Black Summer Staffel 2

Serienkritik: Black Summer Staffel 2

Mit „Black Summer“ gelang Netflix vor gut zwei Jahren ein Überraschungshit. Die Serie lief unter anderem in Großbritannien extrem gut und sogar Horror-Altmeister Stephen King fand außergewöhnlich lobende Worte über die erste Staffel, die wegen des Serienschöpfers Karl Schaefer eigentlich mit dem „Z-Nation“-Universum zusammenhängt. Allerdings werden Fans dieser Serie auch in Black Summer Staffel 2 nichts von dem Humor finden, den sie aus Z-Nation kennen. Schaefer und sein Autoren-Partner John Hyams schildern hier den bitterbösen Überlebenskampf der letzten Menschen angesichts einer Zombieplage. Überzeugt der auch in den acht neuen Folgen?

Black Summer Staffel 2
Lance verpasste den rettenden Flug, hat aber bis jetzt überlebt. Bleibt das so?

Die Handlung

Seit den Ereignissen rund um das Sport-Stadion und die erfolgreiche Flucht ist einige Zeit vergangen. Rose (Jaime King) und ihre Tochter Anna (Zoe Marlett) haben überlebt, befinden sich aber mittlerweile irgendwo im tief verschneiten Norden der USA. Die Koreanerin Sun (Christine Lee) haben sie mittlerweile aus den Augen verloren, ebenso wie den ehemaligen Gangster Spears (Justin Chu Cary). Beide sind allerdings noch am Leben. Während sie Spears verletzte durch die Wildnis schleppt und nach einem Versteck sucht, wurde Sun von einer Gruppe bewaffneter Männer und Frauen um Ray (Bobby Naderi) gefangen genommen, weil die sich von ihr Informationen zu einem Versteck mit zahlreichen Vorräten erhoffen.

Währenddessen entdecken Rose und Anna im Wald ein Haus, das ihnen vor den Zombies Schutz bieten könnte. Sie erreichen den großen Landsitz und werden von anderen Überlebenden tatsächlich hineingelassen. Doch die Stimmung im Inneren des Hauses ist durch die andauernde Kälte und den Nahrungsmangel alles andere als gut. Bald eskaliert die Situation. Denn verschiedene Gruppen von Überlebenden haben den gut gesicherten Gebäudekomplex mittlerweile entdeckt und als mögliche neue Heimat auserkoren. Und in der postapokalyptischen Welt wird nicht mehr lange verhandelt …

Brillant gefilmte Sinnlosigkeit

Zwar wurde für Black Summer Staffel 2  das Kreativ-Team aus Autoren und Regisseuren ein wenig erweitert, aber im Kern sind immer noch die gleichen Köpfe verantwortlich. Und das merkt man. Denn der Grundton ist der zweiten Staffel noch einmal düsterer geworden, die Kernaussagen über den Zustand der Menschheit und ihr Benehmen im Angesicht des nahenden Todes haben aber weiterhin Bestand. Schaefer und seine Mitstreiter treiben das in den neuen Folgen sogar auf die Spitze. Immer wieder zeigen sie Feuergefechte zwischen Gruppen, die der Zuschauer kaum oder gar nicht kennt. Und es bleibt manchmal sogar unklar, worum genau sie eigentlich kämpfen. Es scheint einfach nur noch darum zu gehen, einen möglichen Konkurrenten im Kampf um die letzte Nahrung, die letzte Wasserflasche, auszuschalten, bevor der es tut.

Das setzen Schaefer und Co. allerdings stark um. Die Kamera-Arbeit bei diesen Schießereien ist beeindruckend dynamisch. Wie ein hektischer Beobachter umschwirrt sie verschiedene Leute der Gruppen, sieht ihnen kurz beim Sterben zu und fliegt zum nächsten Opfer oder Killer. Irgendwann ist es fast unmöglich zu sagen, wem man hier eigentlich beim Kämpfen zusieht. Das führt die Sinnlosigkeit dieser Massaker besser vor Augen, als das in vielen anderen Filmen und Serien gelingt. Denn in der Art und Weise, wie die Serie Gewalt erzählt, verschwimmen Intentionen und Rechtfertigungen angesichts des gnadenlosen Hasses und der Angst zu sterben, wenn man nicht zuerst schießt. Hier gelingt Black Summer Staffel 2 ein absolut beeindruckender Einblick in die Abgründe der Menschen.

Black Summer Staffel 2
Sun gerät in die Fänge einer Gruppe bewaffneter Überlebender, die sich von ihr Infos zu Nahrung und Wasser erhoffen.

Abgestumpfte Anti-Helden

Das betrifft vor allem die erste Hälfte der Staffel, die sich daher auch wohltuend von bekannten Formaten wie „The Walking Dead“ abhebt. Denn hier wird nur sehr wenig geredet. Philosophische Reflektionen über den Sinn des Lebens findet man dort ebenso wenig wie den Zombie der Woche, der entgegen jeder Logik wie aus dem Nichts auftaucht. Stattdessen erlebt der Zuschauer Charaktere, die wahlweise von der Situation komplett überfordert sind und mit Apathie oder Aggression darauf reagieren. Oder Figuren wie Rose, die ihren einzigen Lebensinhalt darin sieht, ihre Tochter zu beschützen und für dieses Ziel auf nichts und niemanden Rücksicht nimmt. Leider wird der Zuschauer allerdings nicht zum Zeugen dieser Entwicklung, die ist zwischen den beiden Staffeln passiert.

Die Schwäche der neuen Staffel ist ihr Mangel an Figuren, mit denen sich das Publikum noch identifizieren kann. Sun ist noch am ehesten Mensch geblieben, wird aber zum passiven Spielball anderer Mächte. Rose und Anna sind derart kalt und berechnend geworden, dass man ihr Tun zwar nachvollziehen, aber nicht unbedingt tolerieren kann. Und auch Spears taugt als Identifikationsfigur nur bedingt. Dieser Umstand macht Black Summer Staffel 2 kälter, als ihr gut tut. Denn hier sterben die Menschen so schnell, dass es für den Zuschauer nur selten möglich ist, eine Verbindung zur Figur aufzubauen, bevor sie ins Gras beißt. Emotional überrascht wird man hier höchstens von der Skrupellosigkeit, mit der eigentlich sympathische Figuren zu Werke gehen. Das ändert sich erst im Finale.

Jaime King
Rose hat sich von der verzweifelten Frau zur eiskalten Beschützerin ihrer Tochter gewandelt.

Denn erst in der möglicherweise letzten Folge der ganzen Serie lassen sich die Autoren dazu hinreißen, nicht länger nur Beobachter der Geschehnisse zu sein, sondern auch eine moralische Wertung abzugeben, wer ist das Überleben verdient hat – und wer nicht. Das kommt für manche Zuschauer eventuell ein wenig zu spät. Denn trotz der wenigen Episoden schleichen sich immer wider Längen ein, die zur Gesamterzählung wenig bis nichts beitragen. Wer die erste Staffel mochte, findet dennoch genug gelungene Folgen, um auch an Black Summer Staffel 2 Spaß zu haben. Empfindlichen Gemütern wird die zutiefst pessimistische und niederschmetternde Serie dagegen nicht empfohlen.

Fazit:

In Black Summer Staffel 2 treiben die Macher die bereits in der ersten Staffel angelegten Kommentare zum moralischen Zustand der Menschheit weiter auf die Spitze. In zum Teil brillant inszenierten Schusswechseln macht Serienschöpfer Karl Schaefer die Natur des Menschen deutlich und zeigt seinen tief pessimistischen Blick auf die Welt. Das Autorenteam streicht die Charaktereigenschaften der Protagonisten angesichts ihres täglichen Überlebenskampfes auf ein Minimum zusammen. Und macht selbst einst sympathische Figuren zu nur mit Mühe erträglichen Charakteren. Erst spät erlauben sich die Macher auch ein moralisches Urteil über die Geschehnisse, die sie erzählen. Für Fans wirklich düsterer und blutiger Geschichten ist Black Summer Staffel 2 daher empfehlenswert. Aber auch nur für die.

Black Summer Staffel 2 startet am 8. Juni 2021 bei Netflix.

Gesehen: Acht von acht Folgen.

Black Summer Staffel 2
Vor allem auf männliche Überlebende reagiert Rose daher mit besonderem Argwohn.