Seit „ES“ ist Stephen King bei Filmen und Serien wieder ein gefragter Mann. Die Idee zu dieser Serie stammt allerdings von J.J. Abrams, und das aus einer Zeit, bevor die zweiteilige Verfilmung des mörderischen Clowns ein Welterfolg wurde. In „Castle Rock Staffel 2“ treffen King-Fans eine gute, alte Bekannte wieder. Annie Wilkes aus „Misery“, im Kinohit oscarprämiert gespielt von Kathy Bates, ist in der neuen Staffel der Anthologie-Serie der Star. Ist das hauptsächlich für King-Fans interessant oder können auch andere Horror-Freund einschalten?
Die Grundidee von Castle Rock mutet ein wenig seltsam an. Obwohl Stephen King inzwischen mehr als 60 Romane und gut 200 Kurzgeschichten geschrieben hat, basiert die Serie auf keinem Werk speziell. Stattdessen schwebte Abrams pro Staffel eine neue Story vor, die den Geist von King atmet und sich aus seinem Werk bedient, was Orte, Personen und Ideen angeht. So spielt in der ersten Staffel Sheriff Pangborn eine Rolle, außerdem das Gefängnis Shawshank aus „Die Verurteilten“. Was haben sich die Macher der Serie für Staffel 2 überlegt?
Castle Rock Staffel 2: Die Handlung
Annie Wilkes (Lizzie Caplan) ist mit ihrer Tochter Joy (Elsie Fisher) auf der Flucht vor etwas und wechselt daher seit Jahren ständig den Wohnort. In der Nähe von Castle Rock baut Annie einen Unfall, der sie zwingt, eine Weil in der kleinen Stadt zu bleiben. So quartieren sie sich im Häuserpark von Ace Merill (Paul Sparks) ein und Annie versucht, in ihrem Job als Krankenschwester Arbeit im Hospital von Castle Rock zu finden. Sie brauchen das Geld, und Annie zusätzlich Medikamente, um ihre Angstzustände und Wahnvorstellungen zu kontrollieren.
Aces Onkel Reginald, aber von allen nur Pop genannt (Tim Robbins), versucht mittlerweile, den Streit zwischen Ace und dessen Adoptivbruder Abdi (Barkhad Abdi) zu schlichten. Pop zog Ace und dessen Bruder Chris, seine Neffen, gemeinsam mit Abdi und dessen Schwester Nadia (Yusra Warsama) auf, zwei Waisen aus Somalia, die Pop adoptiert hat. Durch einen Zufall gerät Annie bald in Kontakt mit einigen Mitgliedern der Familie und sorgt unabsichtlich für Streit. Denn Abdi macht im Nachbarort Salem’s Lot eigene, dunkle Geschäfte …
Castle Rock Staffel 2: Wilder Mix aus King-Werken
Für traditionelle King-Fans ist Castle Rock Staffel 2 sicher erst einmal ein Schock. Denn die Autoren um die Showrunner Dustin Thomason und Sam Shaw mischen hier Werke des Meisters, die eigentlich wenig Berührungspunkte haben. Der Psycho-Thriller Misery, in dem die ältere Annie Wilkes den Schriftsteller Paul Sheldon gefangen hält, hat nichts mit dem Örtchen Jerusalem’s (Salem’s) Lot zu tun, deren hauptsächlich untote Einwohner in einigen von Kings Werken vorkommen, darunter dem Roman gleichen Namens und auch einigen Kurzgeschichten.
Dazu packen die Autoren den Castle Rock-Schläger Ace Merill, den sie diesmal gleich mit einer ganzen kriminellen Sippe versehen. Und natürlich dürfen auch Orte wie die Mellow Tiger-bar oder das Marsten-Haus nicht fehlen. Aber lässt sich aus diesen Versatzstücken tatsächlich eine neue Story erzählen, die den Geist der diversen Vorlagen ehrt und trotzdem funktioniert? Möglicherweise ja, denn vorab wurden nicht alle Folgen zur Verfügung gestellt. Der Anfang lässt zumindest auf einiges hoffen, was auch an den guten Schauspielern liegt.
Castle Rock Staffel 2: Eine würdige Annie Wilkes
Lizzie Caplan spielt die Annie Wilkes bereits weitgehend so, wie sie später auch von Kathy Bates interpretiert wurde. Die freundliche, stille Person, die bei passender Gelegenheit zur Wutfurie werden kann, meistert Caplan mühelos. Und versetzt schreckhafte Zuschauer vermutlich allein damit schon in Angst. Dazu liefert die Serie viel (fiktiven) Background zur Figur, denn offizieller King-Kanon dürfte Castle Rock Staffel 2 wohl nicht sein. Welche Gründe sich die Serien-Autoren für Annies Zustand ausgedacht haben, ist dennoch sehenswert.
Und auch die Mischung aus Psycho-Horror und übernatürlichen Elementen geht, wenn überhaupt, noch am wahrscheinlichsten in einer von Stephen King inspirierten Story auf. So auch hier: Die Idee, dass Annie Dinge sieht, die sie für Halluzinationen hält, obwohl es keine sind, hat ihren Reiz und in den ersten Folgen nutzen die Macher diese Idee auch sehr gut. Und heizen damit die ohnehin schwierige Mutter-Tochter-Beziehung noch weiter an. Gut möglich, dass die Story bis zum Ende so spannend bleibt, wie sie anfängt.
Wer noch nie etwas von Stephen King gelesen hat, kann Castle Rock Staffel 2 dennoch genießen, denn die zahlreichen Anspielungen sind dann zwar unverständlich, aber auch nicht notwendig, um die Geschichte zu verstehen. Denn die funktioniert auch, wenn man Annie Wilkes noch nicht kennt und nicht weiß, welche Kreaturen in Salem’s Lot zuhause sind. Mehr Spaß haben aber natürlich die Kenner der Materie, die nicht nur die spannende und straff erzählter Handlung mögen werden, sondern auch andauernd nach Easter-Eggs suchen können.
Fazit:
Castle Rock Staffel 2 ist keine herausragende Serie, aber eine gute. Für King-Fans sind die vielen Verbeugungen vor den Werken des Meisters schon der halbe Spaß. Die Story um die psychisch kranke Annie Wilkes, die im Zentrum der Handlung steht, ist aber auch für Neulinge spannend und sehenswert. Das liegt an einer tollen Lizzie Caplan, die den unberechenbaren Vulkan von einer Frau großartig spielt. Aber auch das Wiedersehen mit Tim Robbins dürfte nicht nur King-Fans freuen. Castle Rock ist jedenfalls eine Serien-Reise wert.
Castle Rock Staffel 2 startet am 13. Februar 2020 bei Starzplay (Amazon Video Channel)
Gesehen: Drei von zehn Folgen
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