Halloween Ends

Filmkritik: Halloween Ends

Seit John Carpenter 1978 mit „Halloween“ den bis dahin eher als stilles Pflänzchen vegetierenden Slasher-Film einem breiten Publikum vorstellte und einen modernen Klassiker schuf, ist viel Zeit vergangen. So viel, dass jüngere Horrorfans den ersten Auftritt von Michael Myers gar als langweilig einschätzen, weil sie vor dem Original hundert Kopien gesehen haben und gar nicht einschätzen können, wie bahnbrechend Carpenters Film zu seiner Zeit war. Seither hat die Horrorreihe gleich drei Neustarts erfahren. Mit „Halloween H20“ wurden die Filme 4-6 gestrichen und nach Teil 2 neu erzählt. Dann kamen die beiden Remake-Filme von Rob Zombie, ehe nun mit der neuen Trilogie direkt nach Teil 1 neu angesetzt wurde. Jetzt soll mit „Halloween Ends“ der Spuk vorbei sein. Ein Ende mit Schrecken? Das klärt die Kritik.

Halloween Ends
Der junge Corey hat es nicht leicht. Nach einer furchtbaren Tragödie ist er der am meisten verfolgte Jugendliche in Haddonfield.

Die Handlung

Ausgerechnet zu Halloween macht der junge Corey (Rohan Campbell) als Babysitter die schrecklichste Erfahrung seines Lebens. Von da an ist der Teenager in Haddonfield eine Art Aussätziger, niemand will mit ihm etwas zu tun haben. Lediglich der Freund seiner Mutter lässt ihn auf seinem Schrottplatz arbeiten, doch überall sonst hält Corey den Kopf unten ist froh, wenn niemand ihn bemerkt. Als er drei Jahre nach der Schreckensnacht durch einen Unfall bei Allyson (Andi Matichak) landet, und die sich offenkundig für ihn interessiert, ist der junge Mann zutiefst verunsichert. Meint die Enkelin der berühmt-berüchtigten Laurie Strode (Jamie Lee Curtis) das wirklich ernst? Oder will sie Corey in eine Falle locken?

Laurie hat sich hingegen nach dem Tod ihrer Tochter (die in „Halloween Kills“ von Michael ermordet wurde) mittlerweile gesammelt und die Angst vor dem Halloween-Killer abgelegt. Sie lebt in einem ganz normalen Haus mit Enkelin Allyson, ganz ohne Fallen und Waffen, und schreibt sich in Form eines Buches ihre Gedanken und Gefühle von der Seele. Denn Michael ist seit jener Nacht verschwunden und nicht wieder aufgetaucht. Doch in diesem Jahr wird Halloween wieder blutig, denn ein unheimlicher Killer geht wieder um. Aber ist es wirklich der alte Michael? Oder gehen in Haddonfield dieses Mal ganz andere Dinge vor, als die meisten Einwohner glauben?

Abschied für Laurie Strode

Das Gute zu Beginn. Im Gegensatz zu den beiden Vorgängern, die nicht eine einzige neue Idee lieferten, sondern erst ein Quasi-Remake des Originals zeigte und im zweiten Film eine Art „Freitag, der 13.-Gemetzel nachlegte, hat Halloween Ends tatsächlich neue Ansätze. Warum die leider nichts taugen, dazu später mehr. Außerdem traut sich Regisseur David Gordon Green in seinem Film, an dessen Drehbuch er mitarbeitete, einen echten Schluss hinzulegen und so seinen Titel (erst einmal) zu rechtfertigen. Und er gönnt seiner Heldin ein würdiges Finale, über dessen genauen Inhalt hier aber nichts verraten wird. Mehr Gutes lässt sich allerdings in Greens letztem Film der Trilogie nicht finden.

Es beginnt damit, das der Film in der ersten Stunde Michael Myers gar nicht in die Handlung integriert. Wer also einen klassischen Halloween-Film sehen möchte, in dem sich der Killer durch Haddonfield metzelt, wird hier enttäuscht. Stattdessen tischt Green den Zuschauern eine Story auf, die eigentlich nur Kopfschütteln auslösen kann. Selbst wenn man der Grundidee über das Böse, das sich fortsetzt, durchaus wohlwollend gegenübersteht, so sollte es doch bitte deutlich besser geschrieben sein als das hier der Fall ist. Das Drehbuch präsentiert keine einzige Figur, die sich in irgendeiner Art nachvollziehbar entwickelt. Warum sich Allyson für Corey interessiert, wie Laurie ihren Frieden gemacht hat und warum Michael wie ein Pilz jahrelang in der Kanalisation herumsteht – darauf gibt es keine Antworten.

Jamie Lee Curtis
In den Jahren nach Michaels letztem Erscheinen hat Laurie ihren frieden gemacht und lebt unbeschwert mit ihrer Enkelin in einem Haus.

Wirres Script mit Hang zur Parodie

So ist Halloween Ends in der ersten Stunde eines seltsam flache und unlogische psychologische Studie, in der einem unwillkürlich immer wieder der Gedanke kommt, man sitze vielleicht doch in einer Parodie von Halloween. In den folgenden 45 Minuten erinnert der Film dann stärker an Halloween Kills, auch wenn er nicht ganz so explizit brutal ausfällt. Diese beiden Teile passen allerdings nie so richtig zusammen und dürften für mehr Stirnrunzeln als Begeisterung sorgen. Denn wer einen Film in der Tradition Carpenters erwartet, wird mit Halloween Ends kaum auf seine Kosten kommen. Ob es an den Ideen selbst liegt oder an den mäßigen Ausarbeitungen derselben, musss dabei wohl jeder Zuschauer für sich selbst beurteilen.

Natürlich lässt sich der Film aber auch ganz anders lesen. Indem man sämtlichen Handlungssträngen und Entscheidungen der Charaktere einfach keinerlei Bedeutung beimisst, sie nicht hinterfragt, sondern nur im Kino sitzt um zuzusehen, wie Michael Myers Leute umbringt. Denn dann könnte zumindest die letzte halbe Stunde des Films für den Rest halbwegs entschädigen. Was Green dem Publikum vorher auftischt, ist aber derart jenseits irgendeiner nachvollziehbaren Handlung, dass es kracht. Denn der Film versucht nicht einmal im Ansatz zu erklären, wie es zu den Ereignissen im Film kommen konnte, sondern stellt sich die Szenen jeweils so zusammen, dass Charaktere gerade da sind, wo man sie braucht – und plötzlich können, was sie können.

Andi Matichak
Doch als sich Allyson mit Corey einlässt, spürt Laurie eine Gefahr für ihre Enkelin und mischt sich ein.

Wie sich an den frühen Kritiken zeigt, ist die Bandbreite der Beurteilung hoch. Tatsächlich feiern manche die frischen Ideen, wenn man das denn so nennen kann, als innovativ und finden, Green würde erzählerische Grenzen ausloten. Das kann man sicher so sehen. Schließlich ist Halloween Ends nicht der erste Horrorfilm, der dem Publikum eine völlig sinnlose und wirre Story auftischt und Fans sich bemühen, irgendeine Metaebene zu finden, die das Geschehen doch erklären kann. Das klappt ganz sicher auch bei diesem Film. Besser macht es ihn nicht.

Fazit:

Ob Halloween Ends nun genauso schlecht ist wie der Vorgänger oder etwas besser oder schwächer, darüber lässt sich streiten. Fest steht hingegen, dass David Gordon Greens wohl letzter Film der Reihe über weite Strecken einen komplett hirnrissigen Plot verkaufen will, sich einen Dreck um glaubwürdige Charaktere kümmert und auch in Sachen Gewalt erst recht spät aufdreht. Dennoch wird er sicher seine Fans finden, denen das völlige Fehlen von Logik oder Glaubwürdigkeit als innovatives Erzähl-Element einleuchtet. Und immerhin bietet Greens Film zumindest in den letzten Minuten ein würdiges Ende der Reihe. Wenn es denn dabei bleibt. Denn sollte Halloween Ends genug Geld einspielen, wird es wohl weitergehen. Vermutlich als erneuter Reboot.

Halloween Ends startet am 13. Oktober 2022 in den deutschen Kinos.

Halloween Ends
Ob das Michael auf den Plan ruft? Fest steht, dass der Killer zurückkehrt, um sein Werk zu vollenden.