A Fall from Grace

Filmkritik: A Fall From Grace

Thriller und Gerichtsdramen gehören für viele Fans von spannungsgeladenen Geschichten zu den Favoriten. Nicht umsonst gibt es neben vielen Krimi- auch viele Anwaltsserien im TV. Der US-Regisseur Tyler Perry machte sich das zunutze und verband beide Genres in seiner Netflix-Produktion „A Fall From Grace“. Funktioniert die Symbiose? Oder bremst hier ein Genre das andere aus? Das klärt die Kritik.

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Tyler Perry ist in den USA ein recht bekannter Regisseur, der sich bislang aber hauptsächlich im Bereich der Comedy bewegt hat. Als Schauspieler war Perry allerdings auch schon in Thrillern wie „Alex Cross“ zu sehen. Für seine erste Netflix-Produktion, weitere sind geplant, war Perry besonders fleißig. Neben seiner Rolle im Film führte er Regie, schrieb das Drehbuch und produzierte A Fall From Grace auch noch. Ist das Projekt deshalb auch aus einem Guss oder hat sich Perry mit der Vielzahl an Aufgaben übernommen?

A Fall From Grace
Hat Grace wirklich ihren deutlich jüngeren Ehemann Shannon erschlagen, weil der sie in den finanziellen Ruin getrieben hat?

A Fall From Grace: Die Handlung

Die junge Anwältin Jasmine (Bresha Webb) bekommt von ihrem Chef Rory (Tyler Perry) einen scheinbar einfachen Fall. Sie soll Grace (Crystal Fox) verteidigen, die angeblich ihren Mann umgebracht hat – und auch auf schuldig plädiert. Jasmine gilt als gute Deal-Macherin und für mehr hat Rory sie auch nicht losgeschickt. Und zuerst steckt Jasmine auch keine große Energie in den Fall, denn Grace scheint nicht mit ihr über den Mord reden zu wollen und will einen Schuldspruch akzeptieren. Doch etwas an der Sache kommt Jasmine komisch vor.

Deshalb besucht sie Graces Freundin Sarah (PhyliciaRashad), die ein ganz anderes Bild der Tat zeichnet. Zum ersten Mal hört Jasmine die Vorgeschichte zum Mord an Shannon (Mehcad Brooks, „Supergirl“). Offenbar ist Grace auf einen Betrüger hereingefallen und hat den Mann im Affekt getötet. Aber stimmt das wirklich? Je länger sich Jasmine mit der Sache beschäftigt, desto mehr Ungereimtheiten kommen ans Licht. Geht Grace nur ins Gefängnis, um jemand anderen zu schützen? Jasmine ist gewillt, den Kampf um Graces Leben aufzunehmen …

A Fall From Grace: Spannend, aber nicht glaubhaft

Das wichtigste an einem guten Thriller ist der Plot. Natürlich ist Spannung dabei eine unverzichtbare Komponente, aber auch die Logik der Story sollte für einen glaubhaften Krimi passen. Und hier unterlaufen Perry beim Konstruieren seiner Geschichte einige Fehler. Zwar gelingt ihm durchaus eine spannende Story, deren Twist ein Krimi-Neuling vermutlich nicht einmal kommen sieht. Aber bei manchen Wendungen der Story spielt doch der Zufall eine so große Rolle, dass erfahrene Thriller-Fans wohl nicht zu begeistern sein dürften.

So dreht sich vieles an der Geschichte darum, dass es keine Leiche gibt. Dennoch hat offenkundig die Polizei nicht weiter recherchiert, wer die angebliche Tote überhaupt war. Weil die Story sonst nicht funktionieren würde. Diese und ein paar weitere Umstände führen dazu, dass sich Perrys Geschichte von der möglicherweise zu Unrecht des Mordes beschuldigten Frau eher im Niveau einer wöchentlichen TV-Serie ansiedelt, wo es auf die Glaubwürdigkeit nicht so ankommt, solange das Ganze unterhaltsam und spannend ist.

A Fall From Grace
Die junge Anwältin Jasmine glaubt nicht daran – und verzweifelt fast wegen der schwierigen Umstände in diesem Fall.

A Fall From Grace: Anständiges Schauspiel

Immerhin hat Perry Schauspieler gefunden, die ihre Rollen ernst nehmen und versuchen, das Beste daraus zu machen. So ist Crystal Fox als vermeintliche Mörderin nicht nur wundervoll derangiert zurechtgemacht, man nimmt ihr die Qualen auch ab, die sie durchleidet. Bresha Webb als junge Anwältin ist ebenfalls überzeugend und lässt das Publikum nachvollziehen, warum sich die junge Frau derart in diesen Fall verbeißt. Leider sind Perry in seinem Drehbuch aber nur Rezepte aus der Küchenpsychologie eingefallen, um ihr ein Motiv zu geben.

Zudem verpasst es Perry als Autor des Stoffes auch, ein paar falsche Spuren auszulegen, um dem Publikum zumindest verschiedene Möglichkeiten anzubieten, was denn wohl geschehen sein könnte. Wer schon ein paar Krimis dieser Kragenweite gesehen hat, dem dürfte es nicht schwer fallen, schon eine Stunde vor dem Ende des immerhin zwei Stunden langen Films den tatsächlichen Tathergang zu kennen. Das können auch die Schauspieler nicht verhindern. Dazu kommt, dass Perry als Regisseur ebenfalls nicht über TV-Niveau hinauskommt.

Wirklich spannende Sequenzen oder tatsächliche Überraschungen suchen Zuschauer hier vergeblich. Dafür bleibt die Inszenierung ebenso zu brav wie die Räuberpistole, die er dem Publikum hier auftischt. Dennoch kann man A Fall From Grace einen gewissen Unterhaltungswert nicht absprechen. Perry erzählt seine Story unterm Strich interessant genug, um beim Publikum Neugier zu entfesseln, ob man denn mit seiner Ahnung recht hatte oder falsch lag. Die Mindestanforderung an einen Thriller hat Tyler Perry also durchaus erfüllt.

Fazit:

Tyler Perrys A Fall From Grace ist trotz ordentlicher Schauspieler ein Thriller, der kaum über das Niveau einer TV-Serie hinauskommt. Das muss sich Perry selbst anlasten. Weder sind ihm als Regisseur so interessante Dinge eingefallen, dass er dadurch seine Story hätte aufwerten können. Noch hat er als Drehbuchautor einen wirklich guten Job gemacht, vieles an seinen Figuren und seiner Handlung bleibt flach und wenig ausgearbeitet. Als kleiner Thriller zwischendurch dürfte es für Fans des Genres aber reichen.

A Fall From Grace startet am 17. Januar 2020 bei Netflix.

A Fall From Grace
Schließlich kann Jasmine ihre Mandantin überreden, statt einem Schuldeingeständnis eine Gerichtsverhandlung zu akzeptieren.