She-Hulk

Serienkritik: She-Hulk – die Anwältin

Die letzten Serien der Marvel Studios auf Disney bestachen vor allem durch neue Helden und wenige Verbindungen zum MCU. Bei „Moon Knight“ war davon gar nichts zu sehen, „Ms Marvel“ hatte zumindest ein paar Berührungspunkte zum bereits bekannten MCU. „She-Hulk – die Anwältin“ hingegen steckt von Beginn an richtig tief im Universum der Superhelden, denn die Serie präsentiert nicht nur eine der schnellsten Entstehungsgeschichten einer Heldin überhaupt, sondern ist auch gespickt mit Anspielungen ans MCU und Figuren aus vergangenen Filmen. Kann die neue Comedy-Serie von Marvel überzeugen? Das klärt die Kritik.

Mark Ruffalo
Durch einen Unfall gelangt Blut ihres Cousins Bruce Banner in ihren Körper – und macht Jennifer Walters zum She-Hulk.

Die Handlung

Jennifer Walters (Tatjana Maslany) ist Anwältin – und die Cousine von Bruce Banner (Marc Ruffalo). Zwar sieht sie ihren Verwandten nur selten, schließlich ist er als Professor Hulk häufig in Sachen Weltenrettung unterwegs, aber wenn sich die Gelegenheit ergibt, etwas Zeit mit Bruce zu verbringen, dann nutzt sie ihre Chance. Doch das aktuelle Treffen wird für Jen zu ihrem Schicksal. Denn bei einem Autounfall bekommt sie ein wenig Blut des Hulk in eine eigene Wunde – und verwandelt sich sofort selbst in eine grünhäutige Kreatur. Allerdings bleibt Jen stets sie selbst, entwickelt keine weitere Persönlichkeit, wie das bei ihrem Cousin der Fall war.

Die Versuche von Bruce, seiner Verwandten zu helfen, mit den neuen Kräften umzugehen, schlagen hingegen weitgehend fehl. Denn Jen kommt mit der Superkraft erstaunlich schnell und gut zurecht und braucht Bruces Hilfe gar nicht. Dafür kann sie ihren Cousin mit einer Entscheidung überraschen. Denn Jen denkt gar nicht daran, eine Superheldin zu werden, sondern möchte viel lieber in ihrem Job als Anwältin weiterarbeiten. Sie muss allerdings bald feststellen, dass sich ihre Superkraft gar nicht so einfach mit einer Karriere im Dienst der Justiz vereinbaren lässt. Glück für Sie: auch Superschurken brauchen einen Anwalt – und dafür ist Jen nach ihrer Verwandlung wie geschaffen …

Superhelden plus Sitcom – das geht!

Marvel und Sitcom – kann das funktionieren? Nach Ansicht der ersten vier Folgen, die Disney vorab zur Verfügung stellte, lässt sich sagen: ja! Chefautorin und Showrunnerin Jessica Gao findet nicht nur schnell einen Weg, die Figuren zu etablieren, sondern auch einen guten Zugang zum Humor des Plots. Aufgebaut wie eine klassische Comedy-Serie und gespickt mit vielen Anspielungen auf das MCU, ist She-Hulk nicht nur äußerst temporeich inszeniert, sondern besonders für Marvel-Kenner auch sehr unterhaltsam. Denn mit Stargästen wie Wong (Benedict Wong), Emil Blonsky alias Abomination (Tim Roth) und einem angekündigten Mitwirken von Charlie Cox als Daredevil/Matt Murdock haben die Macher beachtliche Starpower des MCU aufgeboten.

Doch allein schon die Präsenz von Mark Ruffalo in den ersten Folgen sorgt dafür, dass sich She-Hulk – die Anwältin tief ins bereits bekannte Marvel-Universum eingräbt. Ganz nebenbei ist der Schauspieler auch ein guter Komödiant, der mit gutem Timing und passender Mimik seine Gags perfekt setzt. Und problemlos die Lacher auf seine Kosten hinnimmt. Eindeutiger und logischer Star der Serie ist aber Tatjana Maslany. Ihr gelingt das Kunststück, dass sie sowohl als Jennifer Walters wie auch als She-Hulk witzig ist und beide Rollen ohne Probleme verkörpern kann. Was noch wichtiger ist: Die Übergänge zwischen Jennifer und She-Hulk sind derart fließend, dass der Zuschauer kaum einen Unterschied merkt, obwohl die Optik sich komplett ändert. Das ist beeindruckend.

She-Hulk
Trotz ihrer neuen Superkräfte möchte Jen lieber als Anwältin weiterarbeiten.

Gute Optik, guter Humor

Über die Technik, die im ersten Trailer noch heftig attackiert wurde, lässt sich sagen: Wer mit Avengers Endgame in Sachen CGI zufrieden war, der wird auch She-Hulk mögen. Denn große Unterschiede in der Qualität der animierten Figuren sind nicht zu sehen. Sowohl Abomination als auch der Hulk lassen den Schauspieler dahinter erkennen. Das gilt ebenso für Tatjana Maslany, deren Mimik auch in Grün jederzeit erkennbar ist. Sie hält die Serie jederzeit auf Kurs und wirkt mit einigen ernsten Momenten auch den Szenen entgegen, die hin und wieder ein wenig zu albern geraten sind. Schön, dass She-Hulk – die Anwältin sich traut, auch solche Szenen zu zeigen, die nicht unbedingt lustig sind.

So findet Jen beispielsweise über eine Dating-App einen interessanten Mann, der sich allerdings als großer Fan von She-Hulk entpuppt, mit deren Alter Ego Jennifer Walters hingegen so gar nichts anfangen kann. Dass dieser Moment so überraschend kommt und dennoch ausgezeichnet in die Episode passt, macht den Reiz der neuen Marvel-Serie aus. Es dürften sich zwar auch hier wieder genug vorwiegend männliche Nörgler finden, denen She Hulk – die Anwältin deutlich zu frauenlastig ist. Wer aber einfach nur seinen Spaß mit einer wirklich witzigen Variation einer Superheldin haben will, den sollte das eigentlich nicht stören, solange die Gags sitzen. Und das tun sie.

Tim Roth
Einer ihrer neuen Jobs: Emil Blonsky alias Abomination zu verteidigen.

Wenn es etwas zu kritisieren gibt, liegt das auf einer Geschmacksebene, denn was der eine lustig findet, mag der andere vielleicht gar nicht. Und so muss jeder Zuschauer für sich checken, ob der Humor der Serie zum eigenen passt oder nicht. Etwas objektiver betrachtet, gibt es an She-Hulk wenig zu kritisieren. Die Storys sind gut und zeigen gekonnt ihre Wurzeln im MCU, die Dialoge sind geschliffen und witzig, die Atmosphäre der Serie jederzeit humorvoll.

Fazit:

Mit She-Hulk – die Anwältin hat das Marvel Studio um Boss Kevin Feiger erneut eine Serie auf den Markt gebracht, die keiner vorherigen ähnelt. Obwohl die Wurzeln klar in der Sitcom liegen, würzt die MCU-Zugehörigkeit das Ganze sehr und sorgt für Lacher, die eben nur im Superhelden-Universum funktionieren. Tatjana Maslany ist eine perfekte Besetzung für die Rolle, weil sie mühelos beide Aspekte beherrscht und für jede Seite ihrer Persönlichkeit den richtigen Ton trifft. Und die zahlreichen Stargäste wie Mark Ruffalo, Benedict Wong oder Tim Roth sorgen für den letzten Kick in einer ohnehin bereits gut geschrieben Serie. Marvel-Fans werden hier sehr glücklich, für den Rest ist die Serie aufgrund der starken Verankerung im MCU wohl weniger witzig.

She-Hulk – die Anwältin startet am 18. August 2022 bei Disney+.

She-Hulk
Recht bald gewöhnt sich Jen an ihre neuen Möglichkeiten als Heldin.