Jungle Cruise

Filmkritik: Jungle Cruise

Dwayne Johnson ist nicht der erste Wrestler, der den Sprung vom Show-Kampf auf die Leinwand geschafft hat, das haben andere vor ihm schon getan. Allerdings war niemand vor ihm auch nur annähernd so erfolgreich wie der Sohn eines afro-kanadischen Vaters und einer samoanischen Mutter, der als The Rock zum Star wurde. Ihm traute Disney offenbar zu, nach „Pirates of the Caribbean“ auch eine zweite Disney-Park-Attraktion zu einem erfolgreichen Kino-Franchise zu machen: „Jungle Cruise“. Mit Emily Blunt stellte der Konzern ihm eine momentan ebenfalls beliebte Kollegin zur Seite, Regie führte der routinierte Thriller-Regisseur Jaume Collet-Serra, der zuvor einige Liam Neeson-Hits („Non-Stop“, „The Commuter„) inszenierte. Geht Disneys Plan auf? Das klärt die Kritik.

Emily Blunt
Aus London angereist, freut sich Lily auf ihre Expedition in den Dschungel. Bruder McGregor ist nicht so begeistert.

Die Handlung

London 1916. Der seit zwei Jahren tobende Erste Weltkrieg interessiert die abenteuerlustige Wissenschaftlerin Dr. Lily Houghton (Emily Blunt) nur wenig. Sie möchte stattdessen im Amazonasgebiet dem Gerücht der „Tränen des Mondes“ nachjagen, einer Pflanze, die nach alten Legenden alle Krankheiten der Menschheit heilen kann. Nachdem sie in einer altehrwürdigen Wissenschafts-Akademie Londons dem zwielichtigen Joachim (Jesse Plemmons) ein wichtiges Artefakt vor der Nase wegschnappt, das angeblich den Weg zur Pflanze beschreibt, macht sie sich mit ihrem Bruder McGregor (Jack Whitehall), der eigentlich gar keine Abenteuer mag, auf den Weg nach Südamerika. Und dort angekommen, gerät sie an den heruntergekommenen Boots-Kapitän Frank (Dwayne Johnson), den sie für die Reise anheuern will.

Doch Lily muss einige Enttäuschungen hinnehmen. So ist Frank nicht so ehrlich mir ihr, wie sie sich das vorgestellt hatte. Und auch Joachim hat seine Pläne noch nicht aufgegeben und verfolgt das Trio und das Artefakt mit einem sehr ungewöhnlichen Fahrzeug. Bald stecken Lily, McGregor und Frank bis zum Hals in Schwierigkeiten. Und dabei haben sie die eigentlichen Probleme noch gar nicht getroffen. Denn die Legende berichtet auch von einem Conquistador namens Aguirre (Edgar Ramirez), der angeblich vom Dschungel dazu verflucht wurde, die Pflanze bis in alle Ewigkeit zu beschützen. Und der seit mehr als 400 Jahren existiert. Schließlich muss Lily erfahren, dass nicht alle Legenden übertreiben …

Aus drei Klassikern einen neuen machen?

Filmerfahrene Zuschauer werden in den ersten Minuten ihren Augen nicht trauen. Hat Disney da heimlich ein Remake von „Die Mumie“ gedreht und es nur anders genannt? Emily Blunt ist fast eine Blaupause von Rachel Weisz‘ Charakter, Jack Whitehall ist der Comedy-Sidekick-Bruder wie einst John Hannah. Und dann spielt die erste Sequenz des Films auch noch in einer Bibliothek und hat mit Leitern zu tun. Es heißt ja, wenn du klaust, klau bei den Besten. Und das hat Disney hier definitiv getan, ist Die Mumie doch neben der Indiana Jones-Trilogie so etwas wie die Urmutter der Abenteuerfilme mit Horror-Elementen. In dessen Fortsetzung Dwayne Johnson sogar eine seiner ersten Rollen als Scorpion King hatte. So schließt sich der Kreis.

Natürlich leiht sich Disney aber auch Ideen von sich selbst. In diesem Fall vom vierten Pirates-Film, der eine ganz ähnliche Story aufweist. Und auch die zahlreichen Fans von Indiana Jones und der letzte Kreuzzug werden in Jungle Cruise sicher einiges wiedererkennen. Kann aus so viel bekanntem Material wirklich ein neuer Blockbuster entstehen?  Dazu muss man bedenken, dass zumindest zwei der Vorbilder aus dem vergangenen Jahrtausend stammen und gerade bei der jungen Zielgruppe (noch) nicht zur Allgemeinbildung gehören. Zudem braucht ein erfolgreicher Film eben nicht nur originelle neue Ideen (von denen Jungle Cruise zumindest ein paar mitbringt), sondern auch andere Faktoren. Und hier kann der neue Disney-Abenteuerfilm durchaus punkten.

Dwayne Johnson
Frank ist zwar ein Windhund, aber er besitzt auch ein Boot und kennt sich auf dem Fluss aus – beides Dinge, die Lily benötigt.

Gute Unterhaltung!

Ob Jungle Cruise wirklich ein ähnlich erfolgreiches Franchise wird wie Pirates, das bleibt abzuwarten und darf auch gern bezweifelt werden. Dass Potenzial für fünf Filme ist hier nun wirklich nicht zu sehen. Aber der Film kann auf vielen Ebenen überzeugen. mit Dwayne Johnson und Emily Blunt verfügt er über zwei absolute Sympathieträger, die auf der Leinwand reichlich Charme versprühen. Und auch miteinander großartig funktionieren. Hier stimmt die vielzitierte Chemie definitiv. Dazu kommt mit Jack Whitehall ein Comedian, der den witzigen Sidekick im Schlaf beherrscht. Und so ein paar der besten Witze beisteuert, ohne deshalb zu nerven. Dazu ist Jesse Plemmons als ebenso fieser wie lustiger Schurke wie so oft eine Bank. Er macht aus jeder Szene ein Highlight des Films.

Neben den Schauspielern stimmen auch die Kulissen. Seine 200 Millionen Dollar Budget sieht man dem Film die meiste Zeit an. Außerdem wirken die realen Gebäude, die hier zerstört werden, einfach echter als CGI-Effekte, die eher untypisch für Disney hier auch gar nicht sonderlich gut aussehen. So ist ein Jaguar, der aus dem Computer stammt, im Vergleich zu Real-Version von „König der Löwen“ oder „Das Dschungelbuch“ deutlich schwächer ausgefallen und auch die Conquistadoren, obwohl sie ihre Verwandtschaft zu untoten Piraten nicht verhehlen können, sehen nicht so bestechend gut aus wie ihre Kollegen. Doch die Sets des Films reißen das raus. Denn das Amazonas-Gebiet erwacht in Jungle Cruise sehr überzeugend zum Leben und sorgt für etliche optische Höhepunkte.

Jungle Cruise
Bald geraten die Abenteurer in ernste Schwierigkeiten.

Und so galoppiert der Film in zwei Stunden atemlos durch seinen Plot und wirkt sogar länger, als er tatsächlich ist. Das ist in diesem Fall aber kein Nachteil, denn trotz seiner deutlichen Anleihen bei besseren Filmen und manch mäßigem Effekt macht er doch das, wozu er einzig und allein entstanden ist: Er unterhält. Und mehr von Jungle Cruise zu verlangen, täte dem Film Unrecht. Denn mehr sollte er nie sein.

Fazit:

Wer Abenteuerfilme im Stil von Die Mumie und Pirates of the Caribbean mag, macht auch mit Jungle Cruise nichts falsch. Natürlich wird der Film besser, je weniger der Vorbilder man gesehen hat. Aber selbst Abenteuerfilm-Veteranen, die alle Mumien, Indiana Jones- und Pirates-Filme gesehen haben, können an Jungle Cruise noch ihren Spaß haben. Das liegt neben der tollen Chemie zwischen Johnson und Blunt auch an ein paar neuen Ideen, überaus witzigen Sidekicks und Schurken sowie einer flotten und randvoll gepackten Handlung, in der eigentlich ständig etwas passiert. Ob das zu einem neuen Franchise reicht, bleibt abzuwarten, floppen dürfte die spaßige Reise durch das Amazonas-Gebiet jedenfalls nicht.

Jungle Cruise startet am 29. Juli 2021 in den deutschen Kinos und am 30. Juli mit VIP-Zugang bei Disney+.

Jungle Cruise
Denn im Amazonas-Dschungel lauern zahlreiche Gefahren wie Ureinwohner, wilde Tiere – und untote Spanier.