Auf der einen Seite hat sich Netflix in den meisten ihr Filmproduktionen nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert. Auf der anderen Seite haben sie aber auch ein paar sehenswerte Storys geschaffen. Mit „Die Kunst des toten Mannes!“ mischt Regisseur und Drehbuchautor Dan Gilroy („Nightcrawler“) eine klassische Horror-Geschichte mit einer Satire über die blasierte Kunstszene von Los Angeles. Funktioniert diese Mischung?
Kunst und Horror – das sind zwei Welten, die nicht unbedingt häufig zusammenfinden. Daher sind die wenigen Ausnahmen auch recht bekannt. So wie „Das Bildnis des Dorian Gray“ von Oscar Wilde. Oder „Pickmans Modell“, eine Kurzgeschichte von H. P. Lovecraft. Gilroy genügte es allerdings nicht, Horror und Kunst zusammen zu bringen, er fügte in Die Kunst des toten Mannes noch satirische Elemente hinzu. Und macht sich über den Kunstbetrieb lustig, der nur am Produkt interessiert ist, für das man eine Menge Geld bekommen kann. Wird daraus ein spannender Film?
Die Kunst des toten Mannes: Die Handlung
Kunstkritiker Morf Vandewalt (Jake Gyllenhaal) staunt nicht schlecht, als ihm Galeristin – und Wunschobjekt seiner sexuellen Phantasien – Josephina (Zawe Ashton) ein paar Bilder ihres Nachbarn zeigt, der kürzlich verstarb. Der alte Mann malte seit Jahrzehnten Gemälde, und Morf sieht schnell, wie einzigartig sie sind. Da ist eine Menge Geld zu machen! Daher sichert sich Josephinas Chefin Rhodora (Rene Russo), bei der sie in Ungnade gefallen war, schnell wieder ihre Dienste. Und Morf verspricht sie Unterstützung für ein Buch über den Künstler.
Allerdings lässt sich über den toten Ventro Dease kaum etwas herausfinden. Und was Morf schließlich doch entdeckt, ist eher verstörend als hilfreich. Dennoch reißt sich die Kunstwelt um die Bilder des toten Künstlers. Als eines Abends ein Angestellter von Rhodora spurlos verschwindet, denkt sich niemand etwas dabei. Weil dann aber weitere Menschen sterben, die in der Kunstszene tätig waren und mit den Bildern zu tun hatten, wird Morf langsam stutzig. Liegt ein Fluch auf diesen Gemälden?
Die Kunst des toten Mannes: Unentschieden hilft niemandem
Auf der einen Seite präsentiert Gilroy seinem Publikum einige bissige Spitzen in einer ansonsten reichlich harmlosen Satire über die Blasiertheit des Kunstbetriebes. Auf der anderen Seite erzählt er in Ansätzen eine relativ konventionelle Horrorstory, die allerdings nur wenig Fleisch auf die Knochen bekommt. Beide Geschichten bringt Gilroy aber fast nie zusammen. So stehen die wenigen pointierten Dialoge der Satire den durchaus innovativen Morden des Horror-Elements im Film weitgehend teilnahmslos gegenüber. Und finden keine gemeinsame Linie.
Stattdessen graben sich die Ansätze gegenseitig das Wasser ab. Die Horrorstory, die zwar keineswegs einfallsreich ist, hier aber so kurz gehalten wird, dass sie auch keine Chance hat, interessant zu werden, funktioniert kaum als Spannungsbogen. Und die milden Prügel auf die Kunstszene laufen sich ebenfalls bald tot und haben bereits nach 30 Minuten nichts Neues mehr zu sagen. Nur ganz selten, wenn etwa ein Galerist den Müllsack eines Künstlers als innovatives Werk deklariert, wird es mal witzig – dann aber auch gleich recht flach.
Die Kunst des toten Mannes: Sehenswerte Schauspieler
Stärker wird Gilroy dann, wenn er seine Schauspieler ihre Figuren erkunden lässt. So ist Jake Gyllenhaal als Kritiker, der im Lauf der Geschichte beginnt, seinen eigenen Status innerhalb seiner gesellschaftlichen Blase zu reflektieren, absolut sehenswert. Mit viel Verve spielt er den arroganten, bisexuellen Schöngeist, der sich als nicht käuflich gibt, für Gefallen aber fast alles tut. Und als einer der wenigen Charaktere im Film tatsächlich eine Art Verwandlung durchmacht – wie sein Vorname bereits vorgibt.
Auch Rene Russo als ehemalige Punk-Musikerin, die nun mit hohlen Phrasen als Galeristin ein Vermögen verdient – und darüber insgeheim beschämt ist, funktioniert in Die Kunst des toten Mannes recht gut und hat ein paar starke Szenen. Als schöner Running Gag erweist sich auch Natalia Dyer („Stranger Things“), die als Landei Coco regelmäßig die Opfer der Dease-Bilder finden muss – und jedesmal komplett ausrastet. Der Rest der Charaktere bleibt blass, John Malkovichs Figur des trockenen Ex-Alkoholikers und Künstlers Piers ist sogar komplett überflüssig.
Horror und Humor passen durchaus zusammen, das haben schon etliche Regisseure bewiesen. Die Unterart der Satire hingegen steht zumindest in Die Kunst des toten Mannes aber eher auf Kriegsfuß mit dem Genre des Unheimlichen. Denn Spannung sollte schon aufkommen, wenn gruselige Dinge vor sich gehen. Und im besten Fall sollte den Zuschauer sogar der Hintergrund dieser Vorgänge interessieren. Beides kann der Film nicht bieten. Und die wenigen lustigen Momente machen aus 110 Minuten Unentschlossenheit auch keine gute Satire.
Fazit:
Als Satire selten witzig, als Horrorfilm nicht gruselig. Die Kunst des toten Mannes arbeitet sich daran ab, zwei Genres zusammenzuführen, die sich hier gegenseitig stören, statt sich zu ergänzen. Lediglich für Fans der beiden Hauptdarsteller lohnt sich das Einschalten, Gyllenhaal und Russo können in ihren Rollen überzeugen. Hätte Dan Gilroy sich ein wenig mehr getraut, wäre die Sache sicher interessanter geworden. So bleibt ein Film der verschenkten Möglichkeiten, der viel zu harmlos ist, um satirisch oder unheimlich zu schocken.
Die Kunst des toten Mannes startet am 1. Februar bei Netflix.
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