Fear Street

Filmkritik: Fear Street 1994

Der Juli 2021 ist bei Netflix ein echter Horror-Monat – und das im wörtlichen Sinn! Denn es stehen einige Horrorstoffe zur Veröffentlichung an. Den Anfang macht der erste Teil einer Trilogie von Filmen nach R.L. Stines „Fear Street“-Romanen. Die kommen im Wochentakt, beschäftigen sich mit der Hexe von Shadyside und reisen in der Zeit zurück. Der erste spielt im titelgebenden Jahr 1994, der zweite 1978, der dritte im Jahr 1666. Netflix hat zumindest den ersten Teil mit einer selbst erteilten Freigabe ab 18 Jahren versehen – zu Recht? Das und mehr verrät die Kritik zu „Fear Street 1994“.

Maya Hawke
Heathers Nebenjob als Verkäuferin in der Mall von Shadyside erweist sich als lebensgefährlich.

Die Handlung

Zwischen den Kleinstädten Shadyside und Sunnyvale herrscht unter den Jugendlichen beider Orte schon lange eine Rivalität. Während in Sunnyvale hauptsächlich reiche Leute leben, wohnen in Shadyside die Armen. Und das lassen die Jugendlichen von Sunnyvale ihre Altersgenossen aus dem anderen Ort auch spüren. Und damit nicht genug. Während es in Sunnyvale kaum Verbrechen gibt, leidet Shadyside seit Jahrzehnten unter unerklärlichen Mordserien von Killern, die nie zuvor durch Gewalt oder andere Probleme aufgefallen sind. Unter der Hand sprechen manche Jugendliche vom Fluch der Hexe, die 1666 hier gehängt wurde.

Als in Shadyside eine neue Mordserie mit etlichen Toten in einer Einkaufs-Mall beginnt, denkt sich Deena (Kiana Madeira) zunächst noch nicht viel dabei, Morde sind in ihrer Stadt nicht so selten. Doch bald stecken sie und ihre Freunde Sam (Olivia Welch, „Panic„), Kate (Julia Rehberg), Simon (Fred Hechinger, „The Woman in the Window„) und ihr Bruder Josh (Benjamin Flores Jr.) knietief im Blut unschuldiger Opfer um sie herum. Ein Autounfall, bei dem Sam aus Versehen etwas entdeckte, das sie lieber nicht hätte sehen sollen, scheint die Erklärung für die brutalen Morde zu sein. Aber stimmt das wirklich?

Olivia Welch
Eigentlich hatten sich Sam und Deena getrennt, doch die Morde bringen die beiden wieder zusammen.

Horroraffine Leitung

Regisseurin und Drehbuch-Autorin Leigh Janiak, die auch die beiden anderen Fear Street-Filme inszenierte (Start am 9. und 16. Juli), bringt Erfahrung mit. Ihr Debüt „Honeymoon“ war als Mystery-Thriller konzipiert, dazu saß sie bei Folgen der Serien „Outcast“, „Scream“ und „Panic“ auf dem Regiestuhl. Bei letzterem dürfte sie auch ihre Darstellerin Olivia Welch entdeckt haben. Besonders der Einfluss von Scream auf den ersten Fear Street ist trotz des übernatürlichen Hintergrundes kaum zu leugnen. Wer Wes Cravens Film gesehen hat, wird die Eröffnungs-Sequenz von Fear Street 1994 mit Sicherheit als Hommage wiedererkennen. Statt Drew Barrymore ist hier allerdings Maya Hawke zu sehen – und ironisch gebrochen ist in Fear Street 194 nichts.

Auch danach hält sich Janiak eng an die Genre-Regeln und präsentiert spannende Szenen und blutige Kills, ist deshalb für Genre-Kenner allerdings auch leicht durchschaubar. Große Überraschungen sollten Horrorfans hier also nicht erwarten. Denn Janiak hakt wie auf einer unsichtbaren Liste viele der klassischen Szenen und Orte ab (Zuhause, Krankenhaus, dunkler Wald etc.), die der Slasher-Veteran erwartet. Lediglich das moralinsaure Finale könnte manch einem Horrorfan sauer aufstoßen, andererseits würde das bei der Retro-Story des Films auch als Hommage an „Freitag, der 13.“ und ähnliche Werke durchgehen.

Fear Street 1994
An der Stelle von Sams Autounfall finden Kate, Simon und Deena Spuren, die auf den Fluch der Hexe von Shadyside hindeuten.

Neues nur für Neulinge im Genre

Wie auch die „Final Girls“ des Plots, das natürlich offene Ende (hier aufgrund zweier weiterer Teile allerdings schon sinnvoll) und maskierte Axtmörder, Killer mit Maske und Messer und vieles mehr. Ein Trinkspiel für jede deutliche Verbeugung oder Anspielung auf Klassiker des Genres wäre bei Fear Street 1994 gut vorstellbar. Das gilt aber nur für Fans des Genres, die schon einiges gesehen haben. Wer sich als relativer Neuling frisch an diesen Slasher-Horror traut, für den bietet der Film durchaus Wendungen, mit denen man nicht unbedingt rechnet.

Wer die „Gänsehaut“-Filme gesehen hat, die ebenfalls nach Büchern von Stine entstanden sind, sollte aber nicht mit Ähnlichkeiten rechnen. Denn die Fear Street-Romane sind in der Gangart schon blutiger, düsterer und härter als die für Kids gedachten Gänsehaut-Grusler – und das sieht man Fear Street 1994 auch an. Ob auch die FSK dem Film ein Jugendverbot gegeben hätte, darüber lässt sich zwar nur spekulieren, aber zumindest ein recht derber Abgang ist zum Ende des Films zu sehen.

Fear Street 1994
Kann Deenas Bruder Josh, der sich schon lange mit den Morden von Shadyside befasst, wichtige Tipps beisteuern, um die Mordserie zu stoppen?

Handwerklich ist Fear Street 1994 sauber gemacht, weder die Kamera-Arbeit, die Schnitte, noch die Effekte geben Grund zur Kritik. Und die Schauspieler bieten ebenfalls eine ordentliche Leistung, allerdings sind die Stereotype (der wissende Nerd, der coole Rebell und mehr) Fans des Genres auch bekannt und die Figuren lassen sich leicht zuordnen. Wenn Fear Street 1994 eine wirkliche Schwäche hat, dann ist es das Sicherheitsdenken, das Leigh Janiak an den Tag legt. Ihr erster Film der Reihe riskiert keinerlei Innovation und bleibt strikt in vielfach bekannten Mustern verhaftet. Als Party-Slasher mit eine Gruppe von Freunden taugt Fear Street 1994 aber auf jeden Fall. Der Auftakt des Horror-Juli bei Netflix hätte schlechter sein können.

Fazit:

Mit Fear Street 1994 bietet Regisseurin Leigh Janiak zwar einen netten Auftakt zu ihrer Trilogie, aber auch nicht mehr. Klassische Versatzstücke des Genres geben sich hier die Klinke in die Hand, sodass bei Fans des Genres eher Wiedersehensfreude als Spannung aufkommt. Das lässt sich etwas positiver natürlich auch als lange Verbeugung vor den Größen des Slasherfilms sehen. Wer grundsätzlich Spaß an kreischenden Teenies hat, die von einem maskierten Killer durch die Gegend gejagt werden, ist hier jedenfalls richtig. 

Fear Street 1994 startet am 2. Juli 2021 bei Netflix.

Mehr Kritiken zu Netflix-Filmen gibt es hier.

Fear Street 1994
Die Pläne der Teenager im Supermarkt scheinen gründlich in die Hose zu gehen.