Das Boot

Serienkritik: Das Boot

Seit „Das Boot“ 1981 ein Welterfolg in den Kinos wurde, ist es aus dem kollektiven Kulturgedächtnis Deutschlands nie wieder ganz verschwunden. Mal gab es eine Langversion von mehreren Stunden im TV, mal stürmte Alex Christensen mit der Techno-Version des Soundtracks die Charts. Aber etwas komplett Neues schien illusorisch – bis jetzt. Denn nun hat Sky gemeinsam mit zwei Produktionsfirmen eine achtteilige Serie produziert, die als Fortsetzung der Geschehnisse um U-96 fungiert. Sollten die Zuschauer da an Bord gehen?

Lothar-Günther Buchheims Roman diente als Vorlage zum Kinofilm, die Serie basiert aber nicht direkt auf einem seiner Bücher. Dennoch war das Buch natürlich eine Inspiration für die Serie, zumal sie sich in Teilen deutlich am Originalfilm orientiert. Buchheims Geschmack hätte sie wohl trotzdem nicht getroffen, denn die Drehbuchautoren Tony Saint und Johannes W. Betz machen aus dem ehemals klaustrophobischen Alptraum eine Serie, die viele, unterschiedliche Geschichten erzählt – zu Wasser und zu Land. Geht das auf?

Das Boot
Frank Strasser muss auf Feindfahrt – und bittet seine Schwester Simone deshalb um einen großen Gefallen.

Das Boot: Die Handlung

Herbst 1942. Während ein deutsches U-Boot mit Mann und Maus versenkt wird, werden im französischen La Rochelle bereits neue Boote für den Einsatz gegen die Alliierten klar gemacht. Doch Deutschland verfügt kaum noch über erfahrene Matrosen und Offiziere. Und so wird die U-612 weitgehend mit Grünschnäbeln bestückt – wie dem jungen Kapitän Klaus Hoffmann (Rick Okon), dessen Vater im Ersten Weltkrieg ein großer Kommandant war. Sein erster Offizier Tennstedt (August Wittgenstein) fühlt sich dadurch übergangen und intrigiert, wo er kann.

Zeitgleich erreicht Simone Strasser (Vicky Krieps) die Stadt, um einen Job als Dolmetscherin anzutreten und ihren Bruder Frank (Leonard Scheicher) zu sehen, der als Funker Dienst tut. Doch der wird noch am selben Tag auf die U-612 abkommandiert und bittet Simone, in seinem Namen eine gefährliche Transaktion abzuwickeln. Offenbar ist ihr Bruder in einen Spionagefall verwickelt, anders lässt sich die Anwesenheit der Amerikanerin Carla (Lizzie Caplan) kaum erklären. Während Gestapo-Mann Forster (Tom Wlaschiha) an Land die Spione jagt, läuft die U-612 aus …

 Das Boot: Internationale Qualität

Ganze 25 Millionen Euro flossen in die Produktion von acht Folgen, damit ist Das Boot pro Episode noch teurer als „Babylon Berlin“, das für 16 Folgen 40 Millionen Budget hatte. Doch das Geld ist auch hier gut angelegt. So überzeugen die Kulissen von La Rochelle ebenso wie die Aufnahmen aus den engen, dunklen Booten, mit denen der Film 1981 so überzeugen konnte. Dazu haben die Produzenten mit Stars wie Lizzie Caplan („Masters of Sex“) oder Vincent Kartheiser („Mad Men“ ) auch international bekannte Gesichter verpflichtet. All das tut der Serie gut.

Und sie ist im Gegensatz zu der Fünf-Stunden-Version des Kinofilms, die im TV als Serie lief, eine echte Serie mit vielen verschiedenen Handlungssträngen und jeder Menge Dramatik. So gerät Simone in la Rochelle immer mehr zwischen die Fronten von Geheimpolizei und Resistance. Während ihr Bruder auf dem Schiff stärker unter Druck gerät, weil er als geborener Franzose jede Menge Misstrauen erweckt. Und der interne Machtkampf auf U-612 die gesamte Mannschaft mit hineinzieht und so zur größten Gefahr zu werden droht.

Das Boot
Doch das geht fast schief. Nur knapp kann Simone bei dem Treffen entkommen. Ihre Kontaktperson hat weniger Glück und landet in den Fängen des Gestapo-Mannes Forster.

Das Boot: Drama statt Horror

Wer sich von der Serie aber regelmäßig Momente wie im Kinofilm erwartet, in denen die Männer sich fast nicht zu atmen trauen, damit über ihnen kreisende Zerstörer sie nicht entdecken und mit Wasserbomben eindecken, der wird enttäuscht. Was im Film breiten Raum einnimmt und auch die Intention Buchheims war – den Schrecken des Unterwasser-Kriegs zu zeigen -, das spielt zumindest in den ersten vier Folgen der Serie kaum eine Rolle. Von den ersten fünf Minuten einmal abgesehen.

Dafür kann Das Boot aber mit mehr Vielfalt punkten. So ist das Geschehen recht gleichmäßig auf das U-Boot und La Rochelle aufgeteilt. Und die Serie kann es sich daher auch erlauben, mit Simone und Carla starke Frauenfiguren in die Handlung zu schreiben. Das wäre in einer reinen U-Boot-Story historisch unmöglich gewesen. Der Serie hingegen tut diese Abwechslung sehr gut, da sie nicht nur die Zielgruppe erweitert, sondern auch mit Cliffhangern und mehr Spannungsbögen arbeiten kann. 

Die Stars bleiben dennoch die Männer im Boot, deren fragilem Burgfrieden angesichts so vieler unterschiedlicher Einstellungen und Ansichten in den Drehbüchern besondere Aufmerksamkeit zukommt. Da gibt es die kriegsgeilen, ideologisch noch immer verblendeten Vorzeige-Nazis ebenso wie die desillusionierten Veteranen, die eigentlich nur noch nach Hause wollen – und alles dazwischen. Deshalb bleibt Das Boot da am stärksten, wo es hingehört – unter Wasser. Denn dass U-612 auch ohne Kampfeinsatz in den möglichen Tod fährt, daran gibt es wenig Zweifel.

Fazit:

Hohe Schauwerte, gute Schauspieler, spannende Handlungsstränge: Das Boot setzt den Trend qualitativ erstklassiger Serien aus Deutschland weiter fort. Wer einen Abklatsch des Kinofilms von 1981 erwartet, wird vielleicht enttäuscht. Den Rest erwartet ein immer spannender werdender, historischer Querschnitt, der sich dem Seekrieg ebenso widmet wie dem Kampf der Resistance gegen die verhassten deutschen Besatzer. Regisseur Andreas Prochaska („Das finstere Tal“) liefert eine Serie mit Eckten und Kanten ab – die sich auch eine klare Aussage leistet. Gut so!

Das Boot läuft ab dem 23. November 2018 bei Sky.

Gesehen: 4 von 8 Folgen.

Das Boot
Währenddessen hat U-612 draußen auf See ersten Kontakt mit feindlichen Schiffen. Doch ein Geheimauftrag ändert alles.