The Lost City

Filmkritik: The Lost City

Bevor Sandra Bullock sich auch in ernsten Filmen wie „Gravity“ oder „The Unforgivable“ profilieren konnte, war sie meist entweder in Rom-Coms oder Action-Komödien besonders erfolgreich. Und dahin kehrt sie mit ihrem neuen Film „The Lost City“  mit dem deutschen Zusatz „Das Geheimnis der verlorenen Stadt“ auch wieder zurück. In einer Geschichte, die verdächtig nach „Die Jagd nach dem grünen Diamanten“ klingt (siehe dazu auch die Handlung), verschlägt es die deutschstämmige Schauspielerin gleich mit zwei männlichen Schönheiten in den Dschungel. Ist ihr neuer Film sehenswert? Das klärt die Kritik.

Channing Tatum
Model Alan wäre gern der Held Dash, den er für die Buchcover der Loretta Sage.-Romane verkörpert.

Die Handlung

Loretta Sage (Sandra Bullock) war einmal eine aufstrebende Archäologin. Doch nach dem Tod ihres Mannes hat sie sich immer mehr zurückgezogen und begonnen, Romane über ein Abenteurer-Paar zu schreiben – und das höchst erfolgreich. Weil sie ihr neuestes Werk aufgrund einer Schreibblockade nicht ordentlich zu Ende bringt, zwingt ihre Agentin Beth (Da’Vine Joy Randolph) Loretta zu einer Promo-Tour. Und verpasst ihr für den Auftakt nicht nur ein schreiendes Outfit aus pinken Pailletten. Sondern hat auch noch Model Alan (Channing Tatum) eingeladen, der für die Roman-Cover von Loretta stets als Held Dash fungiert hat. Und Loretta schon immer gewaltig auf die Nerven fiel.

Nach der Veranstaltung, bei der Loretta dank Alan eher eine Nebenfigur blieb, wird sie auf dem Weg zum Hotel entführt – vom Milliardärs-Sohn  Abigail Fairfax (Daniel Radcliffe), der auf einer Insel nach exakt dem Schatz sucht, den Loretta in ihrem letzten Buch beschreibt. Weil die Autorin als eine der wenigen Menschen auf der Welt besondere Hieroglyphen lesen kann, soll sie für Fairfax einen Hinweis auf den Fundort entschlüsseln. Während die Schriftstellerin sich hartnäckig weigert, bei der Aktion mitzumachen, dämmert es Model Alan, dass Loretta möglicherweise entführt wurde. Und er heuert den ehemaligen Elitesoldaten Jack Trainer (Brad Pitt) an, um Loreta zu befreien. Zur Sicherheit kommt Alan gleich mit …

Parodie oder nicht?

Zugegeben, zu hundert Prozent deckungsgleich ist diese Story verglichen mit Die Jagd auf den Grünen Diamanten nicht. Aber die Parallelen sind schon deutlich vorhanden. Die erfolgreiche Schriftstellerin, die sich vor dem Leben versteckt und durch ungewöhnliche Umstände im Dschungel landet, wo sie mit einem ihr nicht sonderlich sympathischen Kerl um ihr Leben kämpfen muss – das haben Kathleen Turner und Michael Douglas schon 1984 auf die Leinwand gebracht. Allerdings nahm Regisseur Robert Zemeckis die Story durchaus ernst, auch wenn sie mit Humor gespickt war, so ging die Geschichte im Kern doch als Abenteuerfilm durch. Beim Script und der Regie der Gebrüder Adam und Aaron Nee ist man sich als Zuschauer da weniger sicher.

Ist The Lost City ein komödiantischer Abenteuerfilm? Oder doch eher eine Parodie auf Abenteuerfilme? Die Nee-Brüder wollten hier offensichtlich keine abschließende Aussage treffen, denn ihr Film schwankt regelmäßig zwischen diesen beiden, nicht unbedingt weit voneinander entfernten, Genres hin und her. Und von dieser Unsicherheit wirken auch die Schauspieler durchdrungen. So ist Brad Pitts Auftritt nicht nur eines der Highlights im Film, es ist auch beim besten Willen nur noch als Parodie wahrnehmbar. Loretta und Alan hingegen, die deutlich mehr Screentime erhalten, wirken in vielen Szenen wie echte Menschen, die wirklich ein großes Abenteuer erleben. Erfreulicherweise spielt die Antwort auf die Genre-Frage auch nur eine Nebenrolle – denn das Ergebnis zählt. Und das ist gelungen.

The Lost City
Daher bietet er Hilfe an, als Loretta entführt wurde und ihre Agentin Beth nach Lösungen sucht.

Ohne Text witziger

Denn das Duo Bullock und Tatum besticht mit seiner Chemie – vor allem im körperlichen Bereich. Ob die beiden sich mir extremen Verrenkungen eine Hängematte teilen oder sie ihm Blutegel vom Körper sammeln muss – die Szenen, in denen es vor allem physisch zur Sache geht, funktionieren besonders gut. Auf Dialogseite ist The Lost City in Ordnung, aber nicht unbedingt wirklich von der Muse geküsst. Oftmals kommen die kleinen Frotzeleien zwischen dem Paar in spe nicht über den Standard hinaus und drehen sich stets um die erwartbaren Themen. Und auch das zweite Rettungsteam, bestehend aus Lorettas Agentin Beth, produziert ein paar nette Lacher, ist aber viel zu vorhersehbar, um wirklich zu überraschen.

Auch der wie immer spielfreudige Daniel Radcliffe kann aus seiner arg flach geratenen Figur des verzogenen reichen Sohnes nicht viel machen. Und agiert eher als Stichwortgeber denn als Gag-Lieferant. Aber Pitt mit seinem kurzen Auftritt und Tatum und Bullock reißen hier viel raus. Man merkt beiden in jeder Szene an, dass sie erfahrene Comedy-Akteure sind. Denn das untrügliche Gefühl für Timing und der genau richtigen Menge an Übertreibung heben die meisten Szenen der beiden deutlich über den Durchschnitt heraus. Und machen im besten Fall richtig Spaß. Doch auch sie können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Story keine Bäume ausreißt.

Sandra Bullock
Tatsächlich findet er Loretta mithilfe eines Armee-Veteranen tief im Dschungel einer Insel.

Das muss sie aber auch nicht. Denn bei dieser Art Film rechnet wohl kaum ein Zuschauer mit gelungenen Twists oder anderweitiger Überraschungen in der Handlung. Hier geht es um Star-Appeal und witzige Momente, die zusammengefügt einen unterhaltsamen Film ergeben. Und das ist dem Regie-Duo dank der Stars durchaus gelungen. Ein Sonderlob gebührt auch dem Musik-Department, das allein für einige gute Gags verantwortlich ist.  Und so gehört The Lost City eindeutig zu den besseren Komödien des Filmjahres 2022.

Fazit:

Auch wenn das Drehbuch von The Lost City sicher nicht als Gag-Feuerwerk in die Filmgeschichte eingehen wird und eher durchschnittliche Qualität bietet – die Stars reißen es raus. Sandra Bullock und Channing Tatum agieren großartig zusammen, ganz besonders dann, wenn sie ohne Worte auskommen müssen. Und auch der Gastauftritt von Brad Pitt gehört zu den absoluten Höhepunkten des Films. Diese drei genügen, um aus einem vorhersehbaren Plot ohne jede Überraschung einen höchst unterhaltsamen Film zu machen. Denn viel mehr hat der Film gar nicht zu bieten.

The Lost City startet am 21. April 2022 in den deutschen Kinos.

The Lost City
Die Heimreise hingegen gestaltet sich deutlich schwieriger, als Alan erwartet hatte.