Idris Elba

Filmkritik: Beast – Jäger ohne Gnade

Das Sub-Genre des Tier-Horrors hat einen schweren Nachteil. Seit 1975 ein gewisser Steven Spielberg nicht nur den ultimativen Hai-Film, sondern auch den besten Tier-Horror-Film aller Zeiten drehte, müssen sich neue Beiträge in diesem Metier an „Der weiße Hai“ messen lassen – und können nur verlieren. Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder zumindest ansehnliche Filme wie „Arachnophobia“, „Cujo“ oder „Die Vögel“. Regisseur Baltasar Kormakur („Die Farbe des Horizonts“) hat sich nun wieder einmal an Afrikas Großkatze herangewagt und schickt Idris Elba ins Duell mit einem blutrünstigen Löwen. Kann „Beast – Jäger ohne Gnade“ mit dem bisherigen Branchenprimus in Sachen Löwen, „Der Geist und die Dunkelheit“, konkurrieren? Das verrät die Kritik.

Sharlto Copley
Ranger Martin erwartet seinen alten Kumpel Nate und dessen Töchter in Südafrika.

Die Handlung

Der New Yorker Arzt Nate Samuels (Idris Elba) beschießt nach dem Krebstod seiner Frau, seinen Töchtern Meredith (Iyana Halley) und Norah (Leah Sava Jeffries) das Land zu zeigen, in dem er und seine Frau aufwuchsen, sich kennenlernten und verliebten – Südafrika. Sein alter Freund Martin (Sharlto Copley), ein Wildhüter, der Nate einst mit seiner Frau bekanntmachte, holt die noch immer traumatisierte Familie vom Kleinstflughafen ab und quartiert sie bei sich zuhause ein. Noch in der Nacht treten zwischen Nate und seiner älteren Tochter Meredith unausgesprochene Spannungen offen zutage und es endet mit einem amtlichen Besäufnis der beiden alten Freunde.

Am nächsten Tag will Martin Nate und den Mädchen ein wenig von Südafrikas unberührter Natur zeigen und fährt mit ihnen zu einem Löwenrudel, deren männliche Anführer er selbst einst aufgezogen hat. Als sie aber kurze Zeit später in ein Dorf kommen, in dem Martin viele Freunde hat und dort nur etliche Leichen vorfinden, wird aus dem netten Trip durch den Busch ein lebensgefährliches Abenteuer. Offensichtlich treibt sich in der Gegend ein großes Löwenmännchen herum, das seinen Lebensinhalt darin sieht, Menschen zu jagen und zu töten. Nur Minuten später begegnen sie dem Tier erstmals. Und das macht keinen Unterschied zwischen Buschbewohnern und New Yorkern …

Nach Schema F

Bei den meisten Tier-Horrorfilmen verläuft das Schema der Handlung in etwa gleich – hier auch. Aber im Unterschied zu vielen anderen überzeugt Beast gleich zu Beginn mit ordentlich Tempo. Nach zwei Minuten ist die Bestie und deren Motiv eingeführt und dient danach als Spannungsantreiber. Denn die meisten Zuschauer wissen natürlich, dass der Clash zwischen der Familie Samuels und dem Tier bevorsteht und warten auf den Moment der Begegnung. Auch hier verliert Kormukar nur wenig Zeit und steuert zielgerichtet auf das hin, was das Publikum sehen will: Mensch gegen Bestie. Damit offenbar der Film aber auch gleich seine größte Schwäche: Alles, aber auch alles an Beast ist absolut vorherseh- und erwartbar. Wer hier Überraschungen will, muss sich ein Ü-Ei mit ins Kino nehmen.

Denn den Ablauf des Film wird ein erfahrener Horrorfan fast auf die Minute genau voraussagen können, ebenso wie das Ende, auf das der Film schon früh hinweist. Das liegt selbstverständlich am Drehbuch. Ob das nun Jaime Primak Sullivan zu verantworten hat, von der die Idee stammt, oder Ryan Engle, der das Script schrieb, spielt dabei kaum eine Rolle. Es ist deutlich zu generisch, um Fans des Genres begeistern zu können. Dennoch lässt sich Beast eine gewisse Effektivität nicht absprechen. Denn auch wenn vieles bekannt ist, was dem Zuschauer da aufgetischt wird, so ist es trotzdem spannend. Denn das Warten auf ein Ereignis, von dem man weiß, dass es kommt, kann auch an den Nerven zehren.

Beast
Der Ausflug in den Busch beginnt mit beeindruckenden Begegnungen.

Gutes CGI

Und es gibt noch mehr gute Nachrichten. Die komplett aus dem Computer generierten Löwen sehen täuschend echt aus und können es durchaus mit dem Bären in „Revenant“ aufnehmen – auch in Sachen Angriff auf Menschen. Und der Cast gibt sich alle Mühe, die Gefahr auf den Zuschauer zu übertragen und ihn tief in den Überlebenskampf hineinzuziehen. Idris Elba ist eigentlich nie schlecht und macht auch hier seine Sache gut. Den Familienvater, der nach dem Tod seiner Frau alles für seine Töchter riskieren würde, nimmt man dem Briten problemlos ab. Auch wenn er hin und wieder durch das Drehbuch gezwungen wird, nicht sonderlich kluge Dinge zu tun.

Sharlto Coplay, schon seit „District 9“ ein Geheimtipp im Bereich des Genre-Kinos, spielt den sympathischen Martin so mitreißend, dass der Zuschauer auch um ihn zittert und ihm wünscht, er möge die Begegnung mit dem Killer aus dem Busch überleben. Und die beiden Darstellerinnen der Töchter nerven zumindest nicht über Gebühr, obwohl ihnen das Drehbuch dazu jede Menge Gelegenheiten gibt. Dazu liefert Kormukar einen handwerklich starken Film ab. Die Kameraarbeit kann sich sehen lassen und fängt die Schönheit der Natur in tollen Bildern ein. Hier zahlt sich aus, das Beast an Originalschauplätzen gedreht wurde. So strahlt der Film stets eine starke Authentizität aus, die ihm trotz mancher holprigen Szene eine große Glaubwürdigkeit verleiht.

Beast
Doch nach der Begegnung mit einem Killer-Löwen ändert sich die Stimmung dramatisch.

Lediglich im Finale ging dem Autor dann doch der Löwe durch und er reißt in diesen letzten Szenen viel von dem Realismus wieder ein, den er vorher über 90 Minuten aufgebaut hatte. Angesichts des auch sonst wenig originellen Scripts ist das allerdings keine ganz große Überraschung. Beast ist sicherlich kein Meisterwerk des Genres. Aber er liefert das, was er soll und macht das recht effektiv. Der Geist und die Dunkelheit bleibt aber in Sachen Atmosphäre und Spannung unerreicht.

Fazit:

Mit Beast – Jäger ohne Gnade präsentiert Regisseur Baltasar Kormukar einerseits einen sehr generischen und wenig originellen Tierhorror. Anderseits aber einen durchaus effektiven. Denn sowohl die Computertricks als auch die handgemachten Effekte können sich sehen lassen. Dazu kommen zwei spielfreudige Stars und schöne Bilder aus Südafrika. Hätte die Story ein wenig mehr Esprit und wäre nicht ganz so vorhersehbar, aus Beast hätte eine kleine Genre-Perle werden können. So reicht es für einen ordentlichen Film, der genau das liefert, was Fans erwarten. Der aber durchaus Potenzial für mehr gehabt hätte.

Beast – Jäger ohne Gande startet am 25. August 2022 in den deutschen Kinos.

Idris Elba
Auch die Flucht aus dem Wagen nutzt nichts. Das Raubtier bleibt der Familie auf den Fersen.