Blutiger Trip

Serienkritik: Blutiger Trip

Im Science-Fiction-Bereich kennt jeder Fan mittlerweile die grandiose Serie „Black Mirror“. In einzelnen, völlig voneinander unabhängigen Episoden erzählt diese Serie Geschichten aus einer möglichen Zukunft oder alternativen Realität, die mit technischen Möglichkeiten einhergeht. Ob die Macher von „Blutiger Trip“ eine ähnliche Idee für kleine, fiese Horror-Storys im Kopf hatten, als sie ihre Serie konzipierten? Durchaus denkbar! Ob sie damit Erfolg hatten, klärt die Kritik.

Viele bekannte Kurzgeschichten stammen aus dem Bereich Horror oder Thriller. Meister ihres Fachs wie Edgar Allan Poe, H.P. Lovecraft, Stephen King oder Roald Dahl setzen auf Storys, die häufig im letzten Moment einen Twist aufweisen, der die Geschichte plötzlich in einem anderen Licht darstellt. Wie im Fall von Dahl müssen das nicht unbedingt übernatürliche Elemente sein, auch die Boshaftigkeit der menschlichen Natur reicht oft aus, um eine fiese, kleine Idee zu einer coolen Story zu machen. Kann das auch Blutiger Trip beweisen?

Blutiger Trip
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Blutiger Trip: Die Handlung

Sechs Kurzgeschichten ohne Zusammenhang umfasst die erste Staffel. Einzige Gemeinsamkeit: Zu Beginn jeder Folge sitzen die Helden der Story gemeinsam in einem unheimlichen Bus und fahren – möglicherweise – in die Hölle. In der ersten Folge zieht ein Paar aus der Großstadt aufs Land und erlebt dort eine ungewöhnliche Methode, zu viel Geld zu kommen, allerdings mit tödlichen Folgen. Danach kommt ein junger Mann nach drei Jahren Behandlung in der Psychiatrie endlich auf freien Fuß. Doch beim gemeinsamen Ausflug mit seinen beiden älteren Brüdern treten dunkle Geheimnisse aus der Vergangenheit ans Licht.

Episode drei befasst sich mit einer jungen Frau aus reichem Hause, die unbedingt Schriftstellerin werden möchte. Als sie beim Seminar einer berühmten Autorin einen unscheinbaren Mann kennen lernt, denkt sie sich nichts dabei. Doch bald läuft ihr Leben komplett aus dem Ruder – wie in einem schlechten Roman. Ob es da einen Zusammenhang gibt? Weitere Storys: Ein Abendessen mit Industrie-Spionage, die Wiedereröffnung einer gruseligen Schule und eine Büroparty mit Geistern als besondere Überraschung …

Blutiger Trip: Kein Black Mirror

Um keine falschen Erwartungen aufkommen zu lassen: Mit Black Mirror kann die norwegische Serie nicht mithalten. Dazu fehlen schlicht die bahnbrechenden neuen Ideen, denn die sechs Folgen von Blutiger Trip sind in ihrem Ursprung allesamt nicht neu. Schon eher erinnern sie an „Geschichten aus der Gruft“, die sich wiederum an alten US-Horrorcomics orientieren. Denn meist geht es um schlechte Menschen oder Personen, aus denen die Gelegenheit schlechte Menschen macht. Und die daher das meist böse Ende ihrer Geschichte moralisch verdienen.

In ihrer Qualität sind die einzelnen Folgen auch recht unterschiedlich. Von relativ öde bis ganz ansehnlich ist alles vertreten. Einen Ausreißer nach oben sucht der Fan allerdings vergeblich. Das liegt meist an den Storys, die mit ihren knapp 30 Minuten oft entweder zu lang für die kleine oder zu kurz für eine größere Idee sind und so thematisch oft zwischen den Stühlen sitzen. Dafür stimmt für Horrorfans der Blutgehalt. Zwar feiern die Macher hier keine Gore-Orgien ab, aber die eine oder andere böse Stelle weist eigentlich jede Folge auf.

Blutiger Trip
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Blutiger Trip: Gut für Einsteiger

Und somit eignet sich die Serie weniger für gestandene Horrorfreunde als vielmehr für Neulinge oder empfindliche Zuschauer. Denn die 30 Minuten sind besser durchzuhalten als ein ganzer Spielfilm. Der Grad an Gewalt ist nicht übertrieben hoch. Und die Storys selbst sind auch eher böse und makaber als wirklich unheimlich. Hin und wieder kommt sogar ein Schuss Humor, wenn auch aus der dunklen Kategorie, dazu. Und so erinnert die Serie tatsächlich zumeist an die „Küsschen, Küsschen“-Sammlungen des Briten Roald Dahl und weniger an die Klassiker des Genres.

Fans dürften auch deshalb Probleme mit der Serie haben, weil jede Idee schon einmal in ähnlicher Form Verwendung fand. So orientiert sich Folge eins lose am Märchen vom Fischer und seiner Frau, Episode zwei verbeugt sich vor Hitchcocks „Psycho“ und so weiter und so fort. Das ist alles dennoch ganz nett, mehr aber eben auch nicht. Dazu kommt, dass die deutscher Synchronisierung zwar stets ordentlich ist, aber auch nie mehr als das. Richtig mitreißende Momente schaffen die Sprecher so nicht – und Emotion gehört zum guten Horror nun einmal dazu.

Als kleine Gemeinheit für zwischendurch taugt Blutiger Trip schon, Genre-Freunde sollten ihre Erwartungen aber nicht zu hoch hängen. Das liegt zum einen am Budget, dass sichtbar nicht sonderlich hoch war, zum anderen auch an Schauspielern, die in ihren Rollen nicht wirklich überzeugend agieren. Wer aber seinen Spaß an kleinen, fiesen Storys ohne große Nachhaltigkeit oder Tiefgang hat, der sollte sich ruhig auf Verdacht einmal eine Folge ansehen. Unser Tipp: Drei kranke Brüder.

Fazit:

Im Norden nichts Neues! Die Anthologie-Serie Blutgier Trip aus Norwegen macht zwar nichts völlig falsch, bleibt aber zu sehr in bekannten Ideen und Klischees verhaftet, um dem Horror-Sektor etwas Neues hinzuzufügen. Zum Teil durchschnittliche Schauspieler und eine routinierte deutsche Synchronisation ohne Highlights machen die Sache auch nicht besser. Als kleiner fieser Genre-Happen mit mehr oder weniger gelungener Schluss-Pointe taugen die sechs Episoden aber durchaus – und für Horror-Neulinge ohnehin.

Blutiger Trip startet am 13. März 2020 bei Netflix.

Gesehen: Drei von sechs Folgen.

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