Malignant
Warner Bros.

Filmkritik: Malignant

Mit dem Namen James Wan verbinden Horror-Fans in aller Welt großer Erwartungen. Er inszenierte sowohl „Saw“, als auch „Insidious“ und „The Conjuring“ und schuf damit drei der erfolgreichsten Horror-Franchises der vergangenen Jahre. Besonders mit den beiden ersten Conjuring-Filmen machte Wan richtig Kasse in den Kinos. Und auch sein Ausflug ins Superhelden-Genre glückte mit „Aquaman“ ausgezeichnet. Nun kommt er mit „Malignant“, einem möglichen, neuen Franchise. Denn dieser blutige Horrorfilm entpuppt sich nicht als heimliches Anhängsel ans Conjuring-Universum. Worum es stattdessen geht und was der Film taugt, verrät die Kritik.

Annabelle Wallis
Kein schöner Tag: Das Baby verursacht Schmerzen, der Ehemann wird gewalttätig. Madison ist verzweifelt.

Die Handlung

Madison (Annabelle Wallis) hat einen furchtbaren Tag. Sie kommt bereits mit Schmerzen nach Hause, denn ihre Schwangerschaft verläuft nicht gut – wieder einmal nicht. Ihr Ehemann Derek (Jake Abel) zeigt wenig Verständnis für seine Frau und wird bei einem Streit sogar derart gewalttätig, dass er seine Frau verletzt. Aus Angst vor ihm schließt sie sich im Schlafzimmer ein, während er Eis für sie holt. Später weint sie sich in den Schlaf, aus Angst um sich und ihr Baby. Als sie mitten in der Nacht merkwürdige Geräusche hört, öffnet sie doch die Tür und geht die Treppen nach unten in den Wohnbereich. Dort findet sie den Gatten nicht nur tot auf dem Boden liegend vor, sondern auch noch grässlich zugerichtet. Und kurze Zeit später ist auch etwas hinter ihr her.

Verzweifelt versucht sie, sich ins Schlafzimmer zu retten. Doch der Eindringling fegt sie mit immenser Kraft zu Boden, worauf sie das Bewusstsein verliert. Erst im Krankenhaus kommt sie wieder zu sich. An ihrem Bett sitzt ihre Schwester Sydney (Maddie Hasson) und überbringt ihr traurige Nachrichten. Neben ihrem Mann hat sie auch ihre ungeborene Tochter verloren. Obwohl die Polizei Detective Shaw (George Young) ins Krankenhaus schickt, um Madison zu befragen, tappen die Cops mangels Spuren und Beweisen komplett im Dunkeln. Auch wenn Madison durchaus als mögliche Verdächtige gilt. Das erhärtet sich, als sie wenig später eine weiteren Mord des gleichen Killers in ihrem eigenen Haus beobachten muss, als wäre sie dabei. Was steckt hinter diesen Visionen? Kennt Madison den Killer?

Keine Angst vor schrägen Ideen

Wenn jemand wie James Wan einen neuen Horrorfilm ankündigt, hängen die Trauben hoch. Denn die Fans erwarten nicht weniger als ein neues wegweisendes Erlebnis. Das bringt sich Druck mit sich. Andererseits hat Wan für seinen Auftraggeber Warner bereits hunderte von Millionen Dollar verdient. Und kann sich somit eine gewisse Selbstsicherheit erlauben, was neue Ideen angeht. Und mit genau dieser Selbstsicherheit präsentiert er dem Publikum hier eine Geschichte, die fürs Mainstream-Kino, sogar für die Horrorschiene, eigentlich ein wenig zu schräg ist. Wan selbst, von dem die Story stammt und der die Drehbuch-Umsetzung von Akela Cooper („The 100“, „American Horror Story“) schreiben ließ, war offenkundig nicht in Sorge. Denn er inszeniert gewohnt gekonnt eine ebenso blutige wie abgedrehte Horror-Mär.

Dabei verlässt er sich auf eine ähnliche Optik wie in seinen früheren Erfolgen. Dunkle Räume, schräge Perspektiven und gut gesetzte Jump-Scares. Neu ist hier der Blutgehalt, der im Vergleich zu seinen Geisterfilmen deutlich steigt und an einige der derberen Saw-Teile erinnert. Durchbohrte Leiber, offene Knochenbrüche, abgeschlagene Körperteile: Wan zelebriert seine Gewalt zwar nicht genüsslich langsam, sondern in dynamischen, schnellen Schnitten, genug zu sehen gibt es für Freunde derberer Kost dennoch genug. Allerdings lebt die Spannung in Malignant auch davon, dass der Killer eben so rabiat zu Werke geht, wie er es tut. Im langen Finale geht Wan dann so richtig in die Vollen und häuft einen ordentlichen Bodycount auf.

Annabelle Wallis
Obwohl sie einem Schatten zu entkommen versucht, verliert Madison in dieser Nacht alles.

Hochwertige Umsetzung eines abgedrehten Plots

Bereits relativ früh verstreut Wan Hinweise auf die Identität des Killers, zeigt Geschehnisse und Dinge, die scheinbar keine große Bedeutung haben, den aufmerksamen Zuschauer aber dennoch verunsichern. So hält Wan das Publikum in der ersten Hälfte des Films, die bedeutend konventioneller ausfällt als die zweite, bei der Stange. Und lässt horroraffine Zuschauer schon ahnen, worum es in der zu Beginn doch sehr geheimnisvollen Story eigentlich genau geht. Wer sich an andere berühmte Filmkiller erinnert, wie etwa Freddy Krueger oder Jason Vorhees, der wird feststellen, dass auch hier letztlich keine wildere Idee dahintersteckt als bei den Ikonen der Zunft. Ob der hier auch zu solcher Berühmtheit gelangt, wird die Kinokasse zeigen müssen. Die Tür dafür lässt Wan jedenfalls offen, ohne deshalb den Schluss zu versauen.

Für Malignant holte sich James Wan einige Darsteller vor die Kamera, mit denen er bereits gearbeitet hat und/oder die schon Horrorerfahrung mitbringen. Annabelle Wallis übernahm bereits die Hauptrolle im ersten „Annabelle“-Film, McKenna Grace war im dritten Teil der Reihe dabei und gehörte zur Besetzung von „Spuk in Hill House„. Wallis ist es aber, die hier im wahrsten Sinne des Wortes körperliche Schwerstarbeit zu leisten hat. Sie passt auch ihr Spiel dem streckenweise derben und blutigen Plot an und neigt hier und da zum Overacting, was aber gut in den Film passt. Die anderen Darsteller haben zumeist zu kleine Rollen, um wirklich zu brillieren, lediglich Maddie Hasson als Schwester darf die wenigen humorigen Momente des Films gut ins Ziel bringen.

Malignant
Weil Madison Visionen des Mörders hat, geht sie mit Schwester Sydney zur Polizei. Doch dort glaubt ihr niemand.

Obwohl James Wan momentan den Inbegriff des Mainstream-Horrors darstellt, ist seine neue Story für Gelegenheits-Gruselfans möglicherweise eine Spur zu abgedreht, inhaltlich wie optisch. In größerer Runde von Horrorfans dürfte Malignant hingegen ganz ausgezeichnet funktionieren, denn dort dürften die stark choreographierten und blutigen Kills ordentlich gefeiert werden. Die Qualität des Films steht und fällt bei jedem Zuschauer schlicht mit dem Fakt, ob man die Erklärung für den Killer mag oder eben nicht. Wer sich mit dem Plot nicht anfreunden kann, wird Wans neuesten Film wohl nicht abfeiern.

Fazit:

Blutig statt gut durch! Mit Malignant legt Horror-Ikone James Wan einen Film vor, der mit großer Überzeugung eine sehr wilde Idee zum Vortrag bringt und sich in keiner Sekunde dabei verunsichern lässt. Trotz kleiner Parallelen zu Filmen wie „Lights Out“ hat die Story viel eigene und neue Ideen und setzt diese auch technisch hochwertig und spannend um. Trotzdem dürfte die Auflösung des Plots für viele Zuschauer entscheidend sein: Wem diese partout nicht gefällt, der wird sich mit dem Film schwer tun. Wer den Hintergrund des Killers hingegen hinnehmen kann, der bekommt einen der besseren Horrorfilme der vergangenen Monate zu sehen.

Malignant startet am 2. September 2021 in den deutschen Kinos.

Malignant
Wieder und wieder sieht sie den Killer morden – und kann doch nichts tun.