Jennifer Lopez in The Mother

Filmkritik: The Mother

Netflix macht es möglich! Offenbar hatte Jennifer Lopez nach vielen verschiedenen Komödien- und Dramarollen Lust, sich auch einmal im Actionthriller-Genre zu versuchen. Und der Streamingdienst erfüllte ihr diesen Wunsch. Nun kann die Schauspielerin und Pop-Ikone zeigen, ob sie auch als knallharte Killerin ihre Frau steht. Das Projekt „The Mother“, für das Netflix bereits seit gut einem Jahr Werbung macht, kann neben Lopez noch ein paar Hochkaräter aufweisen. Joseph Fiennes als Schurke vor, Misha Green, Produzentin von grandiosen Serien wie „Lovecraft Country“ hinter der Kamera. Ob das Ganze auch zu einen guten Ergebnis geführt hat, klärt die Kritik.

Jennifer Lopez in The Mother
Einst war sie Elitesniper der Army, doch dann verliebte sie sich in den falschen Kerl.

Die Handlung

Sie (Jennifer Lopez) bleibt namenlos. Eine Elitesoldatin, die sich mit den falschen Leuten eingelassen und die nun an die Behörden verraten hat – weil sie schwanger ist und die Angst um ihr Baby sie dazu treibt. Doch die Idee erweist sich als nur mäßig gelungen. Der FBI-Unterschlupf, in dem sie befragt wird, wird von den Gangstern überfallen und bis auf den Agenten Cruise (Omari Hardwick), dem sie das leben rettet, sterben alle Agenten dort im Kugelhagel. Sie selbst entkommt knapp mit schweren Verletzungen. ALs sie im Krankenhaus erwacht, erfährt sie, dass es ihrer inzwischen geborenen Tochter gut geht. Doch die Mutter muss eine Entscheidung treffen, denn die Gangster sind noch immer hinter ihr her.

Und so erklärt sie sich bereit für den härtesten Verlust ihres Lebens – sie gibt ihre neugeborene Tochter auf, damit nichts auf eine Verbindung zwischen ihr und dem Kind hinweist und sie so sicher ist. Dann zieht sich die Mutter nach Alaska zurück und wartet dort in einer völligen Einöde darauf, ob die Killer sie aufspüren oder nicht. Und nur Agent Cruise weiß, wo sie ist und teilt ihr einmal im Jahr mit, dass es ihrer Tochter gutgeht. Nach zwölf Jahren schlägt Cruise aber Alarm. Offenbar haben die Killer herausgefunden, dass die Tochter existiert und planen möglicherweise eine Entführung. Und so muss die Mutter aus ihrem selbsterwählten Exil zurück in die Zivilisation. Das geht nicht ohne Leichen ab …

Wenig Charakter

Ob einem The Mother gefällt oder nicht, steht und fällt mit Jennifer Lopez. Wer der 53-jährigen die Rolle als Eiltesoldatin und Killerin abnimmt, der kann durchaus auf seine Kosten kommen. Wer sich hingegen schwer tut, die Tänzerin und Sängerin als knallharte Kämpferin zu sehen, der dürfte mit The Mother wohl nicht warm werden. Dabei sind das längst nicht die einzigen Probleme des Films. Gute Helden brachen meistens gute Schurken, damit der Zuschauer die Geschichte spannend findet. Und da geizt das Script nicht nur mit Charakteren, sondern auch mit Möglichkeiten. Gael Garcia Bernal („Werewolf By Night„) bekommt lediglich eine Szene, um sich sich als Widerling zu profilieren, was wirklich nicht viel ist. Und Joseph Fiennes als finalem Gegner ergeht es nicht wesentlich besser.

Beide bleiben halbgare Figuren, deren wirkliche Motivation das Drehbuch nie herausarbeitet. Das ist umso schlimmer, weil beide der Vater des Kindes sein könnten, wegen dem die Lopez-Figur das alles auf sich nimmt. Da wäre es schön gewesen, das Publikum hätte erkennen können, aus welchem Grund beide interessant genug fand, um mit ihnen im Bett zu landen. Die mäßige Charakterzeichnung ist vielleicht da schwächste Seite des Films, der aber auch gute Anlagen aufweist. So ist Omari Hardwicks Charakter Cruise eine grundsolide Sidekick-Figur, der der Zuschauer schnell ins Herz schließt. Und auch Lopez darf in einigen Szenen durchaus zeigen, dass sie schauspielern kann und ihrer Figur damit ein paar interessante Ecken und Kanten verleiht.

Gael Garcia Bernal
Dessen Partner Hector ist auch zwölf Jahre später noch sauer – und entführt ihre Tochter.

Action oder Drama?

Und auch die Actionsequenzern gelingen ordentlich, wenn man The Mother nicht mit Krachern wie John Wick oder Mission Impossible vergleicht. Eine schönes Set-Piece auf Kuba gehört ebenso dazu wie einige ordentlichen zusammengefügten Szenen einer Hausstürmung. Im Vergleich zur Spitze der Actionwelt ist das dennoch alles ein wenig bieder. Immerhin erinnert das Finale stark an Willi Bogner-Sequenzen aus alten Bond-Filmen und sorgt so für ein wenig Retro-Feeling im Schnee. Aber die Zuschauer wirklich vom Hocker fegen, das gelingt The Mother leider zu keinem Zeitpunkt. Dazu ist die Inszenierung zu behäbig, Regisseurin Niki Caro hat bislang hauptsächlich Dramen gedreht – und das merkt man.

Und auch die Dramaturgie ist aufgrund der fehlenden Motive der Schurken etwas holprig. Stark wie The Mother eigentlich immer nur dann, wenn sich die Mutter mit ihrer Tochter Zoe auseinandersetzen muss und von knallharten Killer zum völlig verschüchterten, schuldbeladenen Eisschrank wird, der die Nähe zwar will, aber keine Ahnung hat, wie sie herzustellen wäre. In diesen Momenten ist auch Jennifer Lopez am besten in ihrer Rolle. Leider kommt dieser Aspekt der Geschichte trotz zweistündiger Laufzeit deutlich zu kurz und hätte breiteren Raum verdient. Auch weil die junge Lucy Paez als Zoe einen richtig guten Job macht und dem Zuschauer Emotionen entlocken kann.

The MOther
Zwar kann die Mutter ihre Tochter kurzfristig retten …

So zeigt The Mother immer wieder durchaus interessante Ansätze, die aber in dem Willen, einen Actionthriller zu drehen, zu oft auf der Strecke bleiben. Und die Thriller-Anteile sind zwar solide, aber eben auch nicht mehr. Für die abendliche Berieselung, während man nebenbei am Smartphone beschäftigt ist, bietet der Film aber ausreichend gute Unterhaltung und auch eine Handlung, die selbst mit zehn Minuten geistiger Pause nicht zu Verwirrungen führt. Wem das genügt, der hat hier seinen Spaß.

Fazit:

Schade, dass sich The Mother nie entscheiden kann, ob nun der Thriller-Teil oder der Drama-Aspekt im Vordergrund stehen soll. So nehmen sich beide Genres ein wenig die Luft zum Atmen und machen aus einem möglicherweise sonst guten Film nur einen ganz soliden. Die Action ist in Ordnung, aber nicht weltbewegend. Jennifer Lopez hat ein paar starke Szenen als Schauspielerin, die aber die nächste Actionszene kaum überdauern. Als Actionthriller mit einigen schönen Kulissen, Bond-Anleihen und genug Verfolgungsjagden und Schusswechseln dürfte der Film aber zumindest bei Fans des Genres Pluspunkte sammeln. Mit einem besseren Script und mehr Finesse hätte es aber ein deutlich besserer Film werden können.

The Mother startet am 12. Mai 2023 bei Netflix.

Joseph Fiennes
… doch der gefährlichste Killer wartet bereits auf seine Chance.