Ad Astra

Filmkritik: Ad Astra

Obwohl Brad Pitt zu den großen Stars Hollywoods zählt, spielt er nur sehr selten in echten Blockbustern mit, die von vornherein auch so geplant waren. Viel lieber scheint der 55-jährige in Filmen mitzuwirken, die ihn persönlich interessieren – und in die er oft als Produzent auch eigenes Geld steckt. So ein Film ist auch „Ad Astra“, in dem Pitt nicht nur die alleinige Hauptrolle spielt, sondern auch mitproduziert hat. Der Trailer verkauft den Film als durchaus actionlastige Space-Opera, aber stimmt das?

Regisseur James Gray, der auch am Drehbuch mitschrieb, ist bislang nicht unbedingt als massentauglicher Actionregisseur aufgefallen. So war sein vorheriger Film „Die versunkene Stadt Z“ eine spröde, aber stets interessante Biographie des bei uns weitgehend unbekannten Forschers Percy Fawcett. Der kam zwar bei den Kritikern gut weg, spielte seine 30 Millionen Dollar Kosten in den Kinos langte nicht wieder ein. Trotzdem bekam Gray diesmal etwa 85 Millionen, um Pitts Trip an den Rand des Sonnensystems zu inszenieren. Was erwartet den Zuschauer mit Ad Astra?

Ad Astra
Astronaut Roy McBride soll seinen verschollenen Vater finden – und so die Erde retten.

Ad Astra: Die Handlung

Die nahe Zukunft. Nasa-Astronaut Roy McBride (Brad Pitt) wird für einen sehr sensiblen Job vom Militär ausgesucht. Das hat aber weniger mit seinen herausragenden Fähigkeiten zu tun, angesichts tödlicher Gefahren völlig ruhig zu bleiben, sondern mit seiner Herkunft. Denn die elektromagnetischen Stürme, die das ganze Sonnensystem zu zerstören drohen, kommen möglicherweise von einem verschollenen Forschungsschiff der Erde. Und das hat Roys Vater Clifford (Tommy Lee Jones) befehligt. Roy soll seinen Vater dazu bringen sich zu melden, falls er noch lebt.

Und so begibt sich McBride als Linienflug-Passagier zuerst zum Mond. Von dort soll er mit einem Raumschiff bis zum Mars weiterfliegen, um seinem Vater eine Botschaft zu senden, auf die der hoffentlich antwortet – und somit endlich zu orten ist. Für Roy wird diese Reise aber nicht nur zu einem lebensgefährlichen Abenteuer in den unendlichen Weiten des Alls, sondern auch zu einem Trip in seine eigene Vergangenheit – und dem Kern seiner Persönlichkeit …

Ad Astra: Kein Actionkracher

Warum der Trailer den Eindruck macht, als zöge Brad Pitt in einen Kampfeinsatz, weiß wohl nur das Studio. Wer ins Kino geht, um eine actionreiche Space-Opera zu sehen, ist jedenfalls im falschen Film. Wie schon Die versunkene Stadt Z ist Ad Astra ein ruhiger, manchmal regelrecht kontemplativer Film, der mit nur wenigen Actionszenen aufwarten kann. Und auch sichtbar nie darauf ausgelegt war, eine Abenteuerstory zu erzählen. Obwohl der Film wunderschöne Bilder des Weltalls bietet, Kameramann van Hoytema  drehte auch „Interstellar“ für Christopher Nolan, geht es Gray um Roys innere Reise.

Und um die möglichst wenig rätselhaft zu gestalten, greift Gray auf ein Stilmittel zurück, dass das Studio 1982 auch einem heutigen Meilenstein der Science Fiction aufdrückte. Wie bei „Blade Runner“ kommentiert der Protagonist das Geschehen – und mehr – aus dem Off. Ob es auch diesmal eine Studio-Entscheidung war, um die Handlung besser verständlich zu machen, oder ob Gray das selbst so wollte, ist nicht bekannt. Fest steht nur: Nötig ist die Off-Stimme nicht, um dem Geschehen folgen zu können. Sie stört meist aber auch nicht.

Ad Astra
Bereits auf dem Mond wird Roys Mission lebensgefährlich.

Ad Astra: Minimalistischer Pitt

Vielleicht hielt das Studio die Erklärungen für nötig, weil sich aus Brad Pitts Gesicht nur wenig über den Gemütszustand des Protagonisten ablesen lässt. Der Schauspieler legt seine Figur bewusst minimalistisch an. Schon zum Auftakt sieht der Zuschauer, dass bei einem tragischen Unfall auch Roy in Lebensgefahr gerät – und sein Puls dennoch keine Sekunde über 85 steigt. Diese stoische Ruhe, die der Charakter ausstrahlt, behält er fast den gesamten Film über bei, wirkt selbst in den wenigen Actionszenen fast unbeteiligt.

Und erst im Lauf seiner Reise an den Rand des Sonnensystems setzen sich seine Erinnerungen und Monologe für das Publikum langsam zu einem Bild zusammen, das den Charakter als in mehrfacher Hinsicht verwundet zeigt. Mit wie wenig Mitteln Pitt das transportiert, zeigt das Können des 55-jährigen, der dadurch aber sicher nicht jeden Zuschauer wirklich abholt und mitnimmt. Für manche dürfte Ad Astra ein sterbenslangweiliger Film sein, denn besonders viel Handlung oder gar Überraschungen hält er nicht bereit.

So bleibt ein in exzellente Bilder gekleideter Arthouse-Film, der seinen Helden auf seiner inneren und äußeren Reise begleitet. Und mit Mainstream eigentlich wenig zu tun hat. Dennoch sitzt James Grays Film zwischen den Stühlen. Für ein Arthouse-Publikum wird Ad Astra vor allem am Ende ein wenig zu platt. Ein Mainstream-Publikum dürfte sich größtenteils langweilen, denn Gray konzentriert sich sehr auf seine Hauptfigur und dessen Innenleben und erzählt eine nur mäßig spannende Geschichte. So bleibt für beide nur die lohnende Optik. Und ein paar starke Schauspieler in kleinen Nebenrollen wie Donald Sutherland oder Ruth Negga.

Fazit:

Es ist nicht Fisch und nicht Fleisch, was James Gray da mit Ad Astra dem Kinogänger auftischt. Zu kopflastig für ein Actionpublikum, zu flach für Arthouse-Freunde und zu wenig interessante Sci-Fi für Genre-Fans. So bleiben nur die grandios schönen Bilder, auf die sich wohl alle Zuschauergruppen verständigen können. Vermutlich wäre es besser gewesen, Gray hätte sich mehr auf eine Zielgruppe fokussiert – und denen dann einen richtig guten Film präsentiert. So bleibt trotz eines starken Brad Pitt zu wenig hängen, um wirklich nachhaltig zu beeindrucken.

Ad Astra startet am 19. September 2019 in den deutschen Kinos.

Ad Astra
Vom Mond aus geht Roys Trip weiter zum Mars, doch auch dort ist noch nicht Schluss.