Sam Neill
Apple

Serienkritik: Invasion

Fiese Aliens liegen wieder im Trend. So gab es in den vergangenen Jahren gleich zwei Neuauflagen von H.G. Wells‘ Klassiker „War of the Worlds„. In Filmen wie „The Tomorrow War“ waren ebenfalls bösartige Außerirdische zu sehen, die sich die Erde als neue Heimat auserkoren hatten und die Menschheit vernichten wollte. Nun schlägt auch Apple TV+ in die gleiche Kerbe und lässt den ehemaligen „X-Men“-Autor und Regisseur Simon Kinberg eine neue Alien-Bedrohung auf unseren Planeten los. Wie sich „Invasion“ von den anderen Angriffen unterscheidet und ob sich das Einschalten der neuen Apple-Serie überhaupt lohnt, verrät die Kritik.

Invasion
Aneesha tut alles für das Überleben ihrer Kinder.

Die Handlung

Die Erde wird von Alien angegriffen – und niemand merkt es! Aus fünf verschiedenen Perspektiven erzählt die Serie das Geschehen:

Der alternde Sheriff John Bell Tyson (Sam Neill) erlebt ausgerechnet an seinem letzten Tag vor der Rente eine böse Überraschung in den Kornfeldern eines Farmers.

Die JASA-Ingenieurin Mitsuki (Shiori Kutsuna) muss erleben, dass sich ihre Geliebte nicht mehr meldet. Die ist auf Japans erstem Raumschiff im All und verstummt plötzlich. Mitsuki vermutet als einzige keine technische Panne, sondern etwas anderes …

Der US-Soldat Trevante Ward (Shamier Anderson) wird bei einem Einsatz in Afghanistan mit einem noch nie gesehenen Objekt konfrontiert und scheint als einziger einen Angriff überlebt zu haben. Verzweifelt macht er sich auf die Suche nach seinen Kameraden, findet aber etwas viel Gefährlicheres in der Wüste …

Der kränkliche Schüler Caspar (Billy Baratt) macht mit seiner Klasse einen Ausflug mit dem Bus in die Natur. Auf dem Weg dorthin wird der Bus von Trümmern aus dem Himmel getroffen und stürzt in einen Steinbruch in der Nähe. Und aus diesem Loch scheint es kein Entkommen zu geben …

Die zweifache Mutter Aneesha (Golshifteh Farahani) erwischt ihren Mann beim Seitensprung. Gerade als das Paar sich zuhause aussprechen will, wird ihr Wohnviertel im Nordosten der USA von einer geheimnisvollen Kraft attackiert. Die kleine Familie muss fliehen und gerät immer tiefer in einem knallharten Überlebenskampf …

Grandiose Optik

Das Offensichtliche zuerst: Wie die meisten Apple-Serien sieht auch Invasion wieder unglaublich gut aus. Wenn der Streaming-Service etwas in Auftrag gibt, dann wird das stets auf Goldkante genäht und darf sichtbar etwas kosten. Bei der neuen Serie von Simon Kinberg und David Weil („Solos„) gab Apple angeblich 200 Millionen Dollar für die erste Staffel frei – und das sieht man auch. So gibt es gleich in der ersten Folge das Ende des japanischen Raumschiffs zu sehen – und das hat ebenso Kino-Niveau wie alles, was danach folgt. Zwar ist nicht jede Erzählung gleich aufwändig, der Dreh im Steinbruch dürfte deutlich günstiger gewesen sein als die Szene im All, aber Invasion macht stets dein Eindruck, dass das Drehbuch den Takt der Story vorgibt – und nicht das Budget.

Auch der Look ist typisch für Apple, die entsättigten Farben kennen Nutzer des Streaming-Dienstes auch aus Serien wie „Foundation“ oder „Lisey’s Story„. Und wer einen entsprechenden Bildschirm nutzt, bekommt Invasion in knallscharfem 4k zu sehen – eine echte Augenweide! Allerdings gilt die Empfehlung nur für die Optik der Serie uneingeschränkt. Denn das Drehbuch offenbart durchaus Schwächen. So ist das Sci-Fi-Setting in den ersten Folgen eine Mogelpackung. Mehr als fliehende Menschen gibt es kaum zu sehen. Dass hier tatsächlich Außerirdische am Werk sind, hat die Menschheit noch nicht bemerkt – und der Zuschauer hat auch Mühe. Denn weder Aliens noch deren Schiffe nehmen in den frühen Episoden einen sonderlich breiten Raum ein.

Invasion
Mitsuki versucht herauszufinden, was mit dem Japanischen Raumschiff geschehen ist.

Mehr Drama als Sci-Fi

Stattdessen ist Invasion zu Beginn eine waschechte Katastrophen-Serie mit allen typischen Inhalten. Eine Familie auf der Flucht. Menschen in Gefahr. Helden und Feiglinge. Neugierige Wissenschaftler, die sich die Ereignisse genau ansehen. Das alles kennt der Fan solcher Stoffe von vielen anderen Filmen und Serien. Kinberg und Weil bringen hier etwas Abwechslung hinein, weil sie fünf verschiedene Perspektiven zeigen und dabei inhaltlich ebenfalls weit auseinander liegen. So ist Japan am Anfang nicht von der Attacke der Aliens betroffen, deshalb lässt sich dort eine ganz andere Geschichte erzählen als in den USA, wo der Angriff auf die Menschheit bereits rollt. Oder Afghanistan, wo der Zuschauer in Episode 4 einen ersten flüchtigen Blick auf ein Alien werfen darf.

Und hier liegt die Krux von Invasion. Das Tempo der Serie ist alles andere als hoch. Die neue War of the Worlds-Serie hatte das Setting nach einer Episode etabliert, bei Invasion wartet man nach der halben Staffel noch immer darauf, dass man erfährt, worauf man hier eigentlich wartet. Richtig langweilig wird das aufgrund der durchgehend guten Darsteller und gelungener Dialoge zwar nie, aber richtig packend eben auch nur selten. Wenn Trevante um sein Leben kämpft oder Aneesha ihren Sohn sucht, geht das Adrenalin durchaus einmal nach oben. Aber dauerhafte Spannung sieht anders aus. Zumal das Publikum bei kaum einem Protagonisten den Eindruck bekommt, er oder sie könnte mit dem Kampf gegen die Eindringlinge wirklich etwas zu tun haben.

Invasion
Caspar wird zum Anführer wider Willen, als es darum geht, seine Mitschüler zu retten.

Und so bleibt momentan noch ein zwiespältiger Eindruck zurück. Sci-Fi-Fans dürften sich von Invasion mehr versprochen haben als sie zu Beginn bekommen. Wer sich gerne Drama-Serien ansieht, kommt hingegen deutlich mehr auf seine Kosten. Denn vor allen in den zwischenmenschlichen Beziehungen kann Invasion punkten. Wenn beispielsweise Trevante mit seinem arabischen Retter spricht und beide, ohne den anderen zu verstehen, von ähnlichen Dingen reden, dann packt die Serie emotional zu und lässt so bald nicht wieder los. Ob das irgendwann in eine ebenso spannende Serie mündet, bleibt noch abzuwarten.

Fazit:

Mit Invasion liefert Apple TV+ die nächste Serie ab, die unfassbar gut aussieht. Der Look, die Qualität der Bilder, vor allen in hoher Auflösung, sind allein schon fast das Einschalten wert. Inhaltlich hingegen befindet sich die Serie eher auf dem Pfad von Katastrophen-Filmen und entsprechenden Dramen, als echte Science-Fiction zu zeigen. Und das ist nicht durchgehend spannend, auch wenn die Serienmacher Simon Kinberg und David Weil immer wieder emotional packende Momente erschaffen. Was nach der halben Staffel noch fehlt, ist die durchgehende Spannung, die eine Serie mit einer solchen Prämisse eigentlich haben sollte. Auch da gibt es gute Ansätze, das sehr langsame Erzähltempo bremst diese aber immer wieder aus. Invasion ist bereits gut, hat aber noch Luft nach oben.

Invasion startet am 22. Oktober 2021 mit drei Folgen bei Apple TV+, jeden Freitag erscheint eine weitere Folge.

Invasion
Soldat Ward will seine Vorgesetzten über das informieren, was er gesehen hat.