Terrified
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Filmkritik: Terrified

Besonders bei Horrorfilmen gibt es immer wieder kuriose Fälle. So kam vor einigen Jahren „The Autopsy of Jane Doe“ nicht einmal in die deutschen Kinos, weil sich kein Verleih fand. Und dass, obwohl Andre Ovredals Film zu den besten Horrorstreifen gehörte, die in dem Jahr überhaupt zu sehen waren. Auch dem argentinischen „Terrified“ geht ein ähnlicher Ruf voraus, lief er doch mit durchgehend wohlwollenden Kritiken in Deutschland auf dem Fantasy-Filmfest. Doch wurde auch dieser Film danach nicht mehr im Kino gezeigt. Schlimmer noch, er war offiziell überhaupt nicht zu sehen. Das ändert sich jetzt. Steht Horrorfans damit ein echter Leckerbissen ins Haus? Das klärt die Kritik.

Terrified
Clara hörte Geräusche in der Spüle. Wenig später nimmt ihr Leben ein tragisches Ende.

Die Handlung

Eine ruhige Wohngegend in Buenos Aires. Clara (Natalia Senorales) hört seltsame Geräusche aus dem Abfluss. Ihr Mann Juan (Augustin Rittano) schiebt das auf die alten Rohre, die überall im Viertel noch verbaut sind. Doch eines Nachts, nachdem Clara ins Bad verschwunden ist, hört auch er Geräusche. Klopfgeräusche, die sich anhören, als kämen sie von seinem Nachbarn Walter (Demian Salomon), der seit einigen Wochen sein Haus renoviert. Wütend geht Juan zum Nachbarhaus, doch Walter reagiert nicht auf sein Klopfen und Schimpfen. Wieder zuhause muss er feststellen, dass die Klopfgeräusche einen weitaus schlimmeren Grund aufweisen, als eine Renovierung.

Weil sich die merkwürdigen Vorfälle in der Straße häufen, schaltet Commissioner Funes (Maximilliano Ghione) seinen Freund Jano (Robert Gonzalo) ein, einen Experten für unerklärbare Phänomene. Und der sieht sich nicht nur mit der Leiche eine Jungen konfrontiert, die offenbar allein vom Friedhof wieder nach Hause gekommen ist, sondern auch mit weiteren Ereignissen, die er nicht zuordnen kann. Bald taucht mit Dr. Mora Albreck (Elvira Onetto) eine weitere Parapsychologin auf, weil sie einige verstörende Fotos von Walter erhalten hat. Gemeinsam mit einem dritten Fachmann durchsuchen die drei in Begleitung von Funes die betreffenden Häuser genauer. Mit furchterregenden Ergebnissen …

Starker Beginn

Zu Beginn von Terrified wundert die Begeisterung nicht, die viele dem Film entgegenbringen, die ihn vor Jahren gesehen haben. Denn die ersten Minuten des Films sind absolut furios und zeigen Szenen, die eben nicht schon dutzende Male von anderen Storys genutzt wurden. Stattdessen wirkt das ganze Setting, wenngleich nicht komplett neu, doch relativ frisch und innovativ. Allerdings weist Terrified auch zu Beginn schon Schwingungen auf, die an die Original-„The Grudge“-Filme erinnern. Auch wenn hier, im Gegensatz zu den japanischen Filmen, nicht schon zu Beginn eine Erklärung für die Vorkommnisse geliefert wird. Das kommt erst relativ spät.

Und auch nach einer kleinen Auszeit in Sachen Spannung dreht Terrified in Sachen Atmosphäre und Nervenkitzel mit einem toten Kind noch einmal auf. Die Szenen, in denen sich zwei Männer über dem am Tisch sitzenden Leichnam über die Vorgänge unterhalten, sind handwerklich erlesen gut. Und strapazieren das Nervenkostüm. Lieder geht es aber ab diesem Moment auch schon langsam, aber stetig bergab. Wiederholungen schleichen sich ein und wirken beim zweiten Mal längst nicht mehr so stark wie zuvor. Dazu gesellen sich Charaktere, die einfach nicht sonderlich gut geschrieben sind. Denn das in vielen Filmen auftauchende Phänomen von völlig unwissenschaftlich arbeitenden Wissenschaftlern bekommt leider auch hier breiten Raum.

Terrified
Auch Nachbar Walter erhält Besuch, den er nicht hereingebeten hatte.

In der Mitte ein Bruch

So treffen die drei angeblichen Spezialisten dermaßen dumme Entscheidungen, dass hier eine Menge Horror schlicht liegenbleibt, weil man sich als Zuschauer so über diese lächerlich agierenden Figuren ärgert. Zudem verliert das Drehbuch in der zweiten Hälfte des Films ein wenig den roten Faden und tendiert dazu, Schock an Schock zu reihen, ohne den Ideen die notwendige Zeit zu geben, sich entwickeln zu können. Auch die Erklärung für all die Vorkommnisse ist, wenn sie denn endlich erfolgt, nur wenig überzeugend. Auch, weil sie eben nicht gezeigt, sondern nur gesagt wird. Hier mag auch das Budget dem Regisseur und Autor Grenzen gesetzt haben, was er zeigen kann – und was nicht.

Denn bei dem, was er zeigen kann, haben seine Spezialeffekte-Spezialisten einen ordentlichen Job abgeliefert. Die Kreaturen sind unheimlich, ohne jemals albern oder überzogen zu wirken. Und die Kamera setzt diese Momente auch sehr gut in Szene. Allerdings hat Terrified einen guten Teil seiner Schocks auch einer ausgezeichneten Tonspur zu verdanken. Die unheimlichen Geräusche tragen erheblich zur insgesamt bedrohlichen Atmosphäre der Häuser bei. Und auch die Musik, die immer wieder leichte John-Carpenter-Anleihen nimmt, kann im Gesamtkontext überzeugen. Die deutsche Tonspur ist hingegen weniger beeindruckend, die deutschen Texte klingen oft seltsam gestelzt und hin und wieder auch merkwürdig gelangweilt.

Terrified
Als ein toter Junge den Weg nach Hause findet, ist für die Polizei das Maß voll – es muss etwas passieren!

Auch schauspielerisch bietet Terrified eher Durchschnitt, was auch durch die deutschen Stimmen verstärkt wird. Zumindest wirken viele Szenen, in denen Charaktere selbst nicht zu wissen scheinen, warum sie gerade etwas tun, eher seltsam als gruselig. Allerdings setzt Regisseur Demian Rugna auch mehr auf seine Inszenierung als auf seinen Cast, um das Publikum zu erschrecken. Zwar ist keiner der Darsteller in irgendeiner Weise auffallend schwach, aber es bleibt auch keines der Gesichter wirklich im Gedächtnis.

Fazit:

Mit Terrified gelingt Regisseur und Autor Demian Rugna ein sehr ordentlicher Beitrag zum Haunted House-Sub-Genre des Horrorfilms. Die Effekte sitzen, die Inszenierung ist gut und vor allem in der ersten Hälfte macht der Film sehr viel richtig. Und dürfte auch erfahreneren Horrorfans eine hochgezogene Augenbraue entlocken. Leider schwächelt das Drehbuch ab der Hälfte merkbar und vieles wirkt ab diesem Zeitpunkt unlogisch und erzwungen, um die Story noch zu  einem vernünftigen Ende zu bringen. Immerhin ist die letzte Szene wieder so gut wie der Anfang – hier schließt sich der Kreis. Insgesamt vor allem für Fans von Spukfilmen eine Empfehlung. Vielleicht kein Meisterwerk, aber definitiv gut genug, um endlich in Deutschland sichtbar zu werden.

Terrified ist seit dem 1. Oktober 2023 digital zu haben und erscheint am 20. Oktober auf Blu-Ray.

Dr. Albrack
Kann die Wissenschaftlerin Dr. Albreck etwas Licht ins Dunkel bringen?