritik.

Mein Captain ist zurück. Obwohl ich alt genug bin, um mich an die Folgen von Original „Raumschiff Enterprise“ zu erinnern, die leider oft zur gleichen Zeit wie die Sportschau liefen, war ich nie ein großer Fan von Captain Kirk. Auch die Neuauflage „Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert“, wie die Serie auf deutsch (und treffender als auf englisch) hieß, ließ mich zunächst kalt. Bis ich mir doch mal eine Folge ansah – und sofort in den Bann dieser neuen Crew geriet. Ein Captain, der sich nicht mit jedem Alien herumprügelte, sondern mit Vernunft und Diplomatie agierte, eine Förderation, die alle Probleme unserer Zeit längst gelöst hatte, eine positive Sicht in die Zukunft, die ein Gesicht hatte – das von Patrick Stewart. Nun ist mein Captain nach 18 Jahren Pause wieder da. Und wie gut ist das?

Star Trek Picard
Eine junge Frau bittet den im Ruhestand lebenden Jean-Luc Picard um Hilfe. Sie scheint etwas mit Data zu tun zu haben.

Star Trek Picard: Die Handlung

Jean-Luc Picard (Patrick Stewart) ist seit 15 Jahren nicht mehr bei der Sternenflotte. Nach einem Zwischenfall auf dem Mars hatte er sich emotional soweit von der Förderation entfernt, dass er der Flotte nicht länger dienen konnte. Nun lebt er auf dem Weingut der Familie in Frankreich, umgeben von den Romulanern Zhaban (Jamie McShane) und Laris (Orla Brady), die ihm Freunde, Leibwächter und Diener zugleich sind. Das ruhige Leben ändert sich, als eines Tages eine junge Frau namens Dahj (Isa Briones) vor seiner Tür steht und um Hilfe bittet.

Sie erzählt ihm von einem Angriff maskierter Romulaner auf sich und ihren Freund, der die Attacke nicht überlebte. Doch sie war plötzlich wie ausgewechselt und tötete alle Angreifer mit Fähigkeiten, die sie nie besessen hatte. Und eine Art Traum riet ihr, sich zu Picard zu begeben, dem einzigen Menschen, der ihr helfen könnte. Picard stellt Nachforschungen an und landet bei Dr. Agnes Jurati (Alison Pill), einer führenden Wissenschaftlerin im Bereich synthetischen Lebens. Bald findet Picard eine Verbindung zwischen Dahj und dem lange verstorbenen Data …

Star Trek Picard: Mehr als Fanservice

Diese Serie kann man nur auf eine von zwei Arten sehen. Entweder ist man neu im Star Trek-Universum des Picard-Ära und sieht spannende erste Folgen, die auf eine komplexe Story hindeuten. Oder man kennt sich aus mit den Welten, Regeln und Völkern der Förderation. Dann bekommt man eine Serie, die vor Anspielungen, Fortführungen begonnener Storys und der Wiederkehr lieb gewonnener Charaktere nur so strotzt. Allerdings kann man dann nicht mehr beurteilen, ob die Serie auch Spaß macht, wenn man keinerlei Vorwissen mitbringt. Also versuche ich das erst gar nicht.

Diese Kritik kann ich nur aus der Sicht und mit dem Wissen von jemandem verfassen, der geschätzte 500 Folgen Star Trek gesehen hat – manche mehrfach. Und der bei der Sichtung der ersten drei Folgen der neuen Serie Star Trek Picard aus dem Grinsen kaum herauskam. Denn das Autorenteam um den erfahrenen Drehbuchautor  Akiva Goldsman („A Beautiful Mind“) hat einen herausragenden Job gemacht und viele interessante Themen aus der alten Serie zurückgebracht. Die Romulaner. Die Borg. Data. Troi. Riker. Seven of Nine. Und noch viel mehr.

Star Trek Picard
Mit einer neuen Crew macht sich Picard auf den Weg, um mehr über dieses Mysterium herauszufinden.

Star Trek Picard: Altes Gefühl, neue Story

Das es sich dennoch nicht wie eine neue Folge der alten Serien anfühlt, liegt an der Konsequenz, mit der (auch) Patrick Stewart zu viel Nostalgie ablehnte. Kein Captain oder Admiral mehr, keine Uniform und eine komplett neue Crew, mit der Picard durch die Galaxis fliegt. Zwar liegen die Wurzeln des Plots in der Vergangenheit, die Story zeigt dem Zuschauer aber sofort das, was sich Trekkies spätestens seit dem Ende von „Voyager“ wünschen – einen Blick in die weitere Zukunft der Förderation. Und der zeigt eine bekannte und doch auch neue Zeit.

So nimmt die Serie Bezug darauf, dass die Romulaner ihre Heimat verloren haben und nun an unerwarteter Stelle nach einer neuen suchen. Die Borg tauchen zwar auf, aber in einer Form, wie man sie vorher noch zu gesehen hat. Und die alten bekannten Charaktere haben kurze Auftritte, aber eben nicht mehr in der Funktion, in der wie sie aus den Serien kennen. Stewart hatte in Interviews stets klargestellt, dass er keine nahtlose Fortsetzung seiner alten Serie wollte, sondern etwas Neues, das Picard noch nicht getan hatte. Das ist den Machern gelungen.

Denn Star Trek Picard fühlt sich aus vielen Gründen mehr an wie Star Trek Discovery. So haben Alex Kurtzman und Akiva Goldsman auch daran mitgearbeitet. Und Picard erzählt in zehn Folgen eine große Story, was die alten Serien nie getan haben, wenn man vom Dominion-Krieg in „Deep Space Nine“ einmal absieht. Zudem ist die neue Serie auch technisch auf einem Niveau, das beim ersten Auftritt Picards im Star Trek-Universum schlicht nicht möglich war. Die Erzählweise ist allerdings so angenehm ruhig und wenig hektisch wie damals.

Fazit:

Ob die Serie einem Publikum gefällt, das noch nie eine Folge Star Trek gesehen hat? Keine Ahnung! Fans der alten Serien werden bei Star Trek Picard aber garantiert regelmäßig von Wehmut geschüttelt, wenn sie alte Freunde wiedersehen und Storys weitergeführt werden, die seit fast zwei Jahrzehnten brach lagen. Jean-Luc Picard mag älter geworden sein, aber er steht noch immer zu den Werten, die Star Trek schon immer von anderen Sci-Fi-Serien unterschieden haben. In Folge drei steht Picard auf einer Raumschiff-Brücke und gibt den Befehl „Energie!“ Mehr man ein Fan nicht hören, um zu wissen: Der Captain ist zurück.  

Star Trek Picard startet am 24. Januar 2020 mit einer Folge pro Woche bei Amazon Prime.

Gesehen: Drei von zehn Folgen. 

Star Trek Picard
Dabei trifft der ehemalige Captain der Enterprise auch alte Freunde wieder.