Sex Education Staffel 3
Netflix

Serienkritik: Sex Education Staffel 3

Die Teenager aus Moordale sind wieder zurück! Nach mehr als eineinhalb Jahren Pause meldet sich die Erfolgsserie für Netflix mit acht neuen Folgen zurück.  „Sex Education Staffel 3“ beginnt mit dem neuen Schuljahr, das für Otis, Eric, Maeve und die anderen eine Menge Überraschungen bereithält. Die vergangenen Staffeln durften sich rühmen, nicht nur bei den Kritikern, sondern auch beim Publikum gut anzukommen. Allein die erste Staffel hatte 40 Millionen Zuschauer weltweit in ihrem ersten Monat auf Sendung. Warum Serienschöpferin Laurie Nunn und ihr Kreativ-Team aus Regisseuren und Autoren auch mit den neuen Episoden auf Traumquoten hoffen dürfen, klärt die Kritik.

Die Kritik zu Sex Education Staffel 1.
Die Kritik zu Sex Education Staffel 2.

Asa Butterfield
Weil Maeve auf Otis‘ Liebeserklärung der Telefon nicht reagiert hat, stürzt sich der 17-jährige in eine hochinoffizielle Affäre mit Schulschwarm Ruby.

Die Handlung

Es ist ganz schön viel, was da emotional auf Otis (Asa Butterfield) einprasselt. Mutter Jean (Gillian Anderson) ist hochschwanger, hat sich aber von Kindsvater Jakob (Mikael Persbrandt) getrennt. Maeve (Emmy Mackay) hat auf seine Liebeserklärung per Sprachnachricht nicht reagiert und Otis weiß nicht, dass Maeve diese nie erhalten hat. Und sein Sex-Abenteuer mit Ruby (Mimi Keene) hat sich zu einem beständigen Casual-Sex-Ding entwickelt, mit dem der 17-jährige ganz gut zurechtkommt, obwohl Ruby in der Öffentlichkeit nach wie vor nichts von ihm wissen will. Eric (Ncuti Gatwa) und Adam (Connor Swindells) versuchen, ihre Beziehung zueinander auf einen gemeinsamen Nenner zu bekommen, doch Eric muss mit seinem unerfahrenen neuen Freund noch sehr geduldig sein, was ihm nicht immer leicht fällt …

Weil das Sex-Musical zum Ausklang des vergangenen Schuljahres hohe Wellen geschlagen und den Schulleiter Michael Groff (Alistair Petrie) den Job gekostet hat, setzen die Förderer der Schule nun die junge Hope Haddon (Jemima Kirke) als neue Rektorin ein, die sich bei den Schülern zu Beginn zwar beliebt macht, sich aber sehr bald als Dolores Umbridge der Moordale High entpuppt und immer abstrusere Möglichkeiten entwickelt, um die Schüler vom Interesse am Sex abzuhalten. Dazu versöhnen sich Jakob und Jean und wollen eine Familie werden. Was für Otis und seine Ex-Freundin Ola (Patricia Allison) nicht gerade einfach ist. Denn plötzlich leben sie unter einem Dach zusammen. Und dann erfährt Otis auch noch die Wahrheit darüber, warum Maeve sich nie gemeldet hat …

So stark wie zuvor

Die Serie steht seit ihrer ersten Episode für eine seltene Mischung aus Komödie, Drama, Coming-of-Age-Themen und sozialkritischen Aspekten. Und auch Sex Education Staffel 3 ändert an diesem Konzept nichts. So erwarten den Zuschauer in den acht neuen Folgen brüllend komische, aber auch anrührende, traurige und zornig machende Momente. Zwar steht wie immer die Comedy im Fokus. Doch gerade die seltenen düsteren Szenen machen aus der Serie etwas ganz Besonderes. Wenn Maeve darunter leidet, dass ihre Mutter nach Maeves Eingreifen zugunsten ihrer kleinen Schwester Elsie nicht mehr mit ihr sprechen will, dann lässt das beim Zusehen wohl nur wenige kalt.

Und auch Hopes ständig schlimmer werdenden Bemühungen kippen von anfangs eher belustigenden Momenten gegen Ende der Staffel in ungewohnt bittere Szenen, in denen einige der Lieblingsfiguren vieler Zuschauer einiges zu erleiden haben. Dafür entfernt sich die Erzählstruktur immer wieder von der recht zentralen Sicht auf Otis, Maeve und Eric und gibt auch anderen Charakteren mehr Raum. So ist in Staffel 3 die schräge Lily (Tanya Reynolds) eine wichtige Figur, Ex-Schulleiter Groff bekommt einen sehr anrührend geratenen Handlungsbogen und auch Jean und Jakob werden zu Hauptfiguren dieser Staffel. Dennoch bekommt man als Zuschauer nie den Eindruck, man würde von Otis, Maeve und Eric zu wenig erfahren. Dafür gebührt den Autoren ein großes Kompliment.

Aimee Lou Wood
Maeve, die Otis‘ Nachricht Nachricht nie erhalten hat, verbringt ihre Zeit nun hauptsächlich mit ihrer besten Freundin Aimee.

Hot Talk, aber prüde Bilder

Auffällig ist allerdings die Entfernung zwischen Bildern und thematischer Tonalität der Serie. Während die Dialoge eher expliziter werden, was den Sex angeht, so inszenieren die Regisseure der Serie die optischen Sexszenen mittlerweile US-TV-tauglich, blanke Haut gibt es im Vergleich zur ersten Staffel fast gar nicht mehr zu sehen. Sex findet jetzt grundsätzlich in Unterwäsche statt. Warum die Serienmacher sich letztlich dafür entschieden haben, bleibt ein Geheimnis. Hier gab der Beginn der Serie in jedem Fall ein deutlich passenderes und stimmigeres Bild ab, was den Umgang mit dem Hauptthema angeht, als jetzt in Sex Education Staffel 3. Hier dürfte eine mögliche vierte Staffel gern nachjustieren, um die angestrebte Offenheit im Umgang mit Sex selbst wieder besser umzusetzen.

Was die Spielarten der Liebe angeht, bleibt Nunn hingegen auf Kurs. Die Probleme zwischen Ola und Lily stehen ebenso im Zentrum wie die zwischen Adam und Eric. Hetero-Beziehungen wie zwischen Otis und Rubs, Jean und Jakob kommen aber ebenfalls vor. Und mit Jackson Interesse an einer non-binäre Mitschülerin gesellt sich nun noch ein neuer Aspekt von Sexualität hinzu. Der allerdings nie erzwungen oder aufgesetzt wirkt, sondern sich perfekt in die bisherige Story einfügt. Wie immer erzählt die Serie ihre Geschichten mit leichter Hand, sodass die gelegentlichen ernsten Momente umso stärker wirken. Zuschauer aber auch ohne dauernde Schenkelklopfer mit dem großen Rest ihren Spaß haben können. Auch wenn die Musik in dieser Staffel erstmals nicht mehr so brillant als Witzgarant eingesetzt wird wie zuvor.

Sex Education Staffel 3
Eric und Adam sind verliebt, müssen aber noch einige Probleme in ihrer Beziehung lösen.

Langsam unglaubwürdig

Schauspielerisch hingegen stößt Sex Education Staffel 3 langsam an seine Grenzen. Das liegt nicht am Können der Beteiligten, sondern an ihrem Aussehen. Mag man Asa Butterfield den 17-jährigen gerade noch abnehmen, obwohl der Schauspieler 24 ist, so sieht die 25-jährige Emma Mackay definitiv nicht mehr wie eine Schülerin aus. Und der bereits 28-jährige Ncuti Gatwa wirkt beim besten Willen nicht mehr wie ein 17-jähriger. Dadurch neigt sich die Serie vermutlich einem natürlichen Lebensende zu, auch wenn die Autoren genug Material und Cliffhanger liefern, um eine vierte Staffel mit Inhalt zu füllen. Spätestens eine fünfte Staffel müsste wohl an der Universität spielen, um noch glaubhaft zu sein. Dass es auch in diesem Alter noch genug Fragen zum Thema Sex gibt, die dann beleuchtet werden, dürfte als sicher gelten.

Fazit:

Auch Sex Education Staffel 3 hält das hohe Niveau der Vorgänger und bietet erneut eine unwiderstehliche Mischung aus viel Humor, gewürzt mit packendem Drama und einem Hauch von Melancholie. Dazu bewahrt sich die Serie bei allen abstrusen Ideen rund um das Thema Sex die Wärme, die schon die beiden ersten Staffeln zu Publikumsmagneten machten. Der einzige echte Kritikpunkt ist die immer prüder werdende Optik der Serie, die im deutlichen Widerspruch zur Offenheit der Themen steht. Zuschauern zu suggerieren, Menschen hätten alle Sex in Unterwäsche ist nicht gerade die feine englische Art. Ob die dritte Staffel der Serie daher neue Fans gewinnt, ist schwer zu sagen. Wer bereits Fan ist, wird aber auch die acht neuen Episoden lieben.

Sex Education Staffel 3 startet am 17. September 2021 bei Netflix.

Sex Education staffel 3
Währenddessen macht die neue Schulleiterin Hope den Jugendlichen das Leben immer mehr zur Hölle.