Sweethearts

Filmkritik: Sweethearts

Mit „SMS für Dich“ gab Karoline Herfurth 2016 ihr Regiedebüt – mit beachtlichem Erfolg. Nun legt die Berlinerin nach und präsentiert nach der Rom-Com mit „Sweethearts“ diesmal eine Gangster-Komödie, die neben witzigen Szenen auch ernste Momente hat. Und tauscht Leinwandpartner Friedrich Mücke („Ballon“) gegen Hannah Herzsprung. Kann die Schauspielerin auch mit ihrer zweiten Regie-Arbeit das Publikum überzeugen?

Im Theater gibt es zuallererst das Drama. Ob das eine Komödie oder Tragödie wird, hängt oft nur von wenigen Entscheidungen ab, wie schon William Shakespeare so brillant bewies. Karoline Herfurth nimmt sich mit dem Drehbuch von Monika Fäßler ebenfalls eine Story vor, die in vielen Szenen in beide Richtungen kippen könnte. Macht das Sweethearts zum sehenswerten Film oder bleibt die Produktion hinter den durchaus hohen Erwartungen an Regie und Schauspieler zurück?

Sweethearts
Ein Griff ins Klo! Geisel Franny, die sich Mel für eine erfolgreiche Flucht gegriffen hat, erweist sich als üble Nervensäge.

Sweethearts: Die Handlung

Franny (Karoline Herfurth) hatte keine sonderlich schöne Kindheit, nahm diesen Umstand aber auch noch sehr schwer. Heute ist sie eine völlig verhuschte junge Frau mit regelmäßigen Panik-Attacken, die vor so ziemlich allem Angst hat. Ausgerechnet sie wird von der allein erziehenden Mel (Hannah Herzsprung) als Geisel genommen, nachdem deren Raubüberfall bei einem Juwelier aus dem Ruder läuft. Franny stirbt allein in den ersten Minuten tausend Tode. Und nervt die eigentlich toughe Mel mit ihren Marotten und Anfällen fast zu Tode.

Doch statt Franny zu erschießen, lässt sie ihre Geisel am Leben, die sich dafür prompt rächt, indem sie die Beuteübergabe an einen Hehler komplett versaut. Weil nun selbst die harte Mel fast verzweifelt, regt sich in Franny die Hilfsbereitschaft. Und sie versucht, der jungen Frau, die das alles nur für ihr kleine Tochter geplant hat, irgendwie aus der Patsche zu helfen. Doch das ist leichter gesagt als getan. Auch weil das ungleiche Duo mit der SEK-Leiterin Ingrid (Anneke Kim Sarnau) den fiesesten Berliner Cop überhaupt an den Hacken hat …

Sweethearts: Mehr als Comedy

Ganz neu ist die Idee des Films natürlich nicht, ungleiche Paare, die sich irgendwie zusammenraufen, kennt das Kino schon lange. Ob im französischen Klassiker „Die Filzlaus“ von 1973 (bekannter ist das Remake „Budy, Buddy“ von Billy Wilder aus dem Jahr 1981), oder auch der deutsche „Knocking on Heaven’s Door“ mit Til Schweiger und Jan-Josef Liefers. Der Plot allein ist es also nicht, der Sweethearts zum sehr ansehnlichen Film macht. Denn Regisseurin und Hauptdarstellerin Karoline Herfurth macht auch andere Dinge richtig.

So gelingt es ihr regelmäßig, das gute Drehbuch so umzusetzen, dass nicht die handelnden Personen lustig bis lächerlich sind, sondern der Humor durch den Kontext der Szene entsteht. Und das ist meist sehr viel nachhaltiger witzig als kurze, klamaukige Einlagen. Mit denen sich der Film auch wohltuend zurückhält. Dazu hat Herfurth wie schon bei SMS für Dich erneut ein gutes Händchen für ihre Kollegen vor der Kamera bewiesen. Denn die so oft beschworene Chemie zwischen den Darstellern passt hier perfekt – und trägt weite Teile des Films.

Sweethearts
Zudem setzt sich nicht nur bald Streifenpolizist Harry auf die Spur des Duos …

Sweethearts: Starke Hauptrollen, witzige Nebenrollen

Herfurth und Herzsprung bieten als Duo wider Willen das Kernstück der Geschichte und spielen ihre Rollen stark. Lediglich Frannys allzu schnelle Heilung ihrer Panik-Attacken ist im Drehbuch nicht wirklich elegant gelöst, die allein erziehende Mel mit derber Sprache und trotzigem Kampfgeist ist dafür umso besser gelungen. Auch Frederick Lau als Streifenpolizist Harry mit Vergangenheit zu Ingrid – und einer Schwäche für Franny – , bekommt ein paar wundervolle Szenen, in der er seine Stärken ausspielen darf. Die komödiantischen Spitzen setzen aber andere.

Da ist zum einen Harrys Kollege, der mit seinem Säugling zum Streifendienst erscheint und ein paar der besten One-Liner im ganzen Film präsentiert. Und Anneke Kim Sarnau als notorisch fiese Ingrid, die jedes lebende Wesen in ihrer unmittelbaren Umgebung schon deshalb beleidigt oder anschnauzt, weil es atmet. Wie Sarnau durch den Film poltert, ist eine Schau, der gut geschriebenen Rolle sei Dank. Dass Sweethearts trotz der eigentlich ausgelaugten Grundidee auch überrascht, liegt aber daran, dass die Stimmung jederzeit kippen könnte.

Denn aus der anfangs eher harmlosen Story entwickelt sich immer mehr ein Szenario, das auf ein mögliches „Thelma und Louise“-Ende zusteuert. Immer wieder ertappt man sich bei dem Gedanken, ob die gefährlicher werdende Odyssee von Franny und Mel wirklich ein gutes Ende nehmen kann. Herfurth gelingt dieser Tanz auf der Klinge zwischen Komödie und Drama ausgezeichnet und macht damit die eine oder andere zu langatmige oder gezwungen lustige Szene im zweiten Akt mehr als wett. 

Fazit:

Diese Sweethearts haben Charme! Trotz nicht allzu origineller Buddy-Movie-Grundidee holen Regisseurin Karoline Herfurth und Autorin Monika Fäßler etliche gute Momente aus ihrer Story. Was sie neben der ausgezeichneten Darsteller-Riege auch ihrem Mut zu spannender Ambivalenz zu verdanken haben. Denn ob die Sache für das Chaos-Duo wirklich gut ausgeht, daran sät Herfurth sehr gelungen immer wieder Zweifel. Was neben einigen Humor-Perlen auch für ordentlich Spannung sorgt. Und Sweethearts zum sehenswerten Film macht.

Sweethearts startet am 14. Februar 2019 in den deutschen Kinos.

Sweethearts
… sondern mit SEK-Leiterin Ingrid auch noch der fieseste Cop von ganz Berlin. Kann das gut gehen?