Luke Cage Staffel 2

Serienkritik: Luke Cage Staffel 2

Trotz lässiger Black Music, New Yorks schwarzem Stadtteil Harlem und jeder Menge Gangster: In seiner ersten Staffel bei Netflix konnte der schwarze, kugelsichere Hüne noch nicht endgültig überzeugen. Macht „Luke Cage Staffel 2“ jetzt besser, was beim Debüt noch teilweise schief lief? 

Als dritte der sechs Marvelserien trat Luke Cage ihren Dienst bei Netflix an. Und viele Fans votierten den kugelsicheren Helden auch auf den dritten Rang in Sachen Qualität. Mittlerweile gibt es mit den „Defenders“ und „The Punisher“ sogar sechs Marvelserien. Doch die erste Staffel ließ meist nur „Iron Fist“ hinter sich, kam bei vielen Comicfans nur mäßig an. Zu langsam erzählt, zu viel Gangsterstory, zu wenig Superhelden-Action – das waren häufige Argumente für die Kritik. Macht Luke Cage Staffel 2 das jetzt besser?

Luke Cage Staffel 2
Kann die Liebe zwischen Claire und Luke bestehen, während er sich mit Harlems härtesten Gangstern anlegt?

Luke Cage Staffel 2: Die Handlung

Nach seiner Rehabilitierung wird Luke Cage (Mike Colter) schnell zum neuen Liebling der Massen in Harlem. Die Leute erkennen ihn auf der Straße, seine Beziehung zu Claire (Rosario Dawson) läuft gut. Doch noch immer sind seine Feinde in der Nähe. Mariah Dillard (Alfre Woodard) und Shades (Theo Rossi) haben als Duo nicht nur die Kontrolle über Harlems angesagtesten Club „Harlem Paradise“, sondern auch über die Waffengeschäfte im Stadtteil.

Als mit Bushmaster (Mustafa Shakir) ein neuer Player um die Macht in Harlem auftaucht, kommt es schnell zum Bandenkrieg zwischen Mariah und den von Bushmaster angeführten Jamaikanern. Dabei macht der neue starke Mann schnell klar, dass ihn eine persönliche Vendetta mit Mariah verbindet. Als Luke überlegt, sich in diesen Krieg einzumischen, erlebt er eine böse Überraschung: Bushmaster verfügt über ähnliche Fähigkeiten wie er selbst. Und er setzt sie gnadenlos ein, um seinen Willen durchzusetzen. Bald wackelt nicht nur Lukes Kiefer, sondern der ganze Stadtteil fürchtet um sein Leben …

Luke Cage Staffel 2: Fortsetzung folgt

Mit der zweiten Staffel der Serie führt Netflix in den Marvelserien etwas ein, das es bislang nicht gab: die direkte Fortsetzung. Zwar haben bisher alle Einzelserien weitere Staffeln erhalten, aber die haben sich meist bei ähnlichem Personal mit neuen Themen beschäftigt. So ging es bei „Daredevil“ nach dem Kingpin in der ersten Staffel bei der zweiten mit der „Hand“ deutlich fantasylastiger zu. Auch Jessica Jones erzählt in Staffel 2 eine andere Story als in der ersten. Luke Cage tut das nicht, die zweite Staffel setzt nahtlos dort an, wo die erste – auch ziemlich offen – aufhörte.

Und das macht im Nachhinein nicht nur die mäßige erste Staffel besser, sondern sorgt auch dafür, dass Luke Cage Staffel 2 zu den besten Marvelstaffeln bei Netflix gehört. Das hat die Serie aber nur sehr bedingt ihrem Helden zu verdanken. Denn mit Bushmaster, der von Shakir großartig gespielt wird, erhält die Serie einen der besten Schurken in den Netflix-Serien überhaupt. Und auch einen Superschurken, den die Serie nach der doch sehr gangsterlastigen ersten Staffel auch dringend gebraucht hat.

Luke Cage Staffel 2
Comic-Kenner wird es nicht überraschen: Misty Knight bekommt in dieser Staffel ihren Bionischen Arm.

Luke Cage Staffel 2: Tiefgang trotz Comicstyle

Denn paradoxerweise bekommt der neue Schurke auch durch seine Superkräfte mehr Tiefe und Tragik, als ein einfacher Gangster. Überhaupt ist die Entwicklung der Figuren diesmal besonders gut gelungen – und das nimmt auch den Helden Luke Cage nicht aus. Aber heimlicher Star der Staffel ist Alfre Woodard als über Leichen gehende Crime-Königin Mariah. Was die Schauspielerin hier zeigt, kann sich durchaus mit Vincent D’Onofrios Darstellung des Kingpin in Daredevil messen.

Ein paar Abstriche gibt es aber auch hier. So haben die Autoren einige Charaktere recht plump in die Handlung – oder aus ihr hinaus geschrieben. Das gilt für Claire ebenso wie für Colleen Wing oder Danny Rand. So cool die kurzen Auftritte der Figuren aus den anderen Serien sind – nötig sind sie nicht. Weder bringen sie die Handlung entscheidend weiter, noch legen sie klare Spuren für spätere Handlungsstränge aus. Die Kurzauftritte von Iron Fist und Co. sind Goodies für die Fans – nicht mehr.

luke Cage Staffel 2
Shades und Mariah haben mit Harlem große, aber auch dunkle Pläne.

Luke Cage Staffel 2: Der Pate von Harlem

Sie passen auch deshalb nicht so recht in die Staffel, weil die Autoren diesmal sehr deutlich auf den Spuren von Gangster-Sagas wandeln und sich viel mehr mit Verrat, Machtgelüsten und Freundschaften innerhalb des organisierten Verbrechens beschäftigen als mit typischen Superhelden-Storys. Das erinnert mehr an „Die Sopranos“ oder „The Wire“ als an Kämpfe zwischen Superwesen. Und weil die Serie mit der ersten Staffel das Fundament dafür bereits gelegt hatte, kann die zweite Staffel nun richtig glänzen – und bietet mit Bushmaster eine Figur, die Superkräfte und Gangster-Attitüde perfekt in sich vereint.

Je länger die Staffel dauert, desto mehr verschwimmen die Grenzen zwischen Gut und Böse, machen einfache Schwarz-Weiß-Malereien verschiedenen Grautönen Platz. Und das macht auch vor den Guten nicht halt. Der Status Quo, den die zweite Staffel am Ende präsentiert, schließt die erste große Luke Cage-Saga nicht nur sauber ab – hier könnte die Serie enden – sondern hat in ihrer Konsequenz mehr von einigen düsteren Daredevil-Sagas als von klassischen „Hero for Hire“-Auftritten des Comichelden.

Gleich bleibt die musikalische Qualität der Serie. Wie in Staffel 1 bietet auch die zweite wieder einen wunderbaren Querschnitt durch Black Music und nutzt, Jazz, Soul, Funk, Hip-Hop, Rap, Reggae und mehr als Untermalung für das weitgehende schwarze Harlem. Wer allerdings nicht sehr gut Englisch versteht, könnte sich mit einigen Akzenten sehr schwer tun und sollte die Serie vielleicht besser auf Deutsch oder mit Untertiteln ansehen.

Fazit:

Obwohl es noch immer Kleinigkeiten gibt, die besser gingen: Luke Cage Staffel 2 macht qualitativ einen deutlichen Satz nach oben. Als direkte Fortsetzung der Story aus Staffel 1 legt die zweite gut los und ist im vergleich zu vielen anderen Marvelstaffeln auch nicht deutlich zu lang. Die Bösen werden hier nachvollziehbarer als im Vorgänger, die Helden bekommen hingegen auch dunklere Seiten – und so verwandelt sich die Serie vom unentschlossenen, mitunter langweiligen Gut gegen Böse zu einer mitunter knallharten Saga um Freundschaft und Verrat, bei der die Helden manchmal sogar zu Nebenfiguren werden. Auf dem Niveau darf gern noch eine Staffel kommen.

Luke Cage Staffel 2 ist ab dem 22. Juni 2018 komplett bei Netflix zu sehen.

Luke Cage Staffel 2
Der Eindruck täuscht: Bushmaster ist für Luke ein gleichwertiger, ernstzunehmender Gegner.