Wenn der ehemalige Turmspringer Jason Statham einem Regisseur seine Schauspiel-Karriere verdankt, dann ist es der Brite Guy Ritchie. Ritchie besetzte Statham 1995 in seiner Gangster-Komödie „Bube, Dame, König GrAS“ und später auch in „Snatch – Schweine und Diamanten“, wenn auch noch nicht als Actionstar. Nach „Revolver“ (2005) trennten sich die Wege von Ritchie und Statham für einige Jahre, doch nun kamen die beiden für „Cash Truck“, das Remake des gleichnamigen französischen Thrillers aus dem Jahr 2004, wieder zusammen. Passt die Verbindung immer noch? Auch, wenn der typische Humor früherer Gangsterfilme hier fehlt? Das verrät die Kritik.
Die Handlung
Ein Geldtransporter wird überfallen. Was eigentlich schnell und leise ablaufen soll, eskaliert plötzlich total und hinterlässt neben zwei toten Wachleuten auch einen erschossenen Zivilisten. Fünf Monate später bewirbt sich der wortkarge Patrick Hill (Jason Staham) bei dem Geldtransport-Unternehmen und wird nach dem Eignungstest von „Bullet“ Blaire (Holt McCallany) auch eingestellt. Obwohl der Neue durch seine schroffe Art bald bei einigen Kollegen aneckt, wird er nach einem Überfall, den „H“, wie Bullet ihn nennt, im Alleingang verhindert, schnell zum neuen Helden der Firma. Doch ein paar der Wachen, wie der junge Dave (Josh Hartnett) und die toughe Dana (Niamh Algar), trauen H nicht zu 100 Prozent über den Weg.
Wie sich zeigt, verfolgt der Einzelgänger tatsächlich eigene Pläne. Es scheint, als würde H nur darauf warten, dass jemand versucht, einen Cash Truck zu überfallen. Um dann die Verbrecher ohne mit der Wimper zu zucken umzulegen. Was den Chef der Firma freut, führt bei seinen Kollegen bald immer mehr zu Irritationen. Ist H lebensmüde? Oder ein Adrenalinjunkie? Tatsächlich hatte H ganz besondere Gründe, als Wache bei der Firma einzusteigen …
Kein Typischer Guy Ritchie-Film
Obwohl Guy Ritchie am Drehbuch mitarbeitete, ist Cash Truck, der nur lose auf dem Original basiert, kein typischer Gangsterfilm des Briten. Denn der trockene Humor, der einige seiner Thriller trotz mancher Härte eher zu Komödien machte, fehlt hier komplett. Cash Truck ist nicht nur todernst, er verblüfft auch mit Dialogen, die eher nach einem Stallone-Film aus den 80ern klingen als nach dem eigentlich sehr wortgewandten Ritchie. Finsterer Trash-Talk auf ganz viel Testosteron bestimmt den ersten der vier Teile, in die der Film gegliedert ist. Das ist so flach, dass es fast schon wieder lustig ist – aber eben nur fast. Nur gut, dass der Film nach dem mäßigen ersten Viertel dann doch deutlich zulegen kann.
Denn im zweiten Teil des Films klärt Ritchie über Hs Hintergrund auf und lässt die tragischen Ereignisse, die zum Status Quo führten, Revue passieren. Im dritten Teil begegnet das Publikum dann erstmals den Antagonisten der Story, bevor beide Gruppen im vierten und letzten Part des Films mit Wucht aufeinandertreffen. Und sämtliche Dialoge ab diesem Moment ohnehin obsolet sind. In Cash Truck sprechen oft Waffen statt Charaktere. Allerdings geschieht das nie mit einer ironischen oder humorvollen Brechung, wie Fans das eigentlich von Guy Ritchie kennen. Die Handschrift des Regisseurs, der neben seinen Gangster-Satiren auch für Blockbuster wie „Sherlock Holmes“ oder das Remake von „Aladdin“ steht, ist in Cash Truck so gut wie nicht zu finden.
Statham in seinem Element
Dafür bekommen Fans von Jason Statham exakt das, was sie von ihrem Liebling erwarten: harte Action. Allerdings bedeutet Cash Truck auch für Statham eine kleine Veränderung, hat er doch in den vergangenen Jahren oft in nicht ganz so ernst gemeinten Filmen wie „Hobbs & Shaw“ oder „Meg“ mitgespielt. Die Zusammenarbeit mit Ritchie bringt Statham zurück in die Rolle des eiskalten Rächers, der dem Publikum auch gar nicht so sympathisch werden soll. Denn Ritchies Script geht mit den meisten Figuren in diesem blutigen und düsteren Actioner gnadenlos um. Statham beweist aber, dass er auch ohne Humor in seinem Spezialgebiet gut funktioniert. Besonders das Finale setzt Zeichen in Sachen Gewalt und emotionaler Härte.
Das liegt neben Statham auch anderen anderen guten Darstellern. Holt McCallany („Mindhunter“) spielt seinen undurchsichtigen Charakter stark, auch Josh Hartnett als zum Heldentum verführter Wachmann ist sehr solide in seiner Rolle. Eine Überraschung ist Scott Eastwood, der bislang eher in Heldenrollen auftrat, hier aber beeindruckend gut einen Psychopathen spielt. Platz für die wenigen weiblichen Figuren vor der Kamera bleibt da allerdings nicht – Cash Truck ist ein Testosteron-Monster mit vielen emotional verkümmerten, eisenharten Charakteren, die sich gegenseitig das Leben zur Hölle machen. Das inszeniert Ritchie allerdings mit der Konsequenz, die der Stoff braucht. In seinen besten Momenten erinnert Cash Truck an Szenen von Scorsese, Mann oder Melville, ohne allerdings insgesamt deren Klasse zu erreichen.
Ritchie gelingen zwar vor allem im vierten Teil ein paar starke Momente von Figuren, die richtige oder falsche Entscheidungen treffen und mit den Konsequenzen leben müssen – oder eben nicht. Insgesamt fehlt dem Film aber ein wenig Tiefe, um eine wirklich tragische Gangster-Saga zu erzählen. Denn Ritchie bemüht gerade bei seinen handlungstreibenden Charakteren zu viele Klischees, um wirklich lebendige Figuren zu erschaffen. Dennoch ist Cash Truck vor allem für Fans kompromissloser Action durchaus einen Blick wert.
Fazit:
Mit Cash Truck inszeniert der britische Regisseur Guy Ritchie seinen Landsmann Jason Statham in einem für Ritchie untypisch ernsten Thriller, der völlig ohne ironische Brechung eine knallharte Rachestory erzählt. Daher dürften hier Fans von Statham auch eher auf ihre Kosten kommen als Fans von Ritchie. Gerade zu Beginn leistet sich der Film einige peinliche Dialoge, die eine toxische Männlichkeit aufbauen sollen, aber eher albern wirken. Doch je länger Cash Truck läuft, desto mehr Fahrt nimmt er auf. Und der sehenswerte Showdown ist so gut vorbereitet, dass die Spannung im letzten Viertel auf dem Höhepunkt ist. Wer auf Action der alten und harten Schule steht, kann hier in jedem Fall mitfahren.
Cash Truck startet am 29. Juli in den deutschen Kinos.