Der Pass Staffel 3

Serienkritik: Der Pass Staffel 3

In ihrer Kälte, schauspielerischen Brillanz und starker Charakterzeichnung bietet die Sky-Serie „Der Pass“ schon seit der ersten Staffel außerordentlich gutes Fernsehen. Grandios besetzt und großartig geschrieben hat die Serie, die mit „Der Pass Staffel 3“ nun zu Ende geht, eine Ausnahmestellung, mit der sich höchstens noch „Babylon Berlin“ messen kann. Doch vor den letzten Episoden hat die Serie ihre Stammschreiber verloren. Haben die neuen Autoren eine gelungene Abschluss-Staffel zu Papier gebracht? In der die neue Feindschaft zwischen den Protagonisten entsprechenden Raum bekommt? Oder fällt das Ende der Geschichte deutlich ab? Das klärt die Kritik.

Die Kritik zu Der Pass Staffel 1 gibt es hier.

Die Kritik zu Der Pass Staffel 2 gibt es hier.

Julia Jentsch als Ellie Stocker
Ellie Stocker sucht weiterhin nach Beweisen, um ihren Kollegen Gedeon Winter zu überführen.

Die Handlung

Ellie Stocker (Julia Jentsch) ist noch immer wütend. Ihr Kollege Gedeon Winter (Nicholas Ofczarek) hat ein wichtiges Beweismittel im Fall der toten Kollegin Yela Antic verschwinden lassen und damit dem Täter die Flucht ermöglicht. Dass Gedeon dadurch eine Spur zu einem verschwundenen Maler bekam, der ihn als Kind missbraucht hatte, weiß Ellie nicht. So setzt sie all ihre Kräfte ein, um den ehemaligen Freund und Lebensretter ans Messer zu liefern. Doch das muss zurückstehen, als im Grenzgebiet zwischen Deutschland und Österreich ein Serienmörder grausam zuschlägt. Und seine Opfer unsagbaren Qualen aussetzt, bevor sie sterben.

Und so müssen sich Gedeon Winter und Ellie Stocker noch einmal zusammenraufen, um den Killer zu stoppen, bei dem selbst Profiler kaum ein Motiv erkennen können. Mit jedem weiteren Opfer gerät die Sonderkommission weiter unter Druck. Erste Spuren scheinen in eine Richtung zu deuten, die normalerweise in Ermittlungen keine Rolle spielen: das Reich der Mythen und Sagen. Offenbar orientiert sich der Mörder an einer Gestalt, die angeblich im Mittelalter in der Gegend lebte. Und sich gegen die Herrschenden stellte. Während Gedeon Winter somit gleich zwei Verbrecher jagt, muss sich Ellie schließlich entscheiden, wo ihre Prioritäten liegen …

Neue kreative Köpfe

Für die finale Staffel wurden die Showrunner und Autoren Cyril Boss und Philipp Steinert abgelöst. Christopher Schier und Thomas W. Kiennast, Macher der „Ibiza-Affäre“ wurden von Sky zu den neuen kreativen Chefs gemacht, um die Geschichte um Winter und Stocker zu einem Ende zu bringen. Auch neue Autoren wurden verpflichtet. Wer die bisherigen Staffeln gesehen hat, wird die Veränderungen auch bemerken. Sie sind aber nicht so groß, dass aus Der Pass Staffel 3 eine grundlegend andere Serie werden würde. Die grundlegende, düstere Atmosphäre bleibt bestehen, wird sogar fast noch dunkler als zuvor. Das führt manchmal sogar dazu, dass es in einigen Momenten fast wie eine Parodie wirkt. Hier wäre weniger vielleicht mehr gewesen.

Denn in einigen Szenen wirkt die Brutalität der Serie, die in den beiden ersten beiden Staffeln als sparsames Stilmittel eingesetzt wurde, diesmal eher wie ein Selbstzweck, um zu vermitteln, wie grausam der Killer vorgeht. Das wird sicher nicht jedem gefallen, denn die vorherigen Showrunner erreichten die manchmal eiskalte Stimmung der Serie auch ohne expliziten Einsatz von blutigen Bildern. Während die erste Staffel sich mit einem glaubhaften Psychopathen beschäftigte, schlug die zweite Staffel als Psychogramm einer dysfunktionalen Familie eine andere Saite an, die ebenfalls gut funktionierte. Der Pass Staffel 3 schielt hingegen mehr auf Vorbilder wie „Sieben“, ohne ganz dessen Qualität zu erreichen.

Der Pass Staffel 3
Wer sind die seltsamen Kinder, die immer wieder auftauchen?

Grandios gespielt – schon wieder

Dennoch bleibt die Serie auch in ihrer finalen Staffel auf hohem Niveau. Denn Julia Jentsch und der nach wie vor grandios aufspielende Nicholas Ofczarek spielen ihre Rollen mit einer Intensität, die es so im deutschen Fernsehen nicht oft zu sehen gibt. Die innere Zerrissenheit, die der körperlich kernige Ofczarek hier zeigt und die Art und Weise, wie er sich in einigen Szenen wieder in ein verängstigtes Kind verwandelt, bleibt auch nach Ende der Staffel noch lange im Gedächtnis. Schauspielerisch gibt es aber auch in Der Pass Staffel 3 keinen einzigen Ausfall. Besonders erwähnenswert sind Lucas Gregorowicz als schmieriger Journalist. Und August Diehl als undurchsichtiger Einsiedler.

Auch inszenatorisch können die neuen  Folgen überzeugen. So fängt die Kamera Gedeon Winter, dessen Schicksal sich in dieser Staffel anhand von Gemälden entwickelt, immer wieder in einer Art Rahmen ein. Mal sind es schroffe Felswände, mal sind es Türrahmen, aber immer steht Winter auf eine falsche Art im Zentrum eines mehr oder weniger bizarren Bildes. Das ist wohltuend subtil gemacht. Eine Eigenschaft, die man Der Pass Staffel 3 leider nicht durchgehend attestieren kann. Gerade der Beginn vieler Episoden, in der das Publikum Kinder zu sehen  bekommt, die seltsame Rituale vollziehen, ist eher redundant als verstörend. Und bringt auch die Handlung nicht wirklich voran. Auch die Suche nach dem Killer wird durch einige sehr unglaubwürdige Kandidaten nicht spannender.

Nicholas Ofczarek als Gedeon Winter
Ein Gefangener in seinem Kopf: Gedeon Winter.

Denn erstmals haben die Autoren tatsächlich die Auflösung nicht in die Mitte der Staffel gesetzt, sondern ans Ende. Und sind damit der klassischen Mörderjagd deutscher Krimis einen großen Schritt näher gekommen. Spannender als die Vorgänger ist die finale Staffel dadurch zwar nicht. Aber zumindest wirkt sie anders als die Vorgänger, was auch einen gewissen Grad an Frische durch die nach wie vor nachtschwarzen Wälder der Grenzregion wehen lässt. Und so ist Der Pass Staffel 3 inhaltlich vielleicht die schwächste, emotional aber vielleicht auch die stärkste Staffel dieser zu kurzen, aber stets fulminanten Serie.

Fazit:

Mit Der Pass Staffel 3 hält die großartige Serie nicht mehr ganz das Niveau ihrer Vorgänger, punktet dafür aber mit besonders emotional ergreifenden Momenten. Bleibende Elemente wie die entsättigten Farben und die wilde, gefährliche Natur, die das zarte Pflänzchen Zivilisation umgibt, prägen erneut das Erscheinungsbild, während die letzte Staffel inhaltlich etwas bekanntere Pfade wählt, ohne deshalb zu langweilen. Denn die abermals großartigen Schauspieler machen auch aus der etwas weniger innovativen Story noch ein Fest für Serienfans. Auch mit den finalen Folgen verteidigt Der Pass den Ruf als eine der besten Thriller-Serien, die je in Deutschland entstanden sind. Chapeau!

Der Pass Staffel 3 startet am 4. Mai 2023 bei Sky und WOW.

Der Pass Staffel 3
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