Ist Ian Somerhalder dau verdammt, auf ewig in Vampirserien mitzuspielen? Der Schluss liegt nahe, hat der Schauspieler doch nicht nur die Hauptrolle in der neuen Netflix-Serie „V Wars“ übernommen, sondern auch gleich noch den Job des Regisseurs und Produzenten dazu. Weist die kanadische Serie Parallelen zu „The Vampire Diaries“ auf, mit denen Somerhalder zum Star wurde? Oder geht es hier um ganz andere Vampire als damals? Das verrät die Kritik.
Bevor die Zombies kamen, waren Vampire bei Filmemachern extrem beliebte Monster, die nach dem Blut der Lebenden gierten. Ob ganz traditionell wie bei „Dracula“, mit dem Autor Bram Stoker die mittelalterlichen Legenden zusammenfasste und auf einen Schlag wieder berühmt machte. Oder auch in moderneren Ansätzen wie der Comicverfilmung „30 Days of Night“ oder „The Strain“. Die beiden letztgenannten dürften auch für V Wars Pate gestanden haben, obwohl die Serie auf einem eigenen Comic basiert. Wie gut ist sie?
V Wars: Die Handlung
Wissenschaftler Dr. Luther Swann (Ian Somerhalder) wird von einem Kollegen gebeten, sich eine Forschungseinrichtung in der Arktis einmal genauer anzusehen. Denn von dort kommen seit Tagen keine Lebenszeichen mehr. Gemeinsam mit seinem besten Freund Michael (Adrian Holmes) tritt Luther die Reise an und entdeckt vor Ort lange tiefgefrorene Erreger, die durch den Klimawandel aufgetaut wurden – und offenbar unbekannte Krankheiten übertragen können. Luther und Michael kommen nach ihrer Rückkehr sofort in Quarantäne.
Doch während Luther sich nach hohem Fieber langsam erholt, scheint Michael gar nichts zu fehlen. Doch dann häufen sich in der Stadt plötzlich mysteriöse Todesfälle, bei denen den Opfern große Mengen Blut fehlen. Und Michael kann sich immer häufiger nicht an die vergangene Nacht erinnern. Als Luther schließlich von seinem Freund zum Fundort einer Leiche gerufen wird, kann sich der Wissenschaftler den Fakten nicht länger verschließen. Michael ist eine Art Vampire geworden – und er ist offenbar hoch ansteckend …
V Wars: Blutige Teenie-Serie
Somerhalders großer Erfolg, die über achte Staffeln laufende Serie The Vampire Diaries, brachte bereits zwei Spin-Offs hervor und gilt als gelungene Fantasy-Horror-Serie, die sich allerdings in Sachen Gewalt zurückhielt. Da ist V Wars von ganz anderem Kaliber. Denn die Tischmanieren der Vampire hier erinnern deutlich mehr an die extrem brutalen Blutsauger aus 30 Days of Night, die einem Opfer schon mal den halben Hals wegrissen, um an sein Blut zu gelangen. Mit Mystery und Romanze hat diese Serie ebenfalls nichts am Hut.
Dennoch erinnert sich von der Machart sehr an TV-Serien wie „Bitten“, und das nicht nur, weil Laura Vandervoort hier wie dort eine Hauptrolle übernommen hat. V Wars ist zwar blutig, aber nie unheimlich. Die Attacken der Vampire sind selten wirklich erschreckend inszeniert. Stattdessen werden sie so in Szene gesetzt, dass die Protagonisten gut ausgeleuchtet sind und möglichst perfekt aussehen. Außer Luther und Michael, die wenigstens einen Hauch Komplexität bekommen, ist der ganze Rest des Casts komplett eindimensional.
V Wars: Gut gemacht, mäßig geschrieben
Ob die Guerilla-Reporterin, die für eine Story über Leichen geht. Oder die laszive Rothaarige, die auch als Vampir lieber Männer flachlegt, als sie zu töten. Nicht zu vergessen der düstere General, der alle Probleme mit Gewalt lösen will. Keine dieser Figuren darf mehr sein als ein Klischee. Und so holzschnittartig, wie sie geschrieben sind, agieren auch einige der Darsteller vor der Kamera. Hier verschenkt die Serie nicht nur einiges an Intensität, sondern auch an Atmosphäre. V Wars präsentiert zwar Action, aber wenig Horror.
Auch das Tempo ist alles andere als gelungen. Nachdem die Pilotfolge noch flott unterwegs ist und schnell die Weichen für das kommende Szenario stellt, bremsen die nächsten Episoden die Erzählgeschwindigkeit brachial herunter. In manchen Folgen passiert so gut wie nichts, was die Handlung voranbringen würde. Immer wieder sieht der Zuschauer den entsetzten Gesichtsausdruck von Ian Somerhalder – und fragt sich zunehmend, warum. Erst nach der Hälfte der ersten Staffel ist das Etappenziel halbwegs erreicht, das den Titel der Serie rechtfertigt.
Die Entwicklung dahin muss der Zuschauer aber erahnen. Die Macher haben, möglicherweise aus Kostengründen, darauf verzichtet, den Ausbrauch der Infektion zu einem landesweiten Problem in adäquate Bilder zu fassen. Mehr oder weniger plötzlich erscheinen hunderte von Vampiren auf der Bildfläche. So ist V Wars zwar mit gut aussehenden Charakteren gefüllt, bleibt aber inhaltlich weitgehend leer. Deutlich besser inszeniert als geschrieben, ist die Serie hauptsächlich für Zuschauer gedacht, denen die Optik wichtiger ist als die Story.
Fazit:
Nett anzusehen ist V Wars in jedem Fall – und ordentlich Blut fließt in dieser Vampirserie auch. Damit sind die positiven Seiten der Serie aber auch schon erschöpft. Der Spannungsaufbau ist kaum vorhanden, Logiklöcher gibt es auch reichlich. Und Grusel will in der gefälligen, aber sehr oberflächlichen Serie so gar nicht aufkommen. Als recht brutale Dark Fantasy-Action-Serie geht V Wars noch am ehesten durch, wer hier atmosphärischen Horror erwartet, wird aber enttäuscht.
V Wars startet am 5. Dezember 2019 bei Netflix.
Gesehen: Fünf von zehn Folgen