Mile 22

Filmkritik: Mile 22

Regisseur Peter Berg ist zwar thematisch durchaus offen für Neues, aber von einem kann er offenbar nicht mehr lassen – seinem Star Mark Wahlberg. Das 47-jährige Muskelpaket spielt zum vierten Mal in Folge die Hauptrolle in einem Film Bergs. Dabei waren die Ergebnisse in der Qualität durchaus unterschiedlich. In welche Kategorie zählt „Mile 22“? Top oder Flop?

Peter Berg ist nicht unbedingt als Meister des Subtilen bekannt. Dazu verstieg sich der Regisseur, der gern auch mal am Drehbuch mitschreibt, regelmäßig in arg patriotische Gewässer, wo das zeigen der im Wind wehende US-Flagge quasi Pflicht zu sein schien. Das besserte sich mit „Boston“, der vom Anschlag auf den Marathonlauf handelt. Auf den ersten Blick erledigt Berg diesbezüglich in Mile 22 wieder einen Rückfall in alte Zeiten – aber stimmt das wirklich? Ist der Film ein harter Action-Kracher mit Hurra-Patriotismus?

Mile 22
Der angeblich so harmlose Überläufer muss sogar in der US-Botschaft um sein Leben kämpfen – und tut das sehr erfolgreich.

Mile 22: Die Handlung

Statt in die Wirtschaft zu gehen, hat sich der hochintelligente James Silva (Mark Wahlberg) dazu entschieden, zum Militär zu gehen. Dort führt er eine streng geheime Elite-Einheit Overwatch, die immer dann zum Einsatz kommt, wenn nichts anderes mehr infrage kommt. Unter seinem direkten Vorgesetzten Bishop (John Malkovich) zieht Silva mit seinem Team auf US-Boden einen Überfall auf ein russisches Spionage-Team durch, bei dem es keine Überlebenden gibt. 

16 Monate später wird Silvas Team um die beiden toughen Frauen Alice (Lauren Cohan, „The Walking Dead“) und Sam (MMA-Kämpferin Ronda Rousey) nach Indonesien geschickt. Dort will ein angeblich einfacher Polizeibeamter namens Li Noor (Iko Ulweis, „The Raid“) Garantien, in die USA gebracht zu werden, dann will er das Versteck schmutziger Bomben verraten. Was wie Routine klingt, entwickelt sich für Silva und sein Team schnell zum Alptraum. Denn der Überlaufer ist nicht einmal in der US-Botschaft sicher. So fahren sie den wichtigen Zeugen in mehreren Fahrzeugen zum Flugplatz. Doch der Transport kommt nur bis Mile 22 …

Mile 22: Tumbe, aber rasante Action

Die Welt wird ein Dorf. Denn auch Peter Berg ist das Können des indonesischen Schauspielers Iko Uweis nicht verborgen geblieben, das der spektakuläre Martial-Arts-Kämpfe bieten kann. Also hat sich der Regisseur Uweis geschnappt und lässt ihn in Mile 22 zeigen, was er drauf hat. Dabei inszeniert Berg die Faustkämpfe ähnlich hart wie die Feuergefechte und lässt reichlich Blut spritzen. In beiden Fällen zeigt er aber, dass er mit Action umgehen kann: Kameraführung und Schnitt sind meist gut bis sehr gut und sorgen für dynamische, packende Bilder. Der Trailer tzeigt hier klar, was man bekommt.

Mark Wahlbergs Rolle hingegen gibt lange Rätsel auf. Denn Drehbuchautor Lea Carpenter scheint den eigentlichen Helden der Story so unsympathisch wie möglich machen zu wollen. Ständig faselt der harte Agent vom noch härteren Leben als Undercover-Einsatztruppe, redet von den Entbehrungen und dem Schmerz, dem Undank und den Strapazen, die sein Leben und das seiner Agenten mit sich bringt. Erst spät im Film präsentiert Mile 22 eine mögliche Auflösung für diese Dramaturgie, die den ganzen Fall in ein ganz anderes Licht taucht – wenn man das möchte.

Mile 22
Silvas Kollegin Alice muss sich trotz privater Probleme auf ihren mörderischen Job konzentrieren.

Mile 22: Kritik an der US-Arroganz

Denn je länger Mile 22 läuft, desto mehr bekommt der Zuschauer den Eindruck, dass die explizit zur Schau gestellte Selbstsicherheit und das Gefühl der Überlegenheit, dass die US-Agenten zeigen, möglicherweise gar nicht gerechtfertigt sind. Dass es auf der Welt tatsächlich Leute gibt, die ebenso clever und vielleicht sogar noch ein wenig durchtriebener sind als die harten Frauen und Männer von Overwatch. Dieser interessante Ansatz hebt den ansonsten eher stereotypen Film über Spionage und Kampfeinsätze auf ein anderes Niveau.

Allerdings hält sich Berg hier ganz im Gegensatz zu seinen sonstigen Gepflogenheiten mit klaren Aussagen zurück, deutet hier immer wieder nur an, dass die Arroganz des Westens eventuell gar nicht angebracht ist. Und lässt seinen nur 94 Minuten langen Film, der sich aufgrund der extrem langen Actionsequenzen aber deutlich länger anfühlt, mit einem relativ offenen Ende zurück. Das erklärt sich aber, wenn man weiß, dass eine Fortsetzung von Mile 22 schon beschlossene Sache ist und Geschichte noch weitergeht.

Bereits als Actionthriller hätte Mile 22 seine Berechtigung, weil er diesen Job einfach gut erledigt. Aber durch die subversive Note, die Carpenter in ihrem Drehbuch unterbringt und die Berg auch so umsetzt, bekommt der Film eine eigene Note. Die ihn nicht nur von anderen Berg-Filmen abhebt, sondern grundsätzlich einen interessanten Ansatz in diese Art von Genrefilmen bringt. Auch wenn das sicherlich nicht jedem gefallen wird. Ob man das als Kommentar auf die momentane Politik Donald Trumps verstehen sollte, muss jeder für sich entscheiden. Passen würde es jedenfalls.

Fazit:

Mile 22 ist auf den ersten Blick ein harter, aber letztlich harmloser Actionthriller mit vielen, extrem unsympathischen Figuren, allen voran Mark Wahlbergs Charakter. Doch mit einem gut eingesetzten Twist und einem höchst ungewöhnlichen Ende punktet Mile 22 auch bei einem Publikum, dass mit dem üblichen „Die USA rettet die freie Welt“-Storys nicht viel anfangen kann. Möglicherweise ist er auch deshalb in seinem Heimatland nicht gut angekommen. Ob da noch eine Fortsetzung folgt?

Mile 22 startet am 13. September 2018 in den deutschen Kinos.

Mile 22
Bei einem Treffen macht der indonesische Geheimdienst-Chef Silva schnell klar, dass eine Ausreise Li Noors nicht erwünscht ist.