Enola Holmes 2

Filmkritik: Enola Holmes 2

Millie Bobby Brown startet durch. Auch nach dem Ende von „Stranger Things„, vermutlich im Jahr 2024, muss sich die Britin keine Sorgen um ihre Zukunft machen. Neue Projekte sind reichlich vorhanden. Und mit dem von ihr mit produzierten „Enola Holmes 2“ muss auch nach diesem Teil der Reihe noch nicht Schluss sein. Schließlich gibt es mittlerweile sieben Romane über Sherlocks kleine Schwester und ihre detektivischen Fähigkeiten. Und so könnte nach „11“ diese Rolle eine weitere sein, die sie noch einige Jahre spielen dürfte. Obwohl der erste Teil der Reihe Schwächen hatte, entschied sich Netflix wegen des großen Erfolgs, diesen zweiten Film der Reihe zu ordern. Eine gute Wahl? Das klärt die Kritik.

Enola Holmes 2
Gleich zu Beginn des Films ist Enola auf der Flucht vor der Polizei. Wie konnte es dazu kommen?

Die Handlung

Seit Sherlock Holmes (Henry Cavill) seine kleine Schwester als Mündel angenommen hat, um ihre Bruder Mycroft vom Hals zu schaffen, sind einige Monate vergangen. Enola (Millie Bobby Brown) möchte sich als Detektivin im London des späten 19. Jahrhunderts etablieren. Doch keiner der potenziellen Klienten nimmt die junge Frau ernst. Und so will Enola eigentlich schon aufgeben, als ein Mädchen namens Bessy (Serrana Su-Ling Bliss) bei ihr auftaucht, und sie um Hilfe bei der Suche nach ihrer verschwundenen Schwester Sarah bittet. Ehrensache, dass Enola die Kleine nicht abweist und so ist sie wenig später bereits auf Spurensuche in der gemeinsamen Wohnung der Schwestern.

Kurze Zeit später inspiziert Enola dann als Arbeiterin verkleidet die Streichholz-Fabrik, in der sowohl Sarah als auch Bessy arbeiten. Und findet dort sowohl erste Indizien als auch Verdächtige, was das Verschwinden der jungen Frau angeht. Währenddessen ist auch ihr Bruder Sherlock nicht untätig, er sucht nach verschwundenem Geld aus der Staatskasse. Natürlich laufen sich die Geschwister bei ihren jeweiligen Ermittlungen schließlich über den Weg. Leider unter unschönen Bedingungen. Denn im Rahmen ihrer Ermittlungen findet sich Enola plötzlich auf der falschen Seite wieder. Statt als Detektivin gilt sie als dringend tatverdächtig in einem Mordfall. Da kann nur noch die Familie helfen …

Fehler nicht wiederholt

Der erste Film war zwar auf Netflix ein Erfolg, hatte aber seine Schwächen. Die Mischung aus feministischer Botschaft und Kriminalfall funktionierte nicht durchgehend. Immer wieder nahmen sich flammende Reden für Frauenrechte und Aufklärung des Verbrechens gegenseitig den Platz weg und bremsten den Film aus. Auch Enolas sehr regelmäßiges Durchbrechen der vierten Wand, um dem Publikum zu erklären, was es gerade gesehen hatte, war mitunter etwas mühsam mit anzusehen. All das macht Enola Holmes 2 deutlich besser als sein Vorgänger. Denn Regie-Rückkehrer Harry Bradbeer, der vorher hauptsächlich Serienfolgen inszenierte, hat aus den Fehlern des ersten Films gelernt. Zudem spart er auch durch die nicht mehr notwendige  Einführung der wichtigen Charaktere eine Menge Zeit.

Und die steckt Bradbeer diesmal hauptsächlich in die Krimihandlung des Films, ohne deshalb den Kampf der Frauen um mehr Rechte, auch diesmal ein zentrales Thema des Films, zu vernachlässigen. Das bringen Bradbeer und Drehbuchautor Jack Thorne (der auch Teil eins schrieb), diesmal aber besser und schneller auf den Punkt, nutzen dabei sogar historische Fakten, um die Handlung stärker in der Realität zu verankern, als das beim Vorgänger gelang. Das hat zwar zur Folge, dass das Publikum weniger von Helena Bonham-Carter als Enolas Mutter zu sehen bekommt, dafür sind ihre wenigen Auftritte allesamt etwas Besonderes und wirken daher spritziger als im Vorgänger.

Henry Cavill
Diese Frage stellt sich auch Enolas berühmter Bruder Sherlock Holmes.

Der Cast macht Spaß

Im Zentrum steht natürlich auch diesmal wieder Millie Bobby Brown als Enola Holmes. Und nicht nur ihr Charakter im Film ist gereift, auch die 18-jährige ist mittlerweile in den Feinheiten ihres Spiels stärker geworden. So reicht diesmal statt einem minutenlangen Monolog ans Publikum oft schon ein Blick oder ein Lächeln aus, um die Botschaft zu transportieren. Ein Umstand, der das Durchbrechen der vierten Wand deutlich bekömmlicher macht als noch in Teil eins. Bot der auch immer wieder Szenen, in denen die Heldin Zuschauern auf die Nerven ging, so fügt sich der Charakter im zweiten Teil deutlich besser in die Story ein. Und so wirkt Enola Holmes 2 sehr viel mehr aus einem Guss als das erste Abenteuer der jungen Detektivin mit der familiären Vorbelastung in Sachen Verbrechensaufklärung.

Henry Cavill, der hier mehr Zeit vor der Kamera bekommt, bleibt hingegen für Holmes-Puristen ein Grauen. Viel zu muskulös, nicht distinguiert genug und deutlich zu emotional für den Sherlock Holmes der literarischen Vorlage dürfte er allerdings bei der Kernzielgruppe des Films umso besser ankommen. Sam Claflins Mycroft Holmes hingegen kommt im zweiten Teil gar nicht vor – und wird als Charakter auch nicht vermisst. Weitere Versuche seinerseits, seine kleine Schwester in ein Internat zu stecken, hätte die Story wirklich nicht benötigt. Louis Partridge hingegen, der erneut Enolas Love-Interest Tewkesbury spielt, überzeugt erneut mit seiner Mischung aus verantwortungsvollem Adligen und leicht trotteligem Kavalier.

Helena Bonham-Carter
Mutter Eudoria wacht weitgehend aus der Ferne über ihre Jüngste.

Mit David Thewlis hat sich Bradbeer einen überzeugenden Schurken geholt. Der hat vielleicht ein wenig zu viel Spaß am Grimassen schneiden entwickelt. Aber seinen Part als undurchsichtiger Polizist füllt er dennoch gut aus. Natürlich ist auch Enola Holmes 2 ein reiner Unterhaltungsfilm, dem es in erster Linie auf leichte Unterhaltung ankommt. Und der auch mit der Story der Buchvorlage nur wenig am Hut hat. Wer den ersten Film gar nicht mochte, wird auch hier sicher nicht glücklich. Dennoch stellt Enola Holmes 2 in fast jeder Hinsicht eine Verbesserung zum ersten Teil dar und übertrumpft ihn in Sachen Humor und Action. Für einen schönen Familienabend vor dem Fernseher eine gute Wahl!

Fazit:

Enola Holmes 2 ist seinem Vorgänger auf allen Ebenen überlegen. Die Story ist besser, sie kommt deutlich schneller in Tritt. Und sie ist sehr viel fokussierter als die Geschichte des ersten Films. Zudem fühlt sich Millie Bobby Brown in der Titelrolle im zweiten Versuch offensichtlich deutlich heimischer und wohler – und das strahlt auf das Publikum aus. Und so ist der Film eine gelungene Abenteuer-Detektiv-Story mit historisch korrektem Kern, ordentlichen Schurken und einem gut eingefangenen, wenn auch nicht immer realistischen Zeitkolorit. Mit gut zwei Stunden ist auch Teil 2 ein wenig zu lang. Er unterhält aber über weite Strecken ebenso amüsant wie leichtfüßig. Auf diesem Niveau darf gern noch ein dritter Teil folgen.

Enola Holmes startet am 4. November 2022 bei Netflix.

Enola Holmes 2
Für ihren neuen Fall muss sich Enola auch auf dem Parkett der feinen Gesellschaft sehen lassen – kein leichter Job!