Cloak and Dagger

Serienkritik: Cloak and Dagger

Marvel und kein Ende! Nachdem der ehemalige Comicverlag und jetzige Global Entertainer im Besitz von Disney schon seit Jahren die Kinocharts beherrscht, kommen nun auch immer mehr TV-Serien dazu. Im Fall von „Cloak and Dagger“ haben sich die Macher eher unbekannte Superhelden aus dem reichhaltigen Fundus gesucht. Was kann die Serie um einen schwarzen Jungen und ein weißes Mädchen, die vom Schicksal zusammengeschmiedet wurden?

Es müssen nicht immer die bekanntesten Helden sein, die den großen Erfolg bringen. Das weiß Marvel schon seit 1998, als eine Nebenfigur einer wenig erfolgreichen Comicserie um den berühmten Vampir Dracula im Kino Kasse machte: Blade. Der Halbvampir, der nie eine eigene Serie hatte und wohl nur den härtesten Marvelfans vor dem Film überhaupt bekannt war, bekam zwei Fortsetzungen und eine TV-Serie, ehe der Stern wieder sank. Auch Cloak and Dagger haben keine große Comic-Karriere hingelegt, erhalten aber jetzt eine zehnteilige, erste Serienstaffel, die in Deutschland bei Amazon Prime laufen wird. Sollten Marvel-Fans einschalten?

Cloak and Dagger
Der entscheidende Moment: Durch Körperkontakt aktivieren Tandy und Tyrone ihre Fähigkeiten.

Cloak and Dagger: Die Handlung

Schon als Kinder haben Tandy und Tyrone eine kurze, aber schicksalhafte Begegnung. Während Tyrone mitansehen muss, wie sein älterer Bruder am Hafen von Cops erschossen wird und hinterher springt, um ihn zu retten, hat Tandys Vater einen tödlichen Autounfall, während seine Tochter hinten im Wagen sitzt. Der schleudert das Auto ins Meer und Tandy wäre ertrunken, hätte Tyrone sie nicht gerettet. Doch danach verlieren sich die beiden aus den Augen.

Jahre später ist Tandy (Olivia Holt) durch den nie verwundenen Verlust auf die schiefe Bahn geraten und mit ihrem Freund Liam (Carl Lundstedt) eine gewiefte Betrügerin geworden. Tyrone hingegen besucht eine Eliteschule, trägt aber noch immer Schuldgefühle mit sich herum. Als sich die beiden, ohne sich wieder zu erkennen, auf einer Prty aufeinandertreffen, klaut Tandy Tyrone sein Geld. Bei der Verfolgung berühren sie sich kurz und das Unglaubliche geschieht: Tandys Hand beginnt, grell zu leuchten, während Tyrone von einer dichten Dunkelheit umwabert wird …

Cloak and Dagger: Große Unterschiede zum Comic

Für die Serie, die in den USA auf dem Sender Freeform (ehemals ABC Family) läuft, haben die Macher viel verändert. In der Comic-Origin sind Tandy und Tyrone zwei Ausreißer in New York, die einander kennen lernen und mögen. Sie werden von der Mafia entführt und sie bekommen experimentelle Drogen verabreicht. Alle außer Tandy und Tyrone sterben dabei, die beiden entwickeln danach ihre Kräfte: Tandy kann Lichtdolche erzeugen und abfeuern, Tyrone seine Gegner in eine Art dunkle Dimension schicken und durch sie auch an andere Orte teleportieren.

Vor allem aber bilden die beiden eine Art Einheit. Denn Tyrones Hunger nach Leben wird durch Tandys Fähigkeit gemildert. Nur wenn sie gegenseitig ihre Kräfte auf den anderen anwenden, was sie meist in engem Körperkontakt tun, geht es ihnen besser. Das hatte für die 80er-Superheldencomics sehr eindeutige, sexuelle Obertöne, die es natürlich nicht ins familienfreundlich Freeform geschafft haben. in den Comics jagen die beiden elternlosen Kids auch meist keine Superschurken, sondern Drogendealer, um anderen ihr eigenes Schicksal zu ersparen. Auch da tickt die Serie ganz anders.

Cloak and Dagger
Tyrone hat als Kind Tandy vor dem Ertrinken gerettet, sie danach aber nie wiedergesehen.

Cloak and Dagger: Nur die Grundidee

Hier gibt es noch Tandys Mutter, Tyrone hat noch beide Elternteile. Und die Serie beschäftigt sich nicht nur mit den Beziehungen des Heldenduos zu den Eltern, sondern lässt Drogen völlig außen vor. So jagt Tyrone noch immer den Mörder seines Bruders, während Tandy versucht, ihrem kriminellen Leben zu entkommen. Und das erzählt Cloak and Dagger nicht gerade zügig, um es vorsichtig zu formulieren. Am Ende der dritten Folge sind die beiden Teenies gerade einmal soweit, endlich zu besprechen, was eigentlich mit ihnen geschieht.

Das heißt aber nicht, dass die Serie langweilig wäre. Denn Showrunner Joe Pokaski („Heroes“) füllt die Episoden schlüssig mit Nebenplots und führt weitere Figuren ein, wie die harte Polizistin Brigid oder den schmutzigen Cop Conners. Und lässt seine beiden Helden in Form von Visionen die Vergangenheit des anderen erforschen. Dazu machen die Regisseure und Kameraleute ebenfalls einen guten Job und fangen viele dieser Momente auch optisch ansprechend ein.

Wer auf Superhelden steht, wird allerdings in den ersten Folgen etwas kurz gehalten. Denn so richtig viel von Cloak and Dagger ist da noch nicht zu sehen. Die wenigen Szenen sehen aber gut aus und machen Appetit auf später, wenn das Duo dann hoffentlich richtig Gas gibt. Hier ähnelt die Serie den „Runaways“, die nicht nur ähnliche Sorgen haben, sondern auch genauso ruhig aufgebaut werden. Und hier wie dort machen die jungen Schauspieler einen guten Job, der auch dafür verantwortlich ist, dass man wissen will, wie es mit ihnen weitergeht.

Fazit:

Nach drei Folgen (von zehn) bewegt sich Cloak and Dagger auf einem ansprechenden, aber noch nicht spektakulären Niveau. Dazu muss die im Vergleich zu den Comics deutlich themenentschärfte Serie noch zulegen. Aber die Chemie zwischen den Helden stimmt und die Serie legt genug interessante Plots an, um für spannende Unterhaltung zu sorgen. Etwas mehr Superhelden-Action wäre aber schön.

Cloak and Dagger läuft ab dem 8. Juni 2018 auf Amazon Prime mit einer neuen Folge pro Woche.

Cloak and Dagger
Licht aus der Hand? Tandy kann ihre neuen Fähigkeiten weder kontrollieren noch fassen.