Verschwörung

Filmkritik: Verschwörung

Die US-Versionen von Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist ermitteln wieder! Nachdem „Verblendung“ 2011 trotz guter Qualität unter den Erwartungen von Studio Sony blieben, kippen die Japaner Teil zwei und drei der Saga gleich ganz und präsentieren mit „Verschwörung“ den vierten Roman der Reihe als neuen Film. Kann Regisseur Fede Alvarez („Don’t Breathe“) mit der Umsetzung überzeugen?

Wäre es nach Autor Stieg Larsson gegangen, hätte es diesen Film nie gegeben. Denn der im Jahr 2004 verstorbene Schriftsteller und Journalist hatte seiner Lebensgefährtin gesagt, dass nach seinem Tod niemand an weiteren Salander-Romanen arbeiten dürfe – die hochintelligente Hackerin hätte mit ihrem Schöpfer sterben sollen. Doch das schwedische Gesetz sieht es anders. Weil sie nicht verheiratet waren, hatte Larssons Lebensgefährtin keine Rechte an seinem Werk. Die gingen an Vater und Bruder, die sie einem Verlag verkauften. Verschwörung ist das Ergebnis.

Verschwörung
Mikael Blomkvist wird im neuen Film zur kleinen Nebenrolle degradiert.

Verschwörung: Die Handlung

Nach den Vorkommnissen aus Teil drei ist Lisbeth Salander (Claire Foy) zwar fast eine öffentliche Person, dennoch lebt sie ihr Leben weiter. Sie zieht nachts durch die Clubs, sucht sich gelgentlich eine Partnerin –  und kämpft weiterhin gegen Männer, die ihre Frauen misshandeln. Als der Wissenschaftler Frans Balder (Stephen Merchant) sie um Hilfe bittet, ist sie deshalb auch zuerst ablehnend. Doch der Mann hat ein Programm geschrieben, das sämtliche Nuklearwaffen hacken kann und so willigt Lisbeth doch ein, sich mit der CIA anzulegen, die das Programm bei Balder bestellt hatte.

Schnell muss Lisbeth aber feststellen, dass sie nicht nur den US-Geheimdienst im Nacken hat, sondern auch eine andere Organisation an dem Programm interessiert ist – und dafür über Leichen geht. Als sie selbst nur knapp einem Mordanschlag entgeht, wird ihr klar, dass sie hier alleine nicht weiterkommt. Und so kontaktiert sie ihren ehemaligen Partner und Liebhaber Mikael Blomkvist (Sverrir Gudnason). Die Spur der gnadenlosen Bande, die Lisbeth auf den Fersen ist, spürt in die Vergangenheit der Hackerin …

Verschwörung: James Bond Light

Rasante Verfolgungsjagden mit dem Motorrad auf Eis und Schnee, wilde Schusswechsel, harte Prügeleien. Dazu ein wenig Sex, technische Spielereien und ein Plot, bei dem die Sicherheit der gesamten Welt auf dem Spiel steht. Wüsste man es nicht besser, man müsste Verschwörung aufgrund dieser Beschreibung eigentlich für einen James Bond-Film halten. Und genau so hat Regisseur Alvarez den Film auch inszeniert. Wer weder die Romane noch die anderen Verfilmungen der Stoffe kennt, hat damit vielleicht nicht einmal ein großes Problem.

Wer aber mit den Büchern und den guten Umsetzungen mit Noomi Rapace oder Rooney Mara vertraut ist, der fragt sich zurecht, wo er hier eigentlich hineingeraten ist. Denn mit der Jagd nach einen fiesen Serienkiller (wie in Teil eins) oder einer korrupten Geheimdienst-Abteilung (wie in Teil zwei und drei) hat dieser Hochglanz-Thriller nicht mehr viel zu tun. Stattdessen tischt Alvarez, der auch am Script mitschrieb, in der Umsetzung des Romans von David Lagercrantz eine Story auf, die tatsächlich eher in einen Bond- oder „Mission Impossible“-Film passt.

Verschwörung
Verfolgungsjagden statt Detektivarbeit: Die neue Verfilmung setzt auf Action.

 Verschwörung: Kein Larsson-Feeling

Gegen diese beiden Serien kann Alvarez weder mit seinem Budget noch mit seiner Story konkurrieren. Und so wirkt Verschwörung trotz des düsteren Plots und durchgehend edel gefilmter Bilder manchmal regelrecht ein wenig albern. Denn gerade die Dinge, die Stieg Larssons Faszination ausmachten, ignorieren Studio und Regisseur hier völlig. So war Larsson als investigativer und sehr politischer Journalist immer auch an sozialen Themen interessiert, die in seinen Romanen auch eine große Rolle spielten. Dieser Aspekt fehlt dem Film völlig.

Und aus der Lisbeth, die Larsson erfand, und die zwar hochintelligent, aber eben auch sozial nur wenig kompatibel war, macht der Film eine Frau, die eigentlich alles kann, was gerade gebraucht wird. So nimmt Alvarez der Figur viel Tiefe und Verletzlichkeit, was die neue Lisbeth zu einer recht beliebigen Heldin macht. Die arme Claire Foy kann dafür noch am wenigsten. Sie bekommt als einzige genug Zeit, einen Charakter mit Ecken und Kanten zu zeigen, hat aber im Drehbuch schlicht nicht genug Material dafür.

Und so ist Verschwörung ein halbwegs akzeptabler, aber letztlich sehr austauschbarer Spionage-Thriller, der mit der ursprünglich Faszination und der Kälte der Buchreihe nicht mehr viel zu tun hat. Und so wohl weder Action-Freunden noch Fans der Romane wirklich gefallen wird. Offenbar wollte das Studio einen sicheren Weg für einen Hit wählen, was hier nicht sonderlich gut funktioniert hat. Immerhin besteht so die Chance, dass der fünfte Roman, den Lagercrantz bereits veröffentlichte, nicht zum nächsten Film wird.

Fazit:

Obwohl Claire Foy ihr Bestes gibt, hatte die Welt so eine Lisbeth Salander nicht gebraucht. Von der extrem scheuen Soziopathin bleibt nur wenig übrig, stattdessen schickt Regisseur Alvarez Lisbeth in eine One-Woman-Show mit Agenten-Attitüde, mit der Larsson-Fans nur sehr wenig anfangen können. Auch der Reboot der Millennium-Reihe dürfte so an den Kinokassen kein Erfolg werden. Für Alvarez ist Verschwörung nach zwei gelungenen Filmen der erste Karriere-Knick.

Verschwörung startet am 22. November 2018 in den deutschen Kinos.

Verschwörung
Diesmal muss Lisbeth mit ihren Hackerfähigkeiten gleich die freie Welt retten.