Only Murders in the Building
Disney

Serienkritik: Only Murders in the Building

Schon seit den 80er Jahren sind die beiden Schauspieler und Comedians Steve Martin und Martin Short eng befreundet. Sie standen erstmals gemeinsam für „Drei Amigos“ vor der Kamera und seitdem in regelmäßigen Abständen immer wieder. Seit 2016 sind die beiden auch regelmäßig live mit einem Comedy-Programm auf Tour. Nun gibt es erneut ein gemeinsames Projekt der beiden Altstars: „Only Murders in the Building“. Die zehnteilige Serie, die nach einer Idee von Steve Martin entstand (er schrieb auch das Drehbuch zur Pilotfolge mit), ist einerseits eine waschechte Mörderjagd, andererseits aber auch eine Comedy-Serie. Geht das zusammen? Diese und andere Fragen beantwortet die Kritik.

Die Kritik zu Staffel 2 gibt es hier.

Steve Martin
Der alternde Schauspieler Charles hat sich Jahre nach seinem letzten TV-Hit mit der Einsamkeit abgefunden.

Die Handlung

Charles (Steve Martin) war vor vielen Jahren ein erfolgreicher Schauspieler in einer Krimireihe, zehrt aber seitdem nur noch vom verblassenden Ruhm. Oliver (Martin Short) war früher einmal ein erfolgreicher Broadway-Regisseur, aber seit einem katastrophalen Flop liegt seine Karriere auf Eis. Die junge Mabel (Selena Gomez) hat trotz ihres Alters bereits mit den Schatten der Vergangenheit zu kämpfen. Das Trio eint nur zwei Dinge: Alle wohnen im gleichen Haus in New York, einem riesigen Gebäude mit Dutzenden von Mietern. Und alle drei sind große Fans eines True Crime-Podcasts einer prominenten Moderatorin (Tiny Fey). Letzteres bringt sie zusammen, als sie wegen deines Polizeieinsatzes das Haus verlassen müssen und im Restaurant nebenan ihre gemeinsame Liebe entdecken.

Als die drei später im Haus bei Nachforschungen die Leiche eines Nachbarn sehen und von der leitenden Beamtin einen Vortrag darüber hören, warum das ein klarer Selbstmord war, sind die kleinen grauen Zellen des Trios geweckt. Sofort beginnen sie mit ihren eigenen Ermittlungen und träumen nach ersten Erfolgen bald vom eigenen Podcast mit dem Titel: Only Murders in the Building. Allerdings haben Charles, Oliver und Mabel durchaus unterschiedliche Motive, warum sie der Tod des Nachbarn so interessiert …

Zäher Start

Echte Kriminalisten brauchen Geduld, Serienfans manchmal auch. Denn bis Only Murders in the Building so richtig abhebt, vergehen ein paar Folgen. Das Halbstunden-Format mag sich für Comedy-Serien bewährt haben. Für einen Hybriden, der sowohl Gags als auch eine glaubhafte Krimi-Handlung etablieren möchte, sind 30 Minuten hingegen arg kurz. Und das merkt man den ersten beiden Folgen auch an. Erst im Verlauf der dritten Folge kommt die Serie langsam in Tritt, Folge vier zeigt dann schon, wie gut die Idee eigentlich ist. Denn nach dem zähen Auftakt beginnen sich Martin, Short und Gomez, die Bälle zuzuspielen, sitzen die One-Liner und passen die Gags zur Handlung.

Dass der Zuschauer dabei mehr über die drei Helden weiß als sie über die jeweils anderen, sorgt für Spannung. Denn so sind für das Publikum manche Aussagen klar, die für je zwei Drittel des Trios ohne Bedeutung bleiben. Manche sorgen für Lacher, andere bringen die Handlung weiter oder lassen sie in eine neue Richtung abbiegen. Neben der Haupthandlung gelingt es den Autoren zudem, für ihre Helden auch noch eigene Nebenhandlungen zu schaffen. Die der Serie gut tun, weil sie das Seelenleben der drei offenlegen. Wie beim Schälen einer Zwiebel tragen die Drehbuchschreiber Schicht um Schicht der Figuren ab, lüften ein kleines Geheimnis nach dem anderen. Und machen das Trio so von Folge zu Folge liebenswerter, weil realistischer und menschlicher.

Martin Short
Der ehemalige Broadway-Regisseur Oliver träumt von einer triumphalen Rückkehr ins Showgeschäft, ist aber so gut wie pleite.

Zwei, die wissen, wie es geht

Das liegt auch sehr an den Darstellern, die ihre Rollen wundervoll spielen. Bei Steve Martin und Martin Short merkt man die jahrzehntelange Freundschaft in jeder Szene. Sie agieren so traumhaft sicher miteinander, da sitzt jede Nuance. Gerade das sich entwickelnde Verhältnis zwischen dem extrovertierten Oliver und dem zurückgezogenen, sich nur selten öffnenden Charles, ist ein Höhepunkt der Serie. Zwei alte Showhasen, von denen jeder stets besser weiß als der andere, was für ihren Podcast das beste ist, das sorgt für ein paar der lustigsten Szenen von Only Murders in the Building. Denn beide spielen Charaktere, die ihren persönlichen Stärken perfekt entsprechen.

Martin gibt den leicht melancholischen, aber im unpassenden Moment auch gern besserwisserischen Eigenbrötler mit traurigem Lächeln perfekt. Und Short ist als ständig leicht überdrehter Hektiker, der Leute an die Wand quasselt, ebenfalls eine Bank. Diese Rollen spielen beide seit viel Jahren und sie sind ihnen in Fleisch und Blut übergegangen. Wer also die Serie einschaltet, weil er Fan von einem der beiden ist, bekommt exakt das, was er erwartet. Selena Gomez schlägt sich gegen die beiden alten Comedy-Schlachtrösser aber wacker. Auch, weil ihre Rolle deutlich ernsthafter angelegt ist und sie hauptsächlich mit Sarkasmus punktet.

Selena Gomez
Die coole Mabel arbeitet in ihrer neuen Bleibe hauptsächlich ihre Vergangenheit auf.

Besonders die Running-Gags funktionieren sehr gut. Wenn Oliver Charles ein ums andere Mal beweist, dass die Leute ihn aufgrund seiner seltsamen Ansichten eigentlich nicht mögen. Oder Charles Mabel mit einem Monolog aus seiner alten Serie so verunsichert, dass sie ihm danach kaum noch etwas als echt abnimmt. Hier haben die Autoren um Jonas Hoffman, der die Serie zusammen mit Steve Martin entwickelt hat, einen guten Job gemacht. Und so kommen Comedy-Fans auch häufiger zu ihrem Recht als Krimifreunde. Denn der Plot um den Tod eines jungen Mannes in der Nachbarschaft dient zwar als Antrieb für die Hauptfiguren, ist selbst aber nur wenig originell ausgefallen. Das lässt sich angesichts des feinen Humors und toller Gastauftritte (wie etwa von Sting) gut verschmerzen.

Fazit:

Krimifans könnten von Only Murders in the Building ein wenig enttäuscht sein, denn der Fokus der Serie liegt eindeutig auf der Comedy. Dementsprechend bietet die Mörderjagd wesentlich mehr Witz als Spannung. Da sind die beiden Altstars Steve Martin und Martin Short allerdings genau in ihrem Element. Je länger die Serie läuft und desto vertrauter die Figuren miteinander werden, desto besser werden die flapsigen Sprüche und bissigen Kommentare. Selena Gomez rundet das Trio mit ihrer schnoddrigen Art und dem ohnehin deutlich ernsteren Part gut ab. So ist die Serie vor allem eine Empfehlung für Zuschauer, die Humor nicht mit dem Holzhammer brauchen und an ausgefeilten Dialogen und schöner Situationskomik ihren Spaß haben.

Only Murders in the Building startet am 31. August 2021 bei Disney+ mit einer Folge pro Woche.

Only murders in the building
Ein Todesfall im Haus schmiedet die drei True Crime-Fans schließlich zu einem Ermittlertrio zusammen.