Pakt der Wölfe Cover

Filmkritik: Pakt der Wölfe Director’s Cut

Regisseur Christophe Gans ist sicher eine tragische Figur in der Kinolandschaft. Denn bereits mit seinem Debüt „Crying Freeman“ 1995 präsentierte er einen hochwertigen Actionfilm nach einer Manga-Vorlage – die keiner sehen wollte. Sechs Jahre brauchte er, um die Finanzierung seines zweiten Films „Pakt der Wölfe“ auf die Beine zu stellen und 2006 drehte er mit „Silent Hill“ wohl eine der besten Videospiel-Umsetzungen fürs Kino überhaupt. Und doch ist Gans nach seinem 2014er-Flop „Die Schöne und das Biest“ komplett von der Bildfläche verschwunden. Wer sich jetzt die neue UHD-Director’s Cut-Fassung von Studiocanal zu Hause auf einem hochwertigen TV-Gerät ansieht und in irgendeiner Art affin für Genre-Kino ist, der weiß, was das Verschwinden von Gans für ein Verlust ist.

Pakt der Wölfe
Der Chevalier Gregoire de Fronsac und sein Freund Mani sollen im Gevaudan eine Bestie erlegen.

Die Handlung

Das Jahr 1767 im Süden Frankreichs. Der Chevalier Gregoire de Fronsac (Simon Le Bihan) und sein Begleiter, der amerikanische Ureinwohner Mani (Mark Dacascos), reisen ins Gebiet von Gevaudan, um eine Serie von tödlichen Angriffen auf die Bevölkerung zu untersuchen. Vom König selbst geschickt, soll de Fronsac die als „Bestie von Gevaudan“ berüchtigte Kreatur jagen, töten und als Präparat an den königlichen Hof zurückbringen. Bald merkt der weitgereiste Abenteurer, dass in diesem abgelegenen Gebiet Frankreichs noch andere Dinge umgehen als nur eine Bestie. Die Meinung, ein Wolf wäre für die Attacken verantwortlich, kann de Fronsac bald als Legende nachweisen, allerdings hat auch er Mühe, sich der Kreatur zu nähern. Sie scheint ein Gespür dafür zu haben, wann sie sich verstecken muss.

Als Chevalier wird de Fronsac auch in die feine Gesellschaft des Gevaudan eingeführt und lernt dort die Familie de Morangias kennen. Während der Sohn der Familie, der verkrüppelt von einer Afrikareise zurückgekehrte Jean-Francois (Vincent Cassel), dem Freigeist eher mit Verachtung begegnet, findet dessen Schwester Marianne (Emilie Duquenne) trotz ihres kühlen Verhaltens den Abenteurer aus Paris offenbar wesentlich spannender. Dass die Bestie allerdings auch einen politischen Hintergrund aufweist, in den offenbar auch die Edelhure Sylvia (Monica Belucci) verstrickt ist, findet de Fronsac erst spät heraus. Kann der Edelmann die Bestie zur Strecke bringen, bevor ihr grausamer Plan vollends aufgeht?

Genre-Mix vom Feinsten

Vermutlich muss man Genre-Fans und Filmfreunden Christophe Gans‘ Werk nicht mehr vorstellen. Aber wer den Film tatsächlich noch nie gesehen hat, braucht Infos. Pakt der Wölfe ist ein Sammelsurium von einem Film. Er beginnt als historischer Film, fügt schnell Martial-Arts-Elemente hinzu und wird später zum Polit-Thriller, Horrorfilm und Fantasy-Streifen. Was Gans, der auch am Drehbuch mitarbeitete, hier zusammenfügt, gibt es in dieser Menge wohl in keinem anderen Genre-Mix. Und Gans gelingt es dabei noch, eine historisch nachgewiesene Begebenheit als Hintergrund für seinen üppigen Plot zu nutzen – die Bestie von Gevaudan hat es wirklich gegeben, das Rätsel um sie wurde nie gelöst.

Natürlich lassen sich auch hier Punkte zur Kritik finden. Bedingt durch seine fast absurd hohe Menge an verschiedenen Geschichten sind die meisten Charaktere eher Stereotype als echte Menschen. Zeit für ein wenig mehr Tiefe hat Gans nur für seinen Helden de Fronsac gefunden, der sich vom zu Beginn leicht arrogant wirkenden Schöngeist zur furiosen Kampfmaschine entwickelt und dabei auch seinen moralischen Kompass wiederfindet. Alle anderen Figuren ordnen sich hingegen den Storys unter und bekommen nur so viel Aufmerksamkeit wie absolut notwendig ist. Anders wäre die Fülle an Inhalt allerdings wohl auch nicht in 150 Minuten zu erzählen.

Marc Dacascos
Mani erweist sich als beeindruckender Kämpfer – auch ohne Waffen.

Gutes Bild, fantastische Bilder

Gans ist aber nicht nur inhaltlich wild unterwegs. Auch seine damals innovative Inszenierung mit vielen (aber nicht zu vielen) Zeitlupen, schrägen Kamerawinkeln und Perspektiven vor durchgehend grandioser Kulisse, machen Pakt der Wölfe absolut sehenswert für jeden, der ein Auge für ästhetische Filme hat. Denn so manches, was sich hier zeigte, wurde in späteren Jahren zum Standard für gehobene Actionfilme. Dazu lässt Gans auch seine Set-Designer freidrehen und präsentiert nicht nur ein Bordell aus einem surrealen Gemälde, sondern auch gothische Ruinen und Katakomben vom Feinsten. Optisch ist Pakt der Wölfe daher in jeder Hinsicht ein absoluter Leckerbissen, selbst wenn einem Zuschauer die vollgepackte-Genre-Mix-Story nicht zusagen sollte.

Das gilt auch weitgehend für die Bildqualität der neu abgetasteten UHD-Version. Zwar lässt sich nicht komplett verhehlen, dass der Film mehr als 20 Jahre alt ist, denn gerade in dunklen Bereichen des Bildes sind hin und wieder Moiree-Spuren zu sehen, insgesamt glänzt Pakt der Wölfe aber mit knallscharfen und farblich beeindruckenden Bildern. Und zeigen so, wie gut der Film bereits 2001 in den Kinos ausgesehen hat – und mehr. Denn erstmals ist nicht nur der Director’s Cut in UHD zu sehen, sondern der wurde nun auch endlich komplett mir deutschem Ton bestückt. Die bisherige Fassung, bei der neue Szenen im Original mit deutschen Untertiteln enthalten waren, ist damit endlich Geschichte. Und auch fünf Stunden Bonusmaterial können sich mehr als sehen lassen.

Emily Duquenne
Die junge Marianne wird für de Fronsac schnell ein Grund, im Gevaudan zu bleiben.

Fazit:

Auch mehr als 20 Jahre nach Erscheinen ist Pakt der Wölfe noch immer ein faszinierender Genre-Mix aus Historienfilm, Thriller, Fantasy, Martial Arts und Tier-Horror. Im neuen 4k-Gewand und mit erstmals komplett synchronisierter Director’s Cut-Fassung kann Christophe Gans‘ Meisterstück nun zeigen, wie gut er gealtert ist. Wer den Film bereits kennt und liebt, sollte sich die 4k-Version unbedingt zumindest einmal ansehen, für Sammler dürfte ebenfalls jetzt die Chance gekommen sein, einen der besten europäischen Unterhaltungsfilme des neuen Jahrtausends in den Schrank zu stellen. Angesichts dieser Qualität kann man nur hoffen, dass Regisseur Christophe Gans seinen zweiten Silent Hill-Film bald in Angriff nehmen kann.

Pakt der Wölfe erscheint am 12. Mai 2023 auf Blu-Ray und UHD-Blu-Ray.

Vincent Cassel
Mariannas Bruder Jean-Francois ist hingegen kein Fan des Abenteurers.