The Walking Dead Staffel 11
AMC

Serienkritik: The Walking Dead Staffel 11

Abschied ist ein scharfes Schwert. Und doch heißt es nach elf Staffeln Abschied nehmen von „The Walking Dead“. Natürlich nicht so ganz, denn „Fear the Walking Dead“ geht weiter. Auch neue Projekte aus der Welt der Untoten sind bereits angekündigt. Dennoch endet mit den finalen 24 Folgen ein Phänomen, dessen Erfolg so wohl niemand vorhergesagt hätte. Eine blutige Zombie-Serie im TV, die vor 30 Jahren so wohl nicht einmal im Kino hätte laufen dürfen, basierend auf einer Comic-Vorlage – das muss Heimsender AMC erstmal einer nachmachen. Doch die Quoten töten selbst Zombies und so endet die Gammelfleisch-Gala irgendwann im Jahr 2022. Die ersten beiden Folgen hat Disney+, die neue Heimat der Serie, bereits vorab gezeigt – wie gut wird The Walking Dead Staffel 11?

Melissa McBride
Wird ein Stützpunkt der Armee für die Überlebenden zur Goldgrube – oder zur Todesfalle?

Die Handlung

Nachdem die Whisperer unter großen Opfern besiegt wurden, ist die Gruppe um Maggie (Lauren Cohan), Carol (Melissa McBride) und Daryl (Norman Reedus) auf der Suche nach Nahrung. Daher rückt ein Team aus, um in einer alten Militärbasis nach haltbaren Rationen zu suchen. Mit Seilzügen werden die Frauen der Gruppe nach unten in einen Hubschrauber-Hangar abgelassen. Dort liegen zahlreiche Untote in einer Art Dämmerzustand, so dass die  Gruppe sich größte Mühe gibt, möglichst keinen Lärme zu machen …

Später machen sich Maggie, Daryl und einige Überlebende von Maggies ehemaliger Siedlung Meridian auf den Weg dorthin. Sie wollen sie von einer Bande zurückzuerobern, die Maggies Gruppe überfallen hat. Mit dabei ist auch Negan, zu dem Maggie noch immer ein mehr als gespanntes Verhältnis hat. Durch einen Sturm wird die Gruppe auf dem Weg durch Washington D.C. dabei von der Straße in die U-Bahn-Tunnel getrieben, um weiter voranzukommen. Das erweist sich als gefährlicher Plan …

Gleichzeitig wird die kleine Gruppe um Eugene (Josh McDermitt) und Ezekiel (Khary Payton) noch immer vom Commonwealth festgehalten. In endlosen Befragungen müssen sich die Ankömmlinge erklären, ihre Gründe darlegen, warum sie gekommen sind. Besonders Eugene macht das mit der Zeit sehr zu schaffen …

Horror unter der Erde

Zum Start in die finale Staffel legen sich die Macher um Showrunnerin Angela Kang noch einmal richtig ins Zeug. Denn mit der Militärbasis und den Tunneln unter der Stadt erschaffen sie gleich zwei Alptraum-Szenarien für die Gruppe um Maggie und Daryl. Zwar arbeitet die Serie noch immer mit den gleichen Situationen: Mitglied der Gruppe träumt vor sich hin oder ist so abgelenkt, dass er den Walker nicht kommen hört oder sieht und in Gefahr gerät. Aber das funktioniert auch im elften Jahr der Serie immer noch ausreichend gut, um für Spannung zu sorgen. Und während die Armee-Basis quasi als Aufgalopp dient, wird der Überlebenskampf im U-Bahn-Tunnel zum Kern der ersten beiden Folgen, die als lange Doppel-Episode angelegt ist.

In der eigentlichen Hauptgeschichte von Walking Dead Staffel 11, den Geschehnissen im Commonwealth, geht es hingegen schleppend los. Denn viel mehr als Interviews der Charaktere und der Einführung des neuen Hauptcharakters Mercer (Michael James Shaw), Befehlshaber der Commonwealth-Truppen, gibt es in den beiden ersten Folgen nicht zu sehen. Gegen die teilweise in Hochform agierenden Schauspieler im anderen Handlungsstrang kann diese Story (noch) nicht mithalten. Auch den Namen dürften die beiden Folgen dem Tunnel-Segment verdanken. Denn „Archeron (Teil 1 und 2)“ war in der griechischen Mythologie einer der fünf Flüsse, die in die Unterwelt führten. Das Bild macht angesichts der Ströme von Untoten unter der Erde auch absolut Sinn.

Walking Dead Staffel 11
Eugene, Yumiko, Ezekiel und Princess bleiben Gefangene des Commonwealth. Und werden ständig befragt.

Die Abnutzung ist nicht zu leugnen

So zeigen die beiden ersten Folgen auch sehr deutlich, warum die Serie nach einigen extrem erfolgreichen Jahren immer mehr an Beliebtheit verlor. Die vielen Szenen, in denen nur geredet wird, und deren Dialoge manchmal leider alles andere als gut geschrieben waren, fesseln nur sehr bedingt. Und der Überlebenskampf gegen Zombiehorden in immer neuen Situationen und mit dem stets gleichen Ergebnis ist zwar noch immer spannend und wird auch diesmal wieder sehr blutig inszeniert, neu ist das nach elf Jahren aber eben nicht mehr. Serien-Erfinder Robert Kirkman bemerkte früh die eher geringe Halbwertzeit von Untotenangriffen. Und schuf daher Figuren wie den Gouvernor oder Negan. Von ihm stammt auch die Vorlage für die kommenden Geschehnisse mit dem Commonwealth. Mit dem übrigens auch die Comic-Serie nach 193 Ausgaben endete.

Leider wurde bald deutlich, dass die menschlichen Gegner der Helden um Rick, Michonne und Maggie das TV-Publikum nicht so fesselten wie die Leser der Comics. Ein nicht unbeträchtlicher Teil des Publikums akzeptiert eine Folge ohne Zombies kaum, selbst wenn sie dennoch unterhaltsam ist. Und da die Variationen bei den Untoten traditionell eher gering ist, machen die Massen von schlurfenden Stöhnern vielen auch kaum noch Angst. Mit Walking Dead Staffel 11 zu enden, scheint daher folgerichtig, ein erneuter Quoten-Höhenflug stand einfach nicht zu erwarten. Das immer noch Leben in der Thematik steckt, zeigt Kang, die beide Folgen auch als Co-Autorin betreute, aber sehr anschaulich. 

Walking Dead Staffel 11
Die U-Bahn-Tunnel unter der Stadt halten für Maggies Gruppe böse Überraschungen bereit.

Endlich: Maggie gegen Negan

Vor allem, weil sie endlich zum ersten Mal Maggie und Negan im Dunkel der Tunnel aufeinanderprallen lässt, worauf die Fans schon lange warten. Und diese Szenen gehören zum Besten, was Walking Dead seit langer Zeit präsentiert hat. Auch die Konsequenzen daraus, die einen fiesen Cliffhanger nach Episode eins zur Folge haben, versprechen einiges für die kommenden Wochen. Jeffrey Dean Morgan beweist einmal mehr, was er für ein Segen für die Serie ist. Und Lauren Cohans Rückkehr ist ebenfalls ein spürbarer Qualitätssprung. Zudem ist von den zum Teil quälend langsam erzählten Storylines zu Beginn auch nichts zu merken. Archeron 1 und 2 erzählen so viel Story wie lange nicht.

Fazit:

Die ersten beiden Folgen von Walking Dead Staffel 11 machen einen guten Eindruck. Zwar ist die Aufbauarbeit für die Haupthandlung der finalen Staffel manchmal wenig packend, muss aber für den hoffentlich spannenden Rest der Staffel gemacht werden. Und was Angela Kang dafür im anderen Handlungsstrang erzählt, kann sich mehr als sehen lassen. Ein hoher Ekelfaktor und einige der intensivsten Momente der jüngeren Serienvergangenheit sollten treue Fans erfreuen. Und das Warten auf die nächste Folge endlich mal wieder zur Qual machen. Wenn die letzten 22 Episoden die Qualität der ersten beiden halten, wird sich The Walking Dead jedenfalls mit einem Knall verabschieden, anstatt leise zu vergehen.

The Walking Dead Staffel 11 startet am 23. August 2021 bei Disney+ Star.

Walking Dead Staffel 11
Vorbildlich: Auch die Untoten nutzen öffentlichen Nahverkehr.