Filmkritik: Bis zum Untergang

Der Überlebenskampf ist in so unwirtlichen und kalten Gebieten wie dem winterlichen Kanada ohnehin nicht leicht. In „Bis zum Untergang“ geht es aber noch eine Spur härter zu. Den nein Trainings-Wochenende von „Preppern“ läuft aus dem Ruder. Was Prepper überhaupt sind und warum sich die knapp 80 Minuten Film auch für Horrorfans lohnen, erfahren Sie in der Kritik.

Als Prepper bezeichnen sich Menschen, die vom Untergang der Zivilisation in den kommenden Jahren überzeugt sind. Und sich in aller Regel irgendwo in der Natur, weit weg von Städten, einen Überlebensbunker einrichten, dort haltbare Nahrung horten und sich auf den nach ihrer Meinung unvermeidlichen Angriff von Plünderern vorbereiten. Ein Menschenschlag also, dem Paranoia nicht so fern liegt. Kein Wunder daher, dass Regisseur Patrick Laliberté für sein Langfilm-Debüt Bis zum Untergang diesen Stoff aussuchte. Was taugt der eiskalte Thriller?

Bis zum Untergang
Der Survival-Spezialist Alain (Mitte) will seinen Kursteilnehmern wichtige Tricks zum Überleben beibringen.

Bis zum Untergang: Die Handlung

Antoine (Guillaume Laurin) ist überzeugt davon, dass die Zivilisation wie wir sie kennen, bald endet. Eine Naturkatastrophe wie die Klima-Erwärmung ist nach seiner Meinung unvermeidlich. Daher trainiert er mit Frau und Tochter regelmäßig den Fall der Fälle. Und er sieht sich im Internet regelmäßig die Lehrvideos von Alain (Réal Bossé) an, einem Guru der Szene. Als der sich bei Antoine mit der Nachricht meldet, einer der Teilnehmer an seinem Workshop sei abgesprungen und Antoine könne den Platz haben, ist der sofort bereit einzuspringen.

Schon bei seiner Ankunft merkt Antoine, dass Alain keine halben Sachen macht. Wer muss sein Handy abgeben und die Fahrt zum Heim von Alain mitten in der Wildnis Kanadas erlebt Antoine ohne Sicht. Vor Ort lernt Antoine die weiteren Teilnehmer kennen, zwei Frauen und drei Männer. Besonders auffällig ist David (Marc Beaupré), der offenbar schon Erfahrung hat. Auch die Ex-Soldatin Rachel (Marie-Evelyne Lessard) kennt sich nicht nur mit Waffen gut aus. Als es im Camp zu einem tragischen Unfall kommt, sind die Konsequenzen mörderisch …

Bis zum Untergang: Origineller als er aussieht

Die Ausgangslage ist bekannt. Mehrere Menschen kommen an einem Ort zusammen, der den meisten nicht bekannt ist – und der durchaus Gefahren birgt, die man nicht unbedingt kommen sieht. Christopher Smiths „Severance“ ist ein gutes Beispiel dafür, dass so ein Plot, garniert mit ein wenig Zufall und viel Blut recht unterhaltsam sein kann. Doch Patrick Laliberté, der auch am Drehbuch mitarbeitete, gelingt ein noch größeres Kunststück. Sein Film kommt ohne Kräfte von außen aus. Allein durch einen überaus realistischen Unfall eskaliert die Situation.

Danach geht alles nur auf den ersten Blick seinen erwartbaren Gang. Klar, dass die Gruppe plötzlich aufeinander losgeht, das ist nicht sonderlich überraschend, zumal das Script die Archetypen in der Gruppe vorher bereits festgelegt hat. Innerhalb dieses erwartbaren Szenarios kann Laliberté dafür gleich mehrfach Twists einbauen, die der Zuschauer so sicher nicht kommen sieht. Wer hier lebt und stirbt, ist lange nicht so sicher, wie sich das Genre-Veteranen, die bereits einige Filme dieser Art gesehen haben, wohl beim Zusehen ausmalen.

Bis zum Untergang
Doch schon beim Abendessen wird klar, dass Alain vor allem gegen die Einsamkeit kämpft.

Bis zum Untergang: Glaubhaftes Szenario

So bietet der Film, dessen englischer Titel „The Decline“ (dt. Die Ablehnung) besser passt, zwar ein Finale, dass nicht viel anders macht als zahllose Filme vor ihm. Doch Laliberté gelingt es in den Details, seine Story wohltuend von anderen Genre-Vertretern abzuheben. Was vor allem an der guten Idee liegt, die Geschichten in der Prepper-Szene anzusiedeln. Denn schon beim Meinungsaustausch zwischen den Kursteilnehmern wird schnell klar, welche menschlichen Zeitbomben hier zusammengekommen sind, um voneinander zu lernen.

Würde der Zuschauer unter anderem Umständen an der Reaktion der Gruppe zweifeln, so nimmt man hier dem Drehbuch die durchaus radikale Reaktion der Kursteilnehmer ab, weil sie vorher bereits als Menschen skizziert wurden, die von den staatlichen Überwachungseinrichtungen wenig halten. Und dazu schnell deutlich wird, dass einer der Anwesenden nur darauf wartet, endlich den Abzug der Waffe drücken zu können. Weil Laliberté seine Story dann auch noch mit genug Blut und Schmerzen ausstattet, ist Bis zum Untergang ein gelungener Trip in die Dunkelheit der menschlichen Seele.

Denn die eiskalte Umgebung der kanadischen Wildnis passt ausgezeichnet zur Gefühlswelt einiger Protagonisten. So finden sich die Charaktere in einem Strudel der Gewalt wieder, aus dem es kein Entkommen zu geben scheint, obwohl längst nicht alle zu blutrünstigen Killern mutieren. Angesichts der cleveren, weil so glaubwürdigen Umstände, bleibt den Survival-Freunden aber scheinbar keine Wahl. Zwar erfindet Regisseur Laliberté in seinem Film das Genre des Survival-Thrillers nicht neu, leistet aber einen originellen und sehenswerten Beitrag dazu.

Fazit:

Auch wenn Thriller-Fans die Story von Bis zum Untergang schon oft gesehen haben, so gelingen Regisseur Patrick Laliberte in seinem Film Unterschiede im Detail, die der Geschichte unerwartete Wendungen geben. Oder zumindest im Erwarteten Abläufe ändern oder für kleine Überraschungen sorgen. Und so ist dem Franko-Kanadier ein fieser kleiner Thriller gelungen, der Fan des Genres sehr gefallen dürfte. Knackige 80 Minuten, die langsam Spannung aufbauen und die bis zum Ende auch halten.

Bis zum Untergang startet am 27. März 2020 bei Netflix.

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Bis zum Untergang
Als es zu einem tragischen Unfall kommt, reagiert nicht nur das Gastgeber unerwartet.