Wenn es eine Science-Fiction-Saga gibt, die in einem Atemzug mit Frank Herberts „Dune„-Epos genannt wird, dann ist es Isaac Asimovs „Foundation“-Zyklus. Von den frühen 40er Jahren bis zu seinem Tod 1992 schrieb der Autor an seinem Werk, und auch danach wurde es von anderen Sci-Fi-Schriftstellern weitergeführt. Apple TV erwarb die Rechte an diesem Mammutwerk und holte sich die erfahrenen Drehbuchautoren David S. Goyer („Batman“-Trilogie) und Josh Friedman („Snowpiercer„) als Showrunner, um den komplexen Stoff auf den Bildschirm zu bringen. Goyer gab bekannt, dass die Planung der Serie acht Staffeln zu je zehn Folgen vorsehe. Ob dafür eine realistische Chance besteht, klärt die Kritik.
Die Handlung
Jahrtausende in der Zukunft. Die Menschheit hat die gesamte Galaxis besiedelt, die Erde als Ursprung ist dabei längst in Vergessenheit geraten. Die neue Heimatwelt des galaktischen Imperiums ist Trantor. Dort lehrt und entwickelt der geniale Mathematiker Hari Seldon (Jared Harris) seine neu gegründete Wissenschaft der Psychohistorie. Die stellt aufgrund historischer Fakten Hypothesen zur Zukunft auf. Seldons Forschungen kommen zu dem Ergebnis, dass das Imperium dem unwiederbringlichen Untergang geweiht ist und durch keinerlei Maßnahmen mehr zu retten ist. Das hört der Imperator Bruder Tag (Lee Pace) natürlich gar nicht gern, wähnt er sich doch mit seinen beiden Klonen Bruder Morgen und Bruder Abend im Zenit seiner Macht.
Also wird die junge Gaal (Lou Llobell) nach Trantor geholt, die ebenfalls als mathematisches Genie gilt, um Seldons Thesen zu überprüfen. Als sie zu den gleichen Schlussfolgerungen kommt wie Seldon, geraten beide Wissenschaftler in tödliche Gefahr. Doch schließlich schickt der Imperator Seldons Gruppe nicht in den Tod, sondern ins Exil auf den unwirtlichen Planeten Terminus. Der brillante Geist hat das aber vorausgesehen und präzise Planungen im Kopf, wie man die dunkle Zeit der Menschheit nach dem Ende des Imperiums von 30000 auf nur 1000 Jahre verkürzen könnte. Doch dazu muss sein Jahrtausendplan fast minutiös aufgehen. Kann ein Mensch wirklich so weit in die Zukunft planen? Oder ist die Menschheit doch am Ende?
Schwerer Start
Etliche Romane und Kurzgeschichten erzählen Asimovs Story über einen Zeitraum von mehr als 400 Jahren – und alles davon hat seinen Sinn und Platz in der Saga. Für eine Serien-Adaption also eine denkbar ungünstige Ausgangslage, um eine stringente, spannende Geschichte zu zeigen. Und die ersten Folgen ächzen auch hörbar unter der Last dessen, was sie an Weltenerklärung und Charakterzeichnung leisten müssen. Denn es werden nicht nur relativ viele Figuren eingeführt, die fast alle keine normalen Menschen sind. In Foundation bekommt es der Zuschauer neben Imperatoren auch mit Genies und Cyborgs zu tun, aber kaum eine Figur ist dabei, mit der das Publikum schnell warm wird oder in die es sich einfach hineinversetzen könnte. Das hüllt die Serie in eine recht kühle Ausstrahlung.
Dazu kommt eine hohe Fluktuation. Wer in den ersten beiden Folgen prominent auftaucht, spielt in Folge drei schon keine Rolle mehr. Dafür werden neue Charaktere eingeführt, mit denen sich der Zuschauer anfreunden muss. Das alles hat auf lange Sicht seinen Sinn, der Einstieg ist aber trotz zweier sehr erfahrener Autoren holprig. Denn ähnlich wie in Herberts Dune bieten die Protagonisten wenig Chancen, ihr Tun nachzuvollziehen. Wer Pläne für tausend Jahre im Voraus schmiedet oder sich seit Jahrhunderten immer wieder klonen und von sich selbst aufziehen lässt, hat mit normalen Menschen zu wenig gemeinsam, um als Held zu funktionieren. Immerhin glänzt Lee Pace als schurkischer Imperator, der für den Machterhalt über Leichen geht – und zwar über viele.
Edler Look, kühle Figuren
Jared Harris bleibt als Genie hingegen blass, weil er auch kaum Chancen hat, sich in die Herzen der Zuschauer zu spielen. Und die junge Lou Llobdell als Heldin aufzubauen, das geht auch nicht auf. Denn trotz vieler Emotionen, die die Autoren der Figur auf den jungen Leib schreiben, springt der Funke in der kühlen Atmosphäre der Serie nur schwer über. Foundation richtet sich deshalb auch von Beginn an direkt an den Intellekt des Publikums – und nicht an das Herz. Wer von der Grundidee der Serie nicht gefesselt ist und aus Neugier auf die Entwicklung ständig neue Charaktere und Zeitsprünge in Kauf nimmt, wird mit dieser Serie nicht glücklich. Denn Foundation lässt sich auch nur schwer nebenbei schauen, die Serie verlangt von ihrem Publikum ständige Aufmerksamkeit, um den Faden nicht zu verlieren.
Optisch belohnt Foundation dafür üppig. Wie die meisten Apple-Serien sieht auch diese einfach grandios gut aus. Hier gibt es keine halben Sachen, weder bei den Effekten, noch bei Ausstattung oder Kostümen. Jedes Bild wirkt durchkomponiert, jeder Lichtstrahl beabsichtigt. Auf einem großen 4k-Bildschirm entfaltet Foundation so einen starken optischen Sog, dem man sich kaum entziehen kann. Das macht die Story zwar nicht einfacher, aber es hilft definitiv dabei, weiterzuschauen. Auch, wenn man nicht alles versteht. Denn vieles bleibt auch absichtlich zunächst unerklärt. Zudem sind Friedman und Goyer dem Geist der Vorlage verpflichtet. Und kümmern sich sehr um das große Ganze – und wenig um die kleinen Geschichten darunter.
Das macht Foundation zur klaren Empfehlung für echte Science-Fiction-Fans, die darunter nicht Fantasy-Märchen wie „Star Wars“, sondern philosophische Betrachtungen über mögliche Zukünfte der Menschheit verstehen. Wie in Dune macht sich Asimov auch Gedanken über viele unterschiedliche Aspekte des Lebens, orientiert sich bei seiner Saga aber mehr an historischen Fakten wie dem Untergang des Römischen Reiches. Dementsprechend wird hier sehr viel mehr gesprochen als geschossen oder gekämpft. Für ein nicht Sci-Fi-affines Publikum womöglich zu viel. Besonders zugänglich ist Foundation für Gelegenheits-Utopisten jedenfalls nicht. Wer aber genug Geduld mitbringt, taucht in ein faszinierendes Universum ein, dass es so nicht ein zweites Mal gibt. Ob Apple das aber acht Staffeln lang produziert, bleibt zumindest zweifelhaft.
Fazit:
Mit Foundation wagt sich Apple TV+ an eine der komplexesten und umfangreichsten Science-Fiction-Sagas überhaupt – und diese Last merkt man den ersten Folgen auch deutlich an. Die Drehbuchautoren und Showrunner David S. Goyer und Josh Friedman peitschen manche Erklärungen im Schweinsgalopp durch, um den Zuschauer nicht zu sehr mit dem Aufbau der Serienwelt und dem Kennenlernen der Figuren zu langweilen. Doch genau das erfordert hohe Aufmerksamkeit, um nichts Wichtiges zu verpassen. Für Fans anspruchsvoller Science Fiction ist die Serie zwar allein schon wegen der großartigen Optik das Ansehen wert. Wer aber bislang mit Sci-Fi nicht viel am Hut hatte, für den dürfte diese Serie als Einstieg eine Nummer zu komplex sein.
Foundation startet am 24. September 2021 mit einer Doppelfolge, danach folgt eine weitere pro Woche.