Red sea diving resort

Filmkritik: Red Sea Diving Resort

Hinter dem etwas seltsam anmutenden Namen „Red Sea Diving Resort“ verbirgt sich keine Reise-Doku, sondern ein Thriller nach wahren Begebenheiten. Der Film befasst sich mit historischen Fakten, die zwar noch gar nicht so lange her, in Europa aber weitgehend unbekannt sind – der Rettung äthiopischer Juden nach einem Bürgerkrieg im Land. Ist die Geschichtsstunde spannend und fesselnd oder erinnert der Film eher an langweiligen Schulunterricht? Das erfahren Sie hier.

Völkermord als Filmthema ist selten. Zwar gibt es einige Filme über den Holocaust, aber ansonsten ist das schreckliche Thema bislang nicht sehr häufig von Filmemachern umgesetzt worden. Obwohl dabei großartige Werke wie „Hotel Ruanda“ entstanden, schrecken die meisten Studios und Kreativen davor zurück, sodass manchmal sehr reiche Betroffene Werke wie „The Promise“ finanzierten, um auf großes Unrecht in der Vergangenheit aufmerksam zu machen. Auch Red Sea Diving Resort sucht sich ein Thema solcher Geschehnisse heraus – die Rettung der Opfer.

Red Sea Diving Resort
Fünf Agenten sollen im Auftrag der israelischen Regierung Flüchtlinge über den Sudan nach Israel bringen.

Red Sea Diving Resort: Die Handlung

1979: Der israelische Mossad-Agent Ari (Chris Evans) und der einheimische Kebede (Michael K. Williams) versuchen, äthiopische Juden aus dem vom Bürgerkrieg zerissenen Land nach Israel zu schaffen, wo sie vor weiterer Verfolgung sicher wären. Doch obwohl sich auch die USA in Form des CIA-Agenten Walton (Greg Kinnear) hilfreich einmischt, endet die Flucht der Menschen im Sudan – Ari hat in seinen Augen versagt. Deshalb klügelt der Geheimdienstmann mit Unterstützung seines Vorgesetzten Ethan (Ben Kingsley) einen neuen Plan aus.

Für seine kühne Idee sucht Ari zuerst Mitstreiter wie Rachel (Hayley Bennett), Jake (Michiel Huisman, „Spuk in Hill House“) und Sammi (Alessandro Nivola), der ihn schon einmal bei einem Rettungseinsatz unterstützt hat. Dann kauft er als US-Bürger getarnt ein leer stehendes Hotel am Roten Meer im Sudan und beginnt, mit diesem Tauch-Hotel als Tarnung Flüchtlinge per Lkw an den Strand zu schaffen, wo sie mit Schlauchbooten zu einem vor der Küste wartenden, israelischen Frachter gebracht werden. Doch es droht ständige Entdeckung …

Red Sea Diving Resort: Emotion statt Hintergrund

Gut gemeint ist zwar nicht immer das Gegenteil von gut. Aber oft brechen Filme, die sich zum Ziel gesetzt haben, ein besonders schlimmes oder heroisches Kapitel der Geschichte zu erzählen, unter dieser Last zusammen. Auch Red Sea Diving Resort ist nicht frei von Problemen, obwohl mit Regisseur und Drehbuchautor Gideon Raff („Homeland“) ein erfahrener Mann am Ruder saß. Aber Raff versucht, einen relativ langen Zeitraum von mehreren Jahren in seiner Erzählung abzudecken. Und hat deshalb sowohl emotional als auch bei der Spannung immer wieder Durchhänger.

Was auch daran liegt, dass dem Zuschauer keinerlei Hintergründe für die Flucht der Menschen aus Äthiopien gezeigt werden. Statt den Konflikt von mehreren Seiten zu beleuchten, konzentriert sich Raff auf den zugegebenermaßen heldenhaften Rettungseinsatz der Israelis. Das schmälert zwar den emotionalen Teil der Story nicht, zeigt die Flüchtlinge mit Ausnahme des ebenfalls heldenhaften Embede als verängstigte Masse, mit der man Mitleid haben soll. Das hat der Zuschauer sicher – aber die Distanz zur gesichtslosen Menge bleibt.

Red Sea Diving Resort
MIthilfe des selbstlosen Kebede findet Ari Zugang zu den Flüchtlingen und versucht, so viele wie möglich zu retten.

Red Sea Diving Resort: Zu wenig Highlights

Zwar baut Raff mit einem kleinen Jungen und einer vergewaltigten Frau kurz Charaktere auf, an deren Schicksal Raff mehr von der Flüchtlingsseite hätte zeigen können. Aber er schreibt beide auf sehr unterschiedliche Arten schnell wieder aus der Handlung – und verpasst diese Chance. Auch sorgfältig gesetzte, kurze Actionszenen wie ein Überfall am Strand oder die Auseinandersetzung mit dem fiesen, sudanischen Colonel Ahmed (Chris Chalk) können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Raff zu wenig wirklich Akzente in seinem 130 Minuten langen Film setzt.

An den Schauspielern liegt das nicht. Denn Chris Evans und seine Kollegen machen hier alle einen gutem Job – im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Denn außer dem Charakter des Ari bekommt niemand die nötige Tiefe, um sich in den Vordergrund spielen zu können. Zwar vermeidet Raff ganz plumpe Szenen mit den „edlen Weißen“, die dem „armen schwarzen Volk“ helfen. Auf einer tieferen Ebene bleibt dieses Gefühl aber bestehen, weil schlicht eine andere Perspektive fehlt. Raffs Heldenverehrung, so legitim sie auch ist, fehlt dramaturgischer Drive.

Dennoch ist Red Sea Diving Resort kein schlechter Film. Seine bekannten Gesichter, allen voran „Captain America“ Chris Evans laden zum Einschalten ein und der Film hat auch immer wieder starke Momente. Aber vieles wirkt zu kurz abgehandelt, zu viele Rettungsversuche will Raff zeigen – und verwässert so eine mögliche emotionale Erschütterung beim Zuschauer, für die der düstere Konflikt ganz sicher das Potenzial gehabt hätte. Als Unterhaltung mit Bildungsauftrag geht Raffs Red Sea Diving Resort aber durch.

Fazit:

Ein in Deutschland weitgehend unbekanntes Stück aktueller Zeitgeschichte möchte Regisseur und Autor Gideon Raff in seinem Film Red Sea Diving Resort erzählen. Obwohl er bei vielen Zuschauern sicher ein grundsätzliches Interesse dran weckt, will Raff aber einfach zu viel erzählen. Und vernachlässigt dabei nicht nur eigentlich notwendige Hintergrund-Informationen, sondern verzettelt sich auch in zu vielen Rettungsmissionen. Hier wäre weniger mehr gewesen. Dennoch gelingen ihm Momente, die nachhallen, leider nicht genug für einen richtig guten Film.

Red Sea Diving Resort startet am 31. Juli 2019 bei Netflix.

Red Sea Diving Resort
Gemeinsam können sie in gefährlichen Aktionen bei Nacht viele Äthiopier außer Landes schmuggeln. Doch bald wird es eng für alle Beteiligten.