Venom

Filmkritik: Venom

Als „Venom“ 1988 das Licht der Marvel-Comicwelt erblickte, wurde er schnell zu einem der beliebtesten Gegner Spider-Mans, dem er seine Existenz auch zu verdanken hat. Tom Hardy soll nun in der Verfilmung als menschliche Hälfte des Hybrid-Geschöpfes für volle Kassen sorgen. Und den Grundstein für ein „Spider-Universum“ im Kino legen, mit dem Sony es Marvel endlich gleich tun will. Kann das mit diesem Film klappen?

Eigentlich hatte es so gut angefangen in der Beziehung zwischen Sony und Marvel, nachdem der japanische Konzern vom Comic-Verlag die Filmrechte an einem der beliebtesten Superhelden überhaupt gekauft hatte: Spider-Man. Denn der erste Film von Regisseur Sam Raimi überzeugte 2002 Kritiker, Fans und ein breites Publikum und wurde ein echter Hit. Mit dem zweiten Teil steigerte Raimi sich sogar, für viele ist diese Fortsetzung sogar der bisher beste Spider-Man-Film überhaupt. Doch dann fing das Elend an. Sony redete Raimi massiv in die Arbeit am dritten Teil hinein, der erstmals Venom als Gegner zeigen sollte. Von diesem Moment an sank der Spider-Man-Stern bei Sony. Kann Venom das ändern?

Venom
Weil Eddie Brock im Interview den Industriellen Carlton Drake hart angeht, sorgt der dafür, dass der Reporter alles verliert, was ihm wichtig ist.

Venom: Die Handlung

Eddie Brock (Tom Hardy) ist ein aufrechter Journalist, der für eine große Zeitung einen erfolgreichen Vlog in San Francisco betreibt – und mit der bezaubernden Anne (Michelle Williams) kurz vor der Hochzeit steht. Doch in Sekunden ändert sich alles. Als Eddie den schwerreichen Industriellen Carlton Drake (Riz Ahmed) mit unangenehmen Fragen nervt, nachdem er heimlich eine Mail an Anne gelesen hat, die als Anwältin für Drake arbeitet, verliert er seinen Job, seine Reputation – und auch Anne, die seinetwegen ebenfalls gefeuert wird.

Doch sechs Monate später bekommt Eddie seine Chance auf Rache. Als ein Mitarbeiter von Drake ihm anbietet, Brock heimlich in Drakes Forschungsstation zu schmuggeln, um zu dokumentieren, dass der Fiesling dort Menschenversuche mit Alien-Parasiten macht, sieht Eddie seinen Moment gekommen und willigt ein. Doch Eddie bekommt in der Einrichtung sehr viel mehr als das, was er eigentlich wollte. Denn er fängt sich dort selbst einen Symbionten aus dem All ein, der sich Venom nennt und keine freundlichen Pläne für die Erde hegt …

Venom: Nicht Fisch, nicht Fleisch

Als Regisseur Ruben Fleischer („Zombieland“) mit den Dreharbeiten begann, scheint er davon ausgegangen zu sein, mit Venom einem Film mit ähnlichem Gewaltgrad wie „Logan“ oder „Deadpool“ zu drehen. Zumindest lasen sich die Interviews der Beteiligten so. Doch irgendwann während der Arbeit am Film scheint Sony entschieden zu haben, dass Venom nun doch unbedingt eine „PG-13“ (das US-Pendant zu ab 12 Jahren) bekommen soll. Angeblich sollte so ein mögliches Cross-Over mit dem familienfreundlichen Spider-Man ermöglicht werden.

Nun ist der Anti-Held Venom aber ähnlich ungeeignet für einen Film ab 12 Jahren wie die oben genannten Marvel-Charaktere. Und dementsprechend wirkt der ganze Film exakt so, als hätte er etwas ganz anderes werden sollen, aber nicht werden dürfen. Immer wieder deutet Fleischer an, was für einen Film er eigentlich hätte machen können, doch dann scheint etwas zu fehlen. So wirkt Venom über seine gesamte Laufzeit von 112 Minuten wie ein unentschlossener Hybrid – nicht Fisch, nicht Fleisch. Ein härterer, fieserer und blutigerer Venom ab 16 Jahren hätte dagegen ganz gut werden können.

Venom
Als Eddie Monate später in Drakes Forschungsstation einbricht, kann er knapp entkommen, nimmt aber unwissentlich etwas mit nach draußen.

Venom: An Hardy liegt es nicht

Tom Hardy kann man für den mäßigen Film aber keinen Vorwurf machen – an ihm liegt es nicht. Hardy spielt den leicht heruntergekommenen und versoffenen Eddie Brock mit sichtlichem Vergnügen und schafft es mühelos, den Zuschauer auf seine Seite zu ziehen. Wenn man etwas bemängeln will, dann die Tatsache, dass er nicht zum ersten Mal mit seiner Partnerin auf der Leinwand keine Chemie findet. Dass er und Michelle Williams sich lieben sollen – das glaubt hier wohl niemand. Den heißblütigen Liebhaber nimmt man Hardy einfach nicht ab.

Den coolen Actionhelden dafür umso mehr. Außerdem gehören Hardy die wenigen witzigen Momente des Films, beispielsweise, wenn er mit seinem Symbionten Benimmregeln abzuklären versucht. Solche Szenen sind aber viel zu selten, um den Film in die richtige Spur zu bringen. Und der arme Riz Ahmed muss einen derart langweiligen und unoriginellen Bösewicht spielen, dass auch ihn wohl keine Schuld trifft. Was sich aber die zahlreichen Drehbuchautoren bei dieser nicht nur vom Timing her unglücklichen Origin Venoms gedacht haben, bleibt ein Rätsel.

Denn sie betten ein paar ansehnliche Actionszenen und gelegentliche Anflüge von schwarzem Humor in eine ziemlich öde Story ein, die mit dem Comic-Original selbstverständlich nicht das Geringste zu tun hat. Und so ist es die erste von zwei Post-Credit-Szenen, die den Film anteasert, den man eigentlich gern gesehen hätte. So wird das jedenfalls nichts mit einem Spider-Verse bei Sony. Vielleicht gelingt es ihnen ja besser mit dem animierten Spider-Man-Film, der im Dezember in die Kinos kommt. Venom ist eher eine Enttäuschung. 

Fazit:

Mit Venom verpasst Sony eine weitere Chance, mit ihrer Spider-Man-Lizenz endlich wieder etwas Vernünftiges zu machen. Statt das Risiko einer härteren Gangart einzugehen, macht das Studio aus einem eigentlich brutalen und fiesen Antihelden eine relativ harmlose Erscheinung. Und aus dem Film einen unausgegorenen Hybriden, der weder jüngeren noch älteren Comicfans besonders zusagen dürfte. Eventuell sollte Sony darüber nachdenken, die Spider-Man-Lizenz für viel Geld an Marvel/Disney zurückzugeben, statt weiter solche Filme zu produzieren.

Venom startet am 3. Oktober 2018 in den deutschen Kinos.

Venom
Als Eddie mit dem Symbionten Venom verschmilzt, regelt das neue Wesen die Dinge ein wenig anders als zuvor.