Resident Evil

Serienkritik: Resident Evil

Die Games-Reihe „Resident Evil“ gehört bei Horrorfans zu den beliebtesten überhaupt. Mit acht Hauptspielen, von denen mehrere bereits ein Remake erhielten, und zahlreichen Ablegern ist Resident Evil nicht nur eine der umfangreichsten, sondern auch eine der erfolgreichsten Spielereihen der Welt. Nicht erstaunlich also, dass auch die Filmindustrie bald auf das Franchise aufmerksam wurde. Doch damit fing das Drama an. Auch wenn die sechs Filme mit Milla Jovovich in der Hauptrolle durchaus Erfolg hatten, beliebt bei den Fans der Spiele waren sie nicht. Ebenso wenig wie das Reboot aus dem Herbst 2021. Nun kommt mit einer Resident Evil-Serie bei Netflix der nächste Versuch heraus, den Spielen endlich eine würdige Umsetzung zu geben. Hat das geklappt? Das verrät die Kritik.

Resident Evil Serie
2022: Die Schwestern Jade und Billie Wesker erleben in den Laboren von Umbrella das Grauen.

Die Handlung

2022. Die Schwestern Jade (Tamara Smart) und Billie (Siena Agudong) kommen in New Raccoon City an, um bei ihrem Vater Albert Wesker (Lance Reddick) zu sein, der dort als führender Wissenschaftler arbeitet. Unter der Leitung des neuen CEOs Evelyn Marcus (Paola Nunez) hat der Pharma-Gigant Umbrella die Stadt aus dem Nichts erschaffen, um in Ruhe an neuen Medikamenten zu forschen. Als Billie ihren Vater in der Forschungsanlage besucht, macht sie eine Entdeckung, die sie zu einer nächtlichen Aktion verleitet, bei der Jade sie begleitet. Doch es kommt zu einem grauenhaften Zwischenfall, der nicht nur das Leben der beiden Mädchen völlig verändert …

2036: Jade (Ella Balinska) forscht schon seit Monaten in London an den „Zeros“ genannten Infizierten, die auf der Jagd nach Menschenfleisch nur noch etwa 300 Millionen Menschen weltweit am Leben gelassen haben. Durch einen Unfall gerät die junge Wissenschaftlerin in große Gefahr, denn sie wird seit Jahren von Umbrella gesucht. In ihrem verzweifelten Versuch, wieder nach Hause zu Mann und Kind zu gelangen, muss sie sich durch ein paar der tödlichsten Regionen Europas kämpfen. Und der inzwischen allmächtige Konzern ist ihr dabei stets dicht auf den Fersen. Selbst auf ihrer Flucht sucht Jade weiter nach einem möglichen Gegenmittel für die Viren-Apokalypse auf der Erde …

Auch die Serie überzeugt nicht

Ein erfolgreiches Resident Evil-Spiel verfügt immer über die gleichen Komponenten. Ganz wichtig ist die Atmosphäre der ständigen Bedrohung für Held oder Heldin. Denn es sind immer zu viele Gegner da und zu wenig Munition. Dazu gesellen sich neben hunderten von Untoten noch ganz besonders eklige Kreaturen wie riesige Tiere oder grausige Monsterzüchtungen. Und schließlich sind da noch die Endbosse, die regelmäßig einen leicht albernen Hintergrund erhalten. Aber meist verdammt schwer zu besiegen sind. Auf viel Action legen die besten Teile der Reihe dabei keinen allzu großen Wert, der actionlastigste Teil der Hauptreihe – Resident Evil 6 – ist bei vielen Spielern der unbeliebteste. Was genau ist so schwer daran, aus diesen Komponenten eine Adaption zu schaffen, die sich anfühlt wie die Spiele?

Denn auch der dritte Versuch einer Live-Action-Umsetzung, nach den erfolgreichen, aber mauen Filmen von Paul Anderson und dem fast noch schlechteren Welcome to Raccoon City von Johannes Roberts, macht mehr falsch als richtig. Dass beginnt mit den Helden der Spiele, die bei Gamern sehr beliebt sind und von den Filmemachern stets zu Nebenfiguren oder Vollidioten degradiert werden. In der neuen Resident Evil-Serie kommen sie konsequenterweise erst gar nicht vor. Stattdessen bekommt der Zuschauer typische Netflix-Heldinnen zu sehen, die in jede zweite Fantasy- oder Horrorserie des Streamingdienstes passen würden. Mit den Spielen aber eigentlich nichts zu tun haben.

Lance Reddick
Kann ihr Vater Albert, Chefwissenschaftler der Firma, die beiden Mädchen beschützen?

Checklisten statt homogener Story

Die Monster, die es in die Serie geschafft haben, wirken meist nicht sonderlich gut in die Handlung integriert. Sondern eher wie mit der Gießkanne verteilt, um eine imaginäre Liste mit beliebten Kreaturen abzuarbeiten. Daher sind die meisten davon in der Handlung auch nur einmal zu sehen. Oder werden sogar nur angeteasert, ohne wirklich eine Rolle zu spielen. Und die Story wankt unentschlossen zwischen den Paul Anderson-Filmen samt ihrer Ästhetik, einigen Aspekten der Spiele und angesagter Netflix-Serien hin und her, ohne irgendein Fanlager richtig abzuholen. Die Macher haben es schlicht verpasst, sich auf eine Richtung zu verständigen und versuchen lieber, es allen recht zu machen. Wie das in der Regel ausgeht, ist ja bekannt.

Immerhin gelingt es den Machern, die Action in zumindest teilweise gelungenen Plansequenzen und langen Einstellungen zu erzählen, statt wie Anderson mit fünf Schnitten pro Sekunde zu arbeiten. Das ist allerdings nur ein schwacher Ersatz für die fehlende Nutzung der Vorlagen und den Schlingerkurs zwischen ernsthaftem Horror und albern- überdrehten Schurkenfiguren. Immer wieder schafft die Resident Evil-Serie einzelne Momente, die sich enger an die Games anschmiegen und daher auch funktionieren, um sie im nächsten Moment mit unnötigen Dialogen und seltsamer Handlung wieder zunichte zu machen. Hätte sich Serienentwickler Andrew Dabb, langjähriger „Supernatural“-Autor, für einen klareren Kurs entschieden, aus der Serie hätte vielleicht etwas werden können.

Easter Eggs suchen

Ella Balinska
2036: Jade kämpft sich durch todbringende Gebiete Europas auf der Suche nach einem Mittel gegen das T-Virus.

Fans der Spiele werden immerhin ihren Spaß daran haben, Easter Eggs aus den Games zu entdecken. Bekannte Namen, Orte und Gegenstände finden sich hier zuhauf. Aber die klar auf weitere Staffeln getrimmte Serie mit Cliffhanger lässt schlicht den Flow der Games vermissen. Auch wenn einzelne Elemente durchaus vorhanden sind. Ähnlich wie Roberts, der dachte, die besten Szenen aus den ersten zwei Spielen müssten doch automatisch einen guten Film ergeben – und sich irrte – gelingt es auch den acht Folgen der Serie nicht, einen spannenden und wirklich in die Resident Evil-Games-Welt passenden Plot zu erzählen. Auch wenn die dynamischen Wechsel zwischen 2022 und 2036 im Lauf der Serie immer mehr Spaß machen. Dieses gelungene Detail genügt aber nicht für eine wirklich gute Serie.

Fazit:

Auch der dritte Versuch von Constantin Film, die seit Jahren die Rechte besitzen, eine gute Adaption zu schaffen, geht mit der Resident Evil-Serie für Netflix weitgehend schief. Selbst wenn manche die Serie für den bislang besten Versuch halten – und dieser Meinung kann man durchaus sein – ist sie damit noch nicht gut. Der Schlingerkurs zwischen den erfolgreichen , aber bei Fans verhassten Filmen, den Games und der momentan angesagten Netflix-Serienpolitik sorgt für mehr Frust als Spaß beim Zuschauer. Wenig Atmosphäre trotz vereinzelt gelungener Monster, eine Story zwischen Albernheiten und Klischees. Wer sich noch nie mit Resident Evil beschäftigt hat, mag die Serie vielleicht sogar. Echte Fans des RE-Universums wenden sich ab. Selbst wenn die Easter Egg-Jagd durchaus Laune macht.

Resident Evil startet am 14. Juli 2022 bei Netflix.

Resident Evil Serie
Auf ihrer Flucht muss Jade immer wieder gegen die durch das Virus veränderten Kreaturen kämpfen – oder sich vor ihnen verstecken.