Runaways

Serienkritik: Runaways

Vermutlich denkt fast jeder Teenager irgendwann einmal, dass seine Eltern möglicherweise Geheimnisse mit sich herumtragen und in Wirklichkeit gar nicht die sind, die sie zu sein vorgeben. Im Falle der „Runaways“ stellt sich das tatsächlich als die Wahrheit heraus. Die neue Marvel-Serie nach einer in Deutschland eher unbekannten Comic-Reihe startet jetzt bei SYFY in Deutschland. Sollten Superhelden-Fans sich das ansehen?

Brian K. Vaughn gehört seit den 2000ern zu den erfolgreichsten und innovativsten Comic-Autoren der USA. Er schrieb nicht nur zahlreiche Superhelden-Serien für DC und Marvel, sondern entwickelte auch neue Geschichten und Helden abseits der Superhelden-Thematik. So wartet seine abgeschlossene Saga „Y – The Last Man“ schon seit Jahren auf eine Umsetzung als Film oder Serie. Und seine Fantasystory „Saga“ gewinnt regelmäßig Preise in der Comicwelt. Seiner Phantasie entspringen auch die Runaways, eins von Marvels ungewöhnlichsten Helden-Teams. Worum geht es da?

Runaways
Der Moment, der das Leben der sechs Teenager für immer verändert: Sie entdecken die Verbrechen ihrer Eltern.

Runaways: Die Handlung

Eigentlich waren die Kinder von sechs superreichen Familien einmal Freunde, doch seit einem Todesfall vor einem Jahr haben Alex, Karolina, Nico, Chase, Molly und Gert kaum ein Wort miteinander gesprochen. Besonders Alex (Rhenzy Feliz), der hyperintelligente Sohn des Ex-Gangsters und Business-Mannes Geoffrey, leidet unter der Trennung. Aber auch die anderen fünf Teenager haben ihre Probleme und können mit ihren Eltern nur wenig anfangen.

Als sie durch einen Zufall am Abend des jährlichen, angeblichen Charity-Treffens bei den Wilders alle bei Alex auftauchen, entdecken die sechs Kids gemeinsam ein schreckliches Geheimnis. Ihre Eltern gehören zu einem Orden, der offenbar schreckliche Verbrechen begeht, um die eigene Macht zu mehren. In einer von Chases Vater Victor Stein (James Marsters) konstruierten Maschine opfern sie ein junges Mädchen. Was sollen die Teenager mit diesem Wissen anfangen? Und warum scheinen einige von ihnen plötzlich Superkräfte zu entwickeln?

Runaways: Viel Drama, wenig Helden

In den beiden ersten Folgen, die SYFY vorab zur Verfügung stellte, hält sich das klassische Thema Superhelden noch vornehm zurück. Lediglich bei Molly (Allegra Acosta) zeigen sich extrem Körperkräfte, sonst scheinen die Runaways ganz normale Teenager mit völlig unnormalen Eltern zu sein. Natürlich wird das in den weiteren Folgen nicht so bleiben und die meisten anderen Kids werden auch ihre Fähigkeiten entdecken. Aber der Start der Serie stellt zuerst die dramatischen Elemente der Story in den Vordergrund.

Die Leiden der Teens durch den Tod einer der ihren, Stress mit den fordernden und strengen Eltern und erste Erfahrung mit Drogen machen den Hauptteil der ersten Folge aus, an deren Ende erst die Entdeckung des Geheimnisses steht. Und Folge zwei rollt den Tag nochmals in Form diverser Rückblenden auf und erzählt die Story erst im letzten Drittel überhaupt weiter. Vergleicht man die Runaways mit anderen Marvel-Serien wie der durchaus ähnlichen „The Gifted“, dann fehlt der neuen Serie schon ein wenig Tempo.

Runaways: Ein Plot, der Zeit braucht

Das liegt allerdings auch daran, dass hier eine Menge Dinge erst einmal eingeführt und erklärt werden müssen, damit die ganze Story ins laufen kommen kann. Da hat der wohlbekannte „X-Men“-Plot bei The Gifted es viel einfacher und geht daher auch schneller in Action als die Runaways. Deshalb ist die neue Serie aber nicht langweilig. Denn das erfahrene Kreativ-Duo Josh Schwartz und Stephanie Savage („The O.C.“, „Heart of Dixie“) rückt statt knalliger Effekte und Mutantenkräften hier eine zunehmend  düstere Atmosphäre und ein wachsendes Gefühl der Paranoia in den Vordergrund. So wirkt Runaways auch eher wie ein Teenie-Drama und weniger wie eine Superhelden-Serie.

Für Comicfans, die die Serie kennen, mag das zu Beginn ein wenig langatmig sein, aber für alle anderen muss der komplexe Plot erst erklärt werden – und das dauert. Am Ende der zweiten Folge ist eigentlich noch immer nicht viel passiert. Trotzdem macht es bereits Spaß, den Teenagern bei ihren Alltagssorgen zuzusehen, denn bei vielen werden bereits mögliche Kräfte angelegt. So scheint Gert telepathischen Kontakt zu einer Echse zu entwickeln. Und Karolina fällt sofort in Ohnmacht, wenn sie ein bestimmtes Schmuckstück abnimmt.

Runaways
Den Eltern, die als „The Pride“ morden, ist nicht bewusst, dass ihre Kinder das Geheimnis kennen.

Runaways: Die Angst in der Normalität

Und auch die von Beginn an undurchsichtige „Church of Gibborim“, die von Karolinas Mutter Leslie (Annie Wersching, „Bosch“, „24“) angeführt wird, scheint noch viel mehr Unheil anzurichten, als in den ersten Folgen klar wird. Die Serie zeigt dabei den Alltag der scheinbar normalen Eltern mit dem Lift zur Schule für die Kinder und ihren täglichen Jobs im interessanten Kontrast zu den verbrecherischen Machenschaften. Und erzählt eindringlich, wie sehr die Teens neben ihren normalen Sorgen damit zu kämpfen haben, das Wissen über ihre Eltern geheimzuhalten. Und eine Entscheidung zu treffen, wie sie damit – und mit ihren neuen Fähigkeiten – umgehen sollen.

Auch wenn die beiden ersten Folgen noch nicht das volle Potenzial der Serie zeigen, ist Runaways doch eines der innovativeren Marvel-Formate zurzeit. Dafür sorgt schon die ungewöhnliche Grundidee der Teenager, die von ihren Eltern Kräfte erben und doch mit deren Verbrechen nichts zu tun haben wollen. Ein wenig schneller hätte die Serie aber auf Temperatur kommen dürfen. In den USA war sie ein Hit, Sender Hulu bestellte bereits eine zweite Staffel mit 13 statt 10 Folgen.

Fazit:

So richtig knallig starten die Runaways nicht in ihr Serienleben, lassen aber schon bald ihr Potenzial erkennen. Vor allem die für Superhelden-Comics eher schräge Idee, die ausgefallenen Figuren und Fähigkeiten und die stetig steigende Paranoia-Schwelle der Serie machen Spaß. Für Fans etwas anderer Helden sind die Runaways in jedem Fall einen Blick wert.

Runaways startet am 9. Mai 2018 auf SYFY mit einer neuen Folge jeden Mittwoch um 21:00.

Runaways
Die neue Situation bringt die Freunde von einst wieder näher zusammen.