Ewan McGregor

Serienkritik: Obi-Wan Kenobi

Eigentlich hätte der erste Jedi, den das Kinopublikum 1977 jemals zu sehen bekam, neue Abenteuer im Kino erleben sollen, ein Film war bereits geplant. Doch dann floppte „Solo“ derart hart, dass Disney seine Veröffentlichungspolitik überdachte und das Projekt auf Eis legte. Mit dem Erscheinen von „The Mandalorian“ hatten die Fans aber wieder Hoffnung, dass der einstige Lehrer von Anakin Skywalker vielleicht in einer Serie zurückkehrt. Und nun ist es tatsächlich soweit, die sechsteilige „Obi-Wan Kenobi“-Saga hat bei Disney+ begonnen. Wann spielt sie? Und wie gut ist sie? Das verrät die Kritik.

Obi-Wan Kenobi
Der ehemalige General und Jedi-Meister Obi-Wan Kenobi lebt ein unauffälliges Leben auf Tatooine, um Luke Skywalker im Auge zu behalten.

Die Handlung

Zehn Jahre sind vergangen, seit Obi-Wan Kenobi (Ewan McGregor) Luke bei dessen Onkel Owen (Joel Edgerton) abgegeben hat und sich selbst in die Wüste zurückzog, um das Kind aus der Entfernung zu bewachen. In diesen Jahren hat der einstige Jedi-Meister dem Kampf abgeschworen. Und sich gründlich dem einfachen Leben der Laute auf Tatooine angepasst, um nicht von den Inquisitoren des Imperiums aufgespürt zu werden. Denn neben Yoda ist Obi-Wan der wohl prominenteste Jedi, der noch lebt. Aber das Imperium schläft nicht, wie ein junger Jedi, der auf den Wüstenplaneten geflohen ist, um Kenobi zu finden, bald am eigenen Leibe erfahren muss. Denn Hilfe hat er vom einstigen Meister nicht zu erwarten – nur die Inquisitoren lauern.

Doch schließlich ist Obi-Wan doch noch gezwungen, seine sichere Deckung zu verlassen. Die junge Leia Organa (Vivian Lyra Blair) ist von Kopfgeldjägern entführt worden. Und ihr Vater, Senator Bail Organa (Jimmy Smits), bittet den einstigen General der Republik, Lukes Schwester zu finden und nach Hause zurückzubringen. Und so begibt sich Obi-Wan auf die Gangsterwelt Daiyu, wohin das Mädchen verschleppt wurde. Viel zu spät bemerkt er, dass es sich bei der Entführung um eine Falle handelt, die die extrem ehrgeizige Inquisitorin Reva (Moses Ingram) für ihn gestellt hat. Die konfrontiert den ehemaligen Jedi-Meister mit einer Information, die Obi-Wan bis ins Mark erschüttert …

Immer routiniert, manchmal richtig gut

Schon in den ersten Minuten der Serie wird deutlich, dass die Entscheidung zur Handlung klug getroffen wurde. Denn über seine Jahre auf Tatooine als Ben Kenobi gibt es in der Tat wenig Informationen. Und so lässt sich außer Kenobis Tod so ziemlich alles erzählen, was die Phantasie der Autoren hergibt. Das Duo Stuart Beattie („Fluch der Karibik“,“Collateral“) und Hossein Amini („Drive“, „The Alienist„) erschafft aus dieser Freiheit in nur wenigen Szenen eine spannende Grundlage für die sechsteilige Serie um den berühmten Jedi. Die Inquisitoren sind unangenehm fies, der Held desillusioniert und fast gebrochen. Und dann geht es auch noch um das andere Kind von Anakin, mit dem die Fans wohl eher nicht als wichtigem Teil der Handlung gerechnet hätten.

Regisseurin Deborah Chow, eine erfahrene TV-Serien-Spezialistin, hat keinerlei Mühe, die typischen Star Wars-Merkmale in ihrer Serie unterzubringen. Die Städte von Tatooine sind den Fans durch die Serien der letzten drei Jahre ohnehin mehr als vertraut. Und die Kleinigkeiten wie schräg aussehende Aliens in der Bar oder wunderliche Tiere im Wüstensand, die die Sage schon seit den Zeiten von George Lucas optisch geprägt haben, bindet auch Chow gekonnt ein. Die neue Welt Daiyu erinnert dann auch noch frappierend an das Los Angeles des Jahres 2019 aus „Blade Runner“ – nur der Dauerregen fehlt. Aber in welch gefährliche Umgebung sich Obi-Wan begeben hat, macht die Optik dennoch zweifelsfrei klar. So bekannte optische Versatzstücke überbringen die Botschaft an den Fan eben sehr schnell.

Obi-Wan Kenobi
Doch die Inquisitoren, die Jedi-Jäger des Imperiums, suchen auch zehn Jahre später immer noch nach Kenobi.

Ein starker Hauptdarsteller

Ein wichtiger Teil der Qualität liegt aber zweifelsfrei an Ewan McGregor. Die längeren Haare und der zauselige Bart transportieren sein Innenleben schon gut nach außen, sein Spiel tut es aber in noch sehr viel größerem Maße. Die Melancholie über die verlorene Größe der Jedi und die Hilflosigkeit angesichts der rabiaten Methoden der Inquisitoren gräbt sich sichtbar in McGregors Mimik. Er zeigt den einstigen Helden als demütigen, fast gebrochenen Helden, der sich mit seiner Rolle als Beobachter abgefunden hat. Und daher eher zögerlich wieder in einen aktiven Zustand wechselt, um Leia zu retten. Und ist in den Actionbereichen ungewohnt spannend, weil er ohne die Macht kämpft, um seine Anwesenheit nicht zu verraten, was ihm sichtbar schwer fällt.

So überdeckt McGregor die eine oder andere Schwäche des Plots. Denn nachdem The Mandalorian endlich Platz für graue Figuren im Star Wars-Universum schuf, kehrt Obi-Wan Kenobi wieder zu deutlich stärker ausgeprägtem Schwarz-Weiß-Denken zurück. Selbst wenn man nach zwei Episoden hinter der grausamen Reva eine mögliche Rückkehr zu den früheren Werten als Jedi-Jüngling vermuten kann. Der Auftakt verheißt zumindest keine wirklich entscheidende Veränderung im Star Wars-Universum. Was aber angesichts der Ansiedlung der Story zwischen den Teilen drei und vier auch nicht sehr wahrscheinlich war. Und mit der altklugen Leia, die dabei mal sehr niedlich, hin und wieder aber auch leicht nervtötend daherkommt, haben sich die Autoren auch nur bedingt einen Gefallen getan.

Joel Edgerton
Vor allem die ehrgeizige Reva greift zu rabiaten Mitteln, um Kenobi aus seinem Versteck zu locken.

Mehr Musik bitte!

Am meisten dürften Fans der großen Kino-Saga aber die unsterbliche Musk von John Williams vermissen, die hier nur in homöopathischen Dosen zum Einsatz kommt. Die neuen Klänge von Natalie Holt („Paddington“, „Loki“) sind gefällig. Sie lassen aber die Gravitas etwas vermissen, die Williams‘ Klänge auf dem Epic-O-Meter deutlich weiter oben ansiedeln. Fans werden sich dennoch über Ewan McGregors fulminante Rückkehr zu Star Wars freuen. Und auch die in der letzten Szene angedeutete Mitwirkung von Darth Vader (Hayden Christensen) mit einem Lächeln quittieren. McGregor selbst zeigt sich offen für weitere Staffeln, daher sollten Star Wars-Fans hoffen, dass die Quoten stimmen. Potenzial genug dafür ist jedenfalls vorhanden.

Fazit:

Die Abenteuer von Obi-Wan Kenobi beginnen zumindest solide. Mit Ewan McGregor verfügt die Serie über einen Fels in der Brandung, was sein Spiel angeht. Der Schotte zeichnet mit nur wenigen Szenen ein sehr genaues Bild vom Innenleben seiner Figur, das für die weitere Handlung von großer Bedeutung ist. Auch Moses Ingram als ebenso böse wie ambitionierte Jedi-Jägerin liefert einen starken Auftritt ab. Die junge Vivian Lyra Blair als zehnjährige Leia schießt hingegen manchmal übers Ziel hinaus. Und wirkt dann nicht mehr clever, sondern altklug. Die typische Star Wars-Art der Inszenierung ist ebenso vorhanden wie die klassischen Themen der Saga. Fans dürften sich also bereits nach den zwei ersten Episoden ganz wie Zuhause fühlen.

Obi-Wan Kenobi startet am 27. Mai 2022 bei Disney+ mit zwei Folgen und einer weiteren jeden Freitag.

Obi-Wan Kenobi
Denn Darth Vader hat mit seinem alten Meister noch eine Rechnung offen.