The Boys Staffel 2

Serienkritik: The Boys Staffel 2

Und weiter geht der wilde Ritt! Die weitgehend kompromisslose Umsetzung des Garth Ennis-Comics um eine Welt, in der die Superhelden die eigentliche Gefahr darstellen, lieferte Amazon Prime die erwarteten Traumquoten, weshalb die zweite Staffel bereits geordert wurde, bevor die erste angelaufen war. Auch diesmal bestellte Amazon bereits Staffel 3, bevor die „The Boys Staffel 2“ überhaupt begonnen hatte. Können die neuen Folgen die wenigen Schwächen der ersten Staffel ausmerzen? Das klärt die Kritik.

Hier finden Sie die Kritik zu The Boys Staffel 1.

Comics gelten für viele noch immer als nette, leichte Unterhaltung, speziell im Superhelden-Bereich. Während in Frankreich Comics längst als eigene Kunstform verehrt werden, ist Deutschland diesbezüglich noch immer Entwicklungsland. Natürlich gibt es auch eine Menge Comics, die einfach nur unterhalten wollen, aber Autoren wie Alan Moore („Watchmen“, „V für Vendetta“) oder auch Garth Ennis haben oft bewiesen, dass gute Schriftsteller auch das Medium Comic für komplexe Storys nutzen können. Wie sieht das bei The Boys aus?

The Boys Staffel 2
Während Homelander und Stromfront um die Ausrichtung der Seven streiten, müssen The Deep und A-Train um ihre Mitgliedschaft bangen.

 The Boys Staffel 2: Die Handlung

Es sieht nicht gut aus für The Boys: Nach den Ereignissen der vergangenen Tage landet die Gruppe um Billy Butcher (Karl Urban) und Hughie (Jack Quaid, Sohn von Dennis Quaid) auf der Liste der meist gesuchten Verbrecher des Landes und muss untertauchen. Butcher selbst gilt als verschollen. Was seine Kameraden noch nicht wissen: Butcher hat seine totgeglaubte Frau Rebecca (Shantel VanSanten) gefunden – und ihren Sohn, der aus der Vergewaltigung durch den Homelander (Anthony Starr) stammt. Nun will er unbedingt seine Frau befreien.

Hughie hingegen hat andere Pläne. Gemeinsam mit Annie alias Starlight (Erin Moriarty) versucht er, an Compound V heranzukommen, die Droge, die Superhelden erschafft, und sie den Medien zuzuspielen. So wollen die beiden den finsteren Konzern Vought auffliegen lassen, der seit Jahrzehnten Babys mit Compound V impft, um immer neue Superwesen, die „Supes“, zu erhalten. Der übermächtige, aber hochgradig psychopathische Homelander hat derweil andere Sorgen: Das neue Mitglied der Sieben, Stromfront (Aya Cash), will seinen Platz als Anführer …

Blutig und mit viel schwarzem Humor

Auch in The Boys Staffel 2 müssen Comic-Kenner den Machern ihre Änderungen der Story verzeihen. Das fällt diesmal aber leichter, denn die zweite Staffel beginnt furios und zieht das Tempo im Vergleich zum Vorgänger deutlich an. So zeigt die Serie ab jetzt viele parallel laufende Erzählstränge, die manchmal erst im Finale wieder zusammengeführt werden – oder bereits die Richtung für Staffel 3 festlegen. Dabei beweist Serienschöpfer Erik Kripke, der schon für die ersten fünf Staffeln von „Supernatural“ verantwortlich war, großes Geschick.

Denn obwohl immer wieder übertrieben brutale Szenen mit viel düsterem Humor vorkommen, gelingt es dem Autorenteam dennoch, ein bisweilen bitter ernstes Drama unterzubringen. Einfach deshalb, weil dem Zuschauer die Charaktere ans Herz wachsen. Und bei den übermächtigen Gegnern auch sehr regelmäßig die Protagonisten oder deren Angehörige ins Fadenkreuz der Sieben geraten. Und es auch in The Boys Staffel 2 nicht ohne Tote abgeht. Weil Kripke und sein Team das sehr schnell klar machen, sind die neuen Folgen noch spannender als die alten.

The Boys Staffel 2
Staffel 2 verrät mehr über Kimikos Vergangenheit und ihre Familie.

The Boys Staffel 2: Das Ende des amerikanischen Traums

Zudem ist der Subtext der Serie, ein böser Abgesang auf amerikanische Werte im Zeitalter der Lügen und Manipulationen, deutlich politischer, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Immer wieder zeigt The Boys Staffel 2, wie einfach sich die Massen durch rhetorisch geschulte Personen und gezielt gefälschte Nachrichten beeinflussen lassen. Dazu gehört auch die konsequente Fortsetzung des Aufbaus von Vought als dem großen Übel. Gegen das sogar der Massenmörder Homelander fast harmlos wirkt. Der in Sachen Beliebtheit auch noch einiges von Stormfront lernen kann.

Wie bereits in Staffel 1 entfaltet die Serie auch deshalb eine solche Wirkung, weil die Schauspieler erstklassig sind. Karl Urban ist als Billy Butcher wie den Comic-Seiten entrissen und spielt den desillusionierte, zynischen und bis ins Mark für seine Aufgabe brennenden Soldaten wieder großartig. Anthony Starr steht ihm als Super-Psychopath mit mehr Macken als Muskeln in nichts nach. Und das heimliche Traumpaar der Serie, Erin Moriarty und Jack Quaid, sind ebenfalls erneut sehr sehenswert. Wie auch Karen Fukuhara als Kimiko, die in Staffel 2 deutlich mehr zu tun bekommt.

Kripke hält sich in Staffel 2 erneut nur grob an die Story der Comics, baut aber zumindest wichtige Ereignisse wie Stormfront mit ein. So halten auch die neuen acht Episoden Kurs auf das Ende, das Ennis in seinem knapp 90 Ausgaben laufenden Comic ausgedacht hat. Dennoch schafft Kripke mit seiner Vision der Geschichte eine weitgehend eigenständige Serie, die dem Geist des Comics verbunden bleibt, ohne ihm auf Schritt und Tritt zu folgen. Und schafft auch für Zuschauer ohne großes Interesse an den politischen Aussagen eine extrem unterhaltsame Serie.

Fazit:

The Boys Staffel 2 macht nahtlos dort weiter, wo die erste endete. Und verbessert dabei fast jeden positiven Aspekt der Serie. Die ausufernde Gewalt ist nach wie vor so übertrieben blutig, dass sie für jede Menge Lacher gut ist. Und die politische und gesellschaftliche Botschaft der Serie arbeitet Erik Kripke mit seinem Team stark und dabei stets unterhaltsam heraus. Dazu machen die Schauspieler alle zumindest einen guten, wenn nicht herausragenden Job. The Boys bleibt so auch in der zweiten Staffel ein Glücksfall für Serienfans. 

The Boys Staffel 2 startet am 4. September 2020 bei Amazon Prime (mit drei Folgen, danach jeden Freitag eine weitere)

Gesehen: acht von acht Folgen

The Boys Staffel 2
Für Frenchie, Hughie und Butcher wird die Luft diesmal dünn. Können die Boys überleben?