Long Shot

Filmkritik: Long Shot

Mit „Hallo, Mr. President“ verliebt sich der US-Präsident, gespielt von Michael Douglas, in eine Umwelt-Aktivistin, die von Annette Bening dargestellt wurde. Die Idee von 1995 griff nun Regisseur Jonathan Levine („Warm Bodies“) wieder auf – allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. Diesmal trifft die US-Außenministerin auf einen ehemaligen Nachbarsjungen, der nun Journalist ist. Und für die Politikerin die reden schreibt. Kann „Long Shot“ mit dem charmanten Douglas/Bening-Film von Rob Reiner mithalten?

Steh Rogan, der hier nicht nur die männliche Hauptrolle spielt, sondern den Film auch mitproduzierte, ist nicht unbedingt für feinen Humor bekannt. So hat er als Serienproduzent für eher derberen Stoff wie „Preacher“, „Future Man“ oder die bald startenden „The Boys“ gesorgt und einige der letzten Filmproduktionen wie „Game over, Man!“ waren eher unterirdisch. Kann der kanadische Comedian auch noch Pointen, die nicht mit Drogen oder Blut zu tun haben? Ja! In Long Shot beweist er, dass er immer noch anders kann – und das auch noch richtig gut ist.

Long Shot
Präsident Chambers sieht Charlotte Field als seine Nachfolgerin.

Long Shot: Die Handlung

Fred Flarsky (Seth Rogan) ist weder schön noch athletisch, aber ein verdammt guter Journalist. Und weil er nicht nur eine flotte Feder besitzt, sondern auch starke Prinzipien hat, arbeitet er für eine unabhängige Zeitung, die sich nicht vor unangenehmen Wahrheiten drückt. Und deshalb prompt vom Medienmogul Parker Wembley (Andy Serkis) aufgekauft wird. Wutentbrannt kündigt Fred und wird bald danach von einem Freund zu einer Party geschleift, auf der auch die US-Außenministerin Charlotte Field (Charlize Theron) zu Gast ist.

Und die erkennt ihn tatsächlich wieder, weil die beiden eine gemeinsame Vergangenheit haben. Charlotte wohnte in der selben Straße und war hin und wieder Babysitterin für Fred. Weil der gerade arbeitslos ist und Charlotte dringend einen guten Redenschreiber braucht, stellt sie den nicht unbedingt vorzeigbaren Journalisten ein. Sehr zum Bedauern ihrer Stabs-Chefin Maggie (June Diane Raphael), die den dicken, schlecht angezogenen Kerl schnellstens wieder loswerden will. Doch bald werden Fred und Charlotte von ihrer Vergangenheit eingeholt …

Long Shot: Der lustigste Film 2019?

Der Name des Films, Long Shot, hat im Englischen eine Menge Bedeutungen, am ehesten dürfte hier „ein hoffnungsloser Fall“ passen. Obwohl der deutsche Verleih der Meinung war mit dem Zusatz „unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich“ mehr Licht ins Dunkel der Bedeutung zu bringen. Der Titel ist aber auch eine der wenigen Dinge, die es hier zu kritisieren gibt. Long Shot ist eine der besten Komödien der vergangenen Jahre und bisher mit Abstand der witzigste Film 2019. Und das liegt zu einem guten Teil an den beiden grandiosen Hauptdarstellern.

Pass-sicher wie Fußballprofis spielen sich Theron und Rogen die Bälle zu und bringen auch die schwierigen Schüsse ins Ziel. Dabei ist nicht nur die Gagdichte hoch, auch der Humor ist erstaunlich unterschiedlich. Selbst Rogens bevorzugte Kifferwitze bringt er unter, ohne dass sie diesmal so nerven wie in früheren Filmen. Denn das hervorragende Drehbuch von Dan Sterling („The Office“) und Liz Hannah („Die Verlegerin“) legt zwar ein flottes Tempo an den Tag und lässt den Stars trotzdem genug Platz zum Glänzen. Und die nutzen das auf verschiedene Arten.

Long Shot
Für den Wahlkampf engagiert Charlotte ihren Kinder-Kumpel Fred als Redenschreiber.

Long Shot: Mehr als nur Trump-Bashing

Das Script schafft es nicht nur, aktuelle Politik mit einem wunderbar doof-eitlen Präsidenten (Bob Odenkirk) auf den Arm zu nehmen, sondern auch auf Notwendigkeit der „#MeToo“-Debatte hinzuweisen, wenn sich Charlotte nicht nur gegen politische Attacken, sondern auch gegen Dauergeflirte zur Wehr setzen muss. Dass dabei dann auch noch die Love-Story zwischen Fred und Charlotte funktioniert ist da fast ein kleines Wunder. Und doch knistert die Leinwand, wenn die beiden sehr unterschiedlichen Typen in Wortgefechten aufeinander prallen.

In bester „Screwball“-Manier umschwirren sich Rogan und Theron, nähern sich gekonnt an und erobern das Herz des jeweils anderen so glaubhaft, dass neben vielen Lachern hier auch echte Rührung aufkommt. Und sich der Zuschauer auch deshalb so dringend ein Happy-End wünscht, weil es hier eben so verdammt unwahrscheinlich ist. Denn Charlotte muss für ihren politischen Erfolg ein Menge Kröten schlucken, mit denen Fred so gar nicht einverstanden ist. Doch die Chance, die erste Präsidentin der USA zu werden, will sich Charlotte nicht entgehen lassen.

Jonathan Levine setzt nicht nur die zahlreichen Pointen des Films gut in Szene, wobei er viel Hilfe durch das traumhafte Timing seiner Stars hat. Er schafft es auch, dass das Publikum beide Protagonisten versteht und die Sympathien daher recht gleich verteilt sind. Und so ist Long Shot eine ganz starke Rom-Com mit vielen politischen Seitenhieben, bei der sowohl der Rom- als auch der Com-Teil ausgezeichnet funktionieren. Ein so lustigen, packenden und anrührenden Film gab es im Kino schon länger nicht mehr. 

Fazit:

Lustig, aber nie albern. Scharf, aber nie zynisch. Und romantisch, aber nie kitschig. Filme mit einer Qualität von Long Shot gibt es heute nicht mehr oft. Mit Seth Rogen und Charlize Theron  spielen zwei Stars, die nicht nur sehr uneitel einiges für eine gute Pointe hinnehmen, sondern auch eine starke Chemie aufweisen. Und denen man deshalb diese eigentlich unglaubliche Love-Story tatsächlich abkauft. Die große Bandbreite des Humors – von derben Drogen-Gags bis feingeistigem Dialog – sorgt zudem dafür, dass fast jeder Zuschauer hier garantiert ein paar Mal lachen muss. Unbedingt ansehen!

Long Shot startet am 20. Juni in den deutschen Kinos.

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