Der Pass

Serienkritik: Der Pass

Sky macht es selbst! Nach der gelungenen Serien-Fortsetzung des Kino-Klassikers „Das Boot“ schickt der Pay-TV-Sender jetzt mit „Der Pass“ ein ungewöhnliches Ermittler-Duo auf die Spur eines brutalen Serienmörders im Grenzgebiet zwischen Deutschland und Österreich. Ist nach dem Weltkriegs-Drama auch der düstere Psycho-Krimi sehenswert oder säuft Sky mit seiner neuen Eigenproduktion ab?

Mit schrägen Partnern in düsteren Krimis hat das Fernsehen in den vergangenen Jahren gute Erfahrungen gemacht. Ob in „Die Brücke“, in denen ein schwedisch-dänisches Duo über mehrere Staffeln Killer jagte. Oder das grandiose Team Woody Harrelson und Matthew McConaughey in der ersten Staffel von „True Detective“, das sich eigentlich nicht leiden konnte, aber dennoch einen fiesen Mörder zur Strecke brachte. Wie schlagen sich Julia Jentsch und Nicholas Ofczarek bei ihrem Fall?

Der Pass
Nicholas Ofczarek spielt die Rolle des heruntergekommenen Ermittlers Gedeon Winter grandios.

Der Pass: Die Handlung

Genau auf dem Grenzstein zwischen Deutschland und Österreich hoch in den Alpen wird die Leiche eines Mannes gefunden, der dort platziert und mit Symbolen bestückt wurde. Kommissarin Ellie Stocker (Julia Jentsch) findet am Tatort Hinweise darauf, dass der Mörder sein Opfer als Bestrafung für schlimme Taten getötet hat. Während sie schnell für den Fall brennt, hat ihr österreichischer Kollege Gedeon Winter (Nicholas Ofczarek) augenscheinlich wenig Interesse an dem skurrilen Verbrechen.

Das ändert sich erst, als in Österreich ein reicher Industrieller offenbar vom selben Täter umgebracht wird, dem aber die Geliebte seines Opfers entkommt. Sie identifiziert den Mörder als den Krampus, eine Sagengestalt der Region, der mit dem Nikolaus umherzieht und die unartigen Kinder mit einem Klaps seiner Rute bestraft. Winter und Stocker finden auch bald eine erste Spur. Sie führt zu einer geheimnisvollen Sekte, die tief in den Wäldern lebt und eine Rückkehr zum harmonischen Miteinander mit der Natur predigt – mit grausamen Mitteln …

Der Pass: Düster und spannend

Dunkler Himmel, eiskalte Luft, mürrische Bewohner. In Der Pass machen die Autoren und Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert schnell klar, dass sie keine harmlose Story erzählen wollen. Und so hat die Serie mit sonstigen deutschen Krimis auch nur wenig zu tun, in denen junge, adrette Beamte in hellen Büros Verbrechen aufklären. Deshalb ist die Figur des Gedeon Winter nicht nur ein völlig kaputter Typ mit Drogenproblemen. Er trägt auch über weite Teile der Serie das wohl verknitterste Sakko, das je im TV zu sehen war. Heile Welt – das gibt es hier nicht.

Und ist man zu Beginn der Serie noch leicht genervt vom klischeebehafteten Bild des durch den Job zerstörten Cops, so verliert sich das mit jeder Minute, weil der mit Abstand bestentwickelte Charakter der Serie mit Nicholas Ofczarek auch noch hinreißend gespielt wird. Wie McConaughey bei seiner langen Aussage, bei der er sich ein Sixpack Bier hinter die Binde kippt, ist auch Ofczareks Figur an sich selbst offenkundig nur noch wenig interessiert. Und verbeißt sich wie ein wütender Terrier in den Fall – selbst, wenn es ihn das Leben kosten sollte.

Der Pass
Lucas Gregorowicz spielt einen skrupellosen Journalisten, der sich tief in den Fall des Krampuskillers gräbt.

Der Pass: Die Mischung macht’s

Gegen diesen Wirbelwind an Flüchen, Dackelblicken und Wutausbrüchen hat Julia Jentsch denn auch kaum eine Chance, was aber nicht an ihr, sondern an der deutlich schwächer geschriebenen weiblichen Hauptrolle liegt. Diese Diskrepanz ist eine der wenigen Schwächen der Serie, die ansonsten ein weiteres Mal nach „Babylon Berlin“ und „Das Boot“ beweist, dass in Deutschland sehr gute Serien auf internationalem Niveau entstehen können, wenn die Finanzen und das Kreativ-Team stimmen. Der Pass kann sich locker mit guten Serien aus England oder Skandinavien messen.

Das liegt auch am gelungenen Genre-Mix, den Boss und Stennert anbieten. So hätte die Story nach den ersten beiden Folgen noch jedes Potenzial, in eine derbe Horrorstory abzukippen. So unheimlich gelingen Kameramann Philip Peschlow viele seiner Bilder, so kalt und abweisend ist das Szenario. Dennoch findet sich der Zuschauer mit Folge drei in einem ganz anderen Genre wieder. Dem Psycho-Thriller, der dem Mörder so nah kommt, dass die kranken Gedanken des Killers fast in den eigenen Kopf kriechen.

Dass die Story dann doch als recht konventioneller Krimi endet, dürfte dem Geschmack des deutschen Publikums geschuldet sein. Das in der Masse auf phantastische Stoffe leider allergisch reagiert und außer Krimis nicht wirklich etwas sehen möchte. Trotzdem bleibt die Atmosphäre in jedem dieser angekratzten Genres der Star von Der Pass. Selten hat sich eine Serie so stark über Bilder und die durchweg gelungene Musik aus dem Hause Hans Zimmer definiert. Und die Spannung hochgehalten, obwohl die klassische Mörder-Rätseljagd hier gar nicht stattfindet.

Fazit:

Das deutsche Serienjahr fängt gut an! Mit Der Pass präsentiert Sky eine durchgehend spannende und gut gespielte Psycho-Horror-Crime-Story, die vom phantastischen Spiel von Nicholas Ofczarek gekrönt wird. Dazu gesellen sich großartig gruselige, aber auch ästhetische Bilder und ein packender Soundtrack, der kaum einen Zuschauer kalt lassen dürfte. Wer die düsteren skandinavischen und britischen Krimis mag, der kommt an Der Pass eigentlich auch nicht vorbei. Auf diesem Niveau darf es gern weitergehen mit deutschen Serien.

Der Pass läuft ab dem 25. Januar 2019 bei Sky.

Gesehen: Acht von acht Folgen.

Der Pass
Kameramann Philip Peschlow sorgt für Bilder, die gleichzeitig beklemmend und ästhetisch sind.