Das krumme Haus

Filmkritik: Das krumme Haus

Schon seit den 70er Jahren gilt die eiserne Regel. Eine Agatha Christie-Verfilmung muss unter allen Umständen mit Stars gespickt werden. Da bildet auch „Das krumme Haus“ keine Ausnahme. Glenn Close, Terence Stamp, Gillian Anderson, Christina Hendricks und viele mehr drängen sich hier für eine Mörderjagd vor der Kamera, die angeblich der Lieblingsroman der Autorin war. Wäre die Adaption auch ihr Lieblingsfilm geworden?

Wer die Werke der Autorin nur aus Kino und Fernsehen kennt, wird vielleicht ein wenig enttäuscht sein. Denn einer der beiden Meisterdetektive Christies gibt es in Das krumme Haus nicht zu sehen. Weder Hercule Poirot noch Miss Marple tauchen hier auf. Dafür aber jede Menge Verdächtige und mindestens ein Twist, den wohl kaum einer kommen sieht. Also grünes Licht für einen stimmungsvollen Krimiabend im Kino?

Das krumme Haus
Das riesige Leonides-Anwesen ist Schauplatz eines Mordes geworden.

Das krumme Haus: Die Handlung

Privatdetektiv Charles Hayward (Max Irons) staunt nicht schlecht, als seine verflossene Liebe, die Millionärstochter Sophia Leonides (Stefanie Martini), in seinem Büro steht und ihn beauftragt, den möglichen Mord an ihrem Großvater aufzuklären. Der schwerreiche Industrielle starb an einer Überdosis Insulin, die ihm jemand möglicherweise absichtlich verabreicht hat. Obwohl sich Hayward wegen Sophie noch immer in einem Gefühlschaos befindet, nimmt er den Job an und macht sich auf den Weg zum Landsitz der Familie Leonides.

Und dort trifft er nicht nur auf jede Menge Familie – sondern auch auf sehr viele Verdächtige. Wie der junge Detektiv bald merkt, hatte fast jedes Mitglied des Leonides-Clans ein Motiv, um den alten Mann aus dem Weg zu räumen. Während die junge Witwe Brenda (Christina Hendricks) bei fast allen unter Generalverdacht steht, entdeckt Hayward auch andere Gründe, warum das Familienoberhaupt den Tod gefunden haben könnte. Kann Hayward den Mord aufklären, bevor es zu weiteren Todesfällen kommt?

Das krumme Haus: Klassischer Christie-Stoff?

Ein Ort, viele Verdächtige und immer neue Wendungen in der Story. Wer auf diese Art Krimis steht, bekommt bei Agatha Christie eigentlich immer, was er möchte. Das ist auch bei Das krumme Haus nicht anders. Mit wenig Action, aber viele geschliffenen Dialogen sucht der junge Detektiv nach Spuren und Hinweisen, prallt aber immer wieder an einer Mauer des Schweigens ab. Denn die Familie zieht es vor, ihre dunklen Geheimnisse lieber für sich zu behalten. So kennt man die Geschichten der großen Britin eben.

In Regisseur Gilles Paquet-Brenners Version gipfelt das in einem Dinner, bei dem fast jedes Mitglied der Familie einem anderen den Mord unterstellt. Hier zeigen sich endlich die Risse im Gefüge, auf die Hayward so lange gewartet hat und ihn die er dann auch hineinstößt, um den Fall zu lösen. Dennoch tut man dem Stoff unrecht, wenn man ihn als typischen Christie-Roman abtut, bei der sich der Täter schließlich durch unwiderlegbare Beweise selbst ans Messer liefert. So leicht macht es Das krumme Haus seinen Zuschauern nicht.

Das krumme Haus
Die Witwe Brenda gilt als Hauptverdächtige aus Geldgier. Aber stimmt das wirklich?

Das krumme Haus: Neue Wege in alter Optik

Denn die Autorin hat hier tatsächlich neue Wege gewählt, um ein Verbrechen zu inszenieren und dabei für die damalige Zeit sicher auch an Tabus gerüttelt, um ihren düsteren Fall zu konstruieren. Diesen Mut findet man bei Paquet-Brenner und den drei Drehbuch-Autoren leider nicht. Denn Das krumme Haus ist genauso gediegen erzählt und gefilmt, wie man das aus unzähligen Verfilmungen der Christie-Stoffe kennt und auch oft am Sonntagabend im ZDF erlebt. Das wird dem untypischen, originellen Plot nicht gerecht.

Wer natürlich genau das mag, bekommt in Das krumme Haus die volle Packung. Edle Optiken, schöne, reiche Menschen, jede Menge Motive, alles hübsch in Szene gesetzt und gut gespielt. Aber eben auch nicht mehr. Wer in seinem Leben schon ein paar Krimis gesehen hat, dem wird Das krumme Haus garantiert den Puls nicht nach oben treiben. Dazu folgt Paquet-Brenner zu brav dem gängigen Bild des Christie-Krimis und traut sich zu selten, aus diesen Vorgaben auszubrechen.

Und so bietet Das krumme Haus zwar viele für die Fans der beteiligten Schauspieler, die hier nach Herzenslust finstere Gestalten spielen dürfen. Aber nicht so sehr viel für echte Krimifreunde, die Spaß am Miträtseln haben. Und so gut wie nichts für Kinogänger, die eine Christie-Verfilmung einmal im modernen Gewand erleben möchten. Das krumme Haus könnte optisch wie inhaltlich auch vor 30 Jahren entstanden sein. Hier weht eher ein Hauch von „Downton Abbey“ durch den Film als der Hauch des Todes.

Fazit:

Edel gefilmt, gut besetzt aber im Kern zu harmlos, um richtig mitzureißen. Daher punktet Das krumme Haus eher bei den Fans der Schauspieler und Freunden schön ausgestatteter Ensemble-Filme als bei Krimi- oder Thrillerfans. Denn was in den späten 40ern durchaus als Angriff auf traditionelle Werte gesehen werden konnte, schockt 2018 niemanden mehr. Dennoch ist Das krumme Haus ein ansehnlicher Film geworden – nur eben kein sonderlich aufregender.

Das krumme Haus startet am 29. November 2018 in den deutschen Kinos.

Das krumme Haus
Und was weiß Josephine? Beim einzigen Kind im Haus entdeckt Hayward bald einen messerscharfen Verstand.