Altered Carbon Resleeved

Filmkritik: Altered Carbon Resleeved

Mit der Netflix-Serie „Altered Carbon“ brachte es Elitesoldat Takeshi Kovacs, Erfindung des britischen Autors Richard Morgan, vom Geheimtipp für Leseratten zu einem coolen Actionhelden des neuen Jahrtausends. Der Streaming-Dienst gab deshalb, wenn auch nach einigem Zögern, nicht nur grünes Licht für eine zweite Staffel, sondern auch für den Anime-Trickfilm „Altered Carbon Resleeved“, der frühere Abenteuer des abgebrühten Ermittlers erzählen soll. Nun ist der nur etwas mehr als eine Stunde lange Film fertig. Wie gut ist er geworden?

Die Kritik zu Altered Carbon Staffel 1 und Staffel 2 finden Sie hier.

Richard Morgan gelang in seinem Debüt-Roman „Das Unsterblichkeitsprogramm“ (engl. Altered Carbon) ein erstaunliches Buch. Denn er vereint darin nicht nur eine frische Idee – die relative Unsterblichkeit durch Speichern des Bewusstseins auf einem Chip – mit viel Film Noir-Flair und Detektiv-Vorbildern wie Philip Marlowe. Sondern er fügte auch noch jede Menge harten Sex und derbe Gewaltexzesse dazu. In Sachen Gewalt hält auch „Altered Carbon Resleeved“ sich nicht zurück. Reicht das für einen guten Film?

Altered Carbon Resleeved
Wie sehe ich aus? Diese Frage muss sich Takeshi Kovacs jedes Mal stellen, wenn er ungefragt in einen neuen Körper transferiert wird.

Altered Carbon Resleeved: Die Handlung

Taksehi Kovacs erwacht auf dem Planeten Latimer. Dorthin hat ihn der Anführer eines Yakuza-Clans geschickt, um ein Auge auf die junge Holly zu werfen. Die ist Tätowiererin beim konkurrierenden Mizamoto-Clan und hat offenbar ein großes Problem. Denn immer wieder wird sie von mit Kabuki-Masken tragenden Killern gejagt, die sie töten wollen. Warum das so ist, soll Kovacs herausfinden, zudem wird er als persönlicher Bodyguard von Holly eingesetzt, um ihr Leben zu schützen. Bald gesellt sich nach die junge Gina hinzu, die vom Polizei-Dienst CTAC stammt.

Auch sie interessiert sich für die Machenschaften des Mizamoto-Clans und schützt auch deshalb Hollys Leben, um die Drahtzieher aus der Reserve zu locken. Bald hat Kovacs eine erste Theorie, wer hinter den Anschlägen stecken könnte. Denn im Clan steht eine Machtübergabe an. Und Holly muss dabei wichtige Tattoos auf den Körper des neuen Anführers stechen, um das Ritual zu ermöglichen. Offenbar versucht eine geheimnisvolle Interessensgruppe, diesen Übergang der Macht zu verhindern. Aber warum? Kovacs muss bei der Suche nach Antworten gegen Horden von Gegnern bestehen …

Altered Carbon Resleeved: Keine bestehende Vorlage genutzt

Der Anime richtet sich nach der Serie statt den Romanen aus und erzählt auch keine Story von Richard Morgan. Somit ist Altered Carbon Resleeved eher als Erweiterung des bestehenden Serien-Kanons gedacht denn als richtige Fortsetzung der Saga. Und hier liegt die Tücke im Detail. Während die erste Staffel der Netflix-Serie sich stark an die Vorgaben des ersten Romans anlehnte und die Fans überzeugte, blieb in Staffel 2 von den Romanvorlagen so gut wie nichts übrig. Offenbar war jemand der Meinung, sich ebenso gute Storys ausdenken zu können wie der Erfinder.

Dem war allerdings nicht so. Und auch der Anime glänzt nicht mit einer auch nur annähernd so komplexen Story wie Staffel 1. Allerdings hatten die Macher hier auch nur 70 Minuten Zeit – vielleicht zu wenig für eine echte Kovacs-Geschichte. Allerdings ist Komplexität hier nicht das einzige, das fehlt. Obwohl Anime für Erwachsene meist nicht sonderlich zurückhaltend mit dem Themen Sex und Gewalt sind, setzt Autor Dai Saito („Cowboy Bebop“) hier ausschließlich auf Blutbäder und lässt den Sex weitgehend außen vor.

Altered Carbon Resleeved
Um die junge Holly zu retten, schließen Elitekämpfer Kovacs und Cop Gina eine Allianz.

Altered Carbon Resleeved: Zu wenig typischer Kovacs

Zudem fehlen dem Anime auch sämtliche Ansätze einer spannenden Detektiv-Geschichte. Denn anstatt hier durch seine Fähigkeiten den Fall zu knacken, hat der Held außer Gegner zu metzeln eigentlich nichts zu tun – alles klärt sich mehr oder weniger von alleine auf. Saito unternimmt gar nicht erst den Versuch, hier eine Story zum Miträtseln zu schreiben. Dafür lässt er seine Helden möglichst blutig töten. Weil Gewalt aber eben nur eine der drei Säulen einer guten Takashi Kovacs-Geschichte, überzeugt der Anime Fans der Romane oder Serien sicherlich nicht.

Immerhin überzeugt Altered Carbon Resleeved optisch. Die Mischung aus fotorealistischen Hintergründen und nur angedeutetem Anime-Look überzeugt und ist das eigentliche Highlight des Films. Dazu gelingt den Machern auch ein schöner Kontrast zwischen dem neongrellen Stadtbild wie aus „Blade Runner“ und den traditionellen japanischen Räumlichkeiten, in denen sich ein Großteil der Handlung abspielt. Viel mehr Gutes lässt sich in dem insgesamt extrem durchschnittlichen Film allerdings nicht sagen.

Fazit:

Kein großer Wurf, den Netflix allen Fans der Reihe hier auftischt. Mit Altered Carbon Resleeved tragen die Macher zwar der derben Gewalt Rechnung, die auch immer in den Romanen und Staffeln eine Rolle spielt. Die coole und düstere Atmosphäre des Vorbilds erreicht der Anime ebenso wenig wie eine halbwegs komplexe und interessante Geschichte. Das Ende deutet zwar weitere Abenteuer in der Anime-Welt an, auf diesem Niveau muss das aber nicht sein. Für beinharte Fans eventuell ansehnlich, insgesamt aber nichts Besonderes.

Altered Carbon Resleeved startet am 9. März 2020 bei Netflix.

Altered Carbon Resleeved
Doch auch die anscheinend noch junge Frau verfolgt eine eigene Agenda, wie Takeshi nur zu bald herausfindet.